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Monrepos oder die Kaelte der Macht

Monrepos oder die Kaelte der Macht

Titel: Monrepos oder die Kaelte der Macht
Autoren: Manfred Zach
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von alleine wächst, schon jetzt präzise vorbereitet und koordiniert −, generalstabsmäßig sozusagen und laut Kabinettsbeschluß durch die Presseabteilung der Staatskanzlei, genauer gesagt durch das Referat Öffentlichkeitsarbeit, dessen Leiter, nebenbei, er selbst war, eine Aufgabe, um die, wie man sich denken konnte, niemand unbedingt zu beneiden −. Bunt sollte es jedenfalls werden, das Fest, fröhlich, aber keinesfalls protzig, eben der Mentalität der Leute entsprechend. Tradition und Fortschritt, bodenständig und doch weltoffen und so weiter, weshalb die Vereine zum Beispiel eine zentrale Rolle − und natürlich auch die Kommunen, die mittelständischen Unternehmen, das Handwerk, überhaupt alles, was dieses Land auszeichnete, die Menschen halt. Und die Medien brauchte man natürlich auch dazu, aber nicht nur die großen, professionellen, die kleinen waren mindestens genauso wichtig, Gemeindeblätter, Vereinspostillen, sogar Schülerzeitungen mußten positiv eingestimmt −, was verdammt schwer sein würde, das ganze, man kannte ja den Dünkel ideologischer Verblendung, der in vielen Redaktionsstuben −. Und dann, ganz wichtig, würde es eine große, eine einmalige Ausstellung in der Landeshauptstadt geben, der Bundespräsident hatte sein Kommen bereits fest −, eine Ausstellung über die stolze Geschichte des Landes, bis zu den staufischen Kaisern zurück, der Vatikan, die Eremitage, die Tate Galery, alle hatten Exponate versprochen, den berühmten Purpurmantel Friedrichs zum Beispiel, das Falkenbuch von zwölfachtundfünfzig, aber das brauchte Gundelach sich jetzt noch nicht zu merken, denn es betraf federführend die Abteilung Pullendorfs, wie auch die Jubiläumsfeier in der Hauptstadt selbst, die sowieso in erster Linie von der Protokollabteilung − mit Ausnahme der Festansprache Breisingers … die würde praktisch von allen Abteilungen −. Denn es sollte eine große, historische Rede werden, da war Breisinger … ganz scharf drauf −.
    Monoton wie ein Rinnsal plätscherten Bauers Erläuterungen über den Marmortisch. Gundelach mußte sich zwingen, dem gewundenen Gedankenfluß zu folgen, und verstohlene Blicke aus den Augenwinkeln zeigten ihm, daß es den Herren der Personalabteilung nicht anders erging. Dr. Brendel hatte wohl das Gefühl, nunmehr fehl am Platze zu sein. Schließlich nutzte er die Verwendung des Namens Breisinger, die Bauer immer mit einer respektvollen Atempause verband, und rief: Gut, gut, wir wollen den jungen Mann nicht überfordern, vielleicht braucht er das ja alles gar nicht zu lernen. Und wenn, wird er sich schnell in die Materie hineinfinden.
    Bauer verstummte auf der Stelle. Als erwachte er aus einem langen Traum, sah er von einem zum anderen, erstmals überhaupt in dieser ungeschützten Geradheit; dann sank er nach hinten und wußte fortan nicht mehr, wohin mit den Händen.
    Sie sind nicht verheiratet? schaltete sich der Personalreferent Wickinger ein. Gundelach verneinte.
    Dann dürfte es also auch keine familiären Probleme mit den Arbeitszeiten hier geben. Es wird nämlich meistens ziemlich spät bei uns. Den Achtstundentag − Wickinger machte eine verächtliche Handbewegung − kennen wir nur vom Hörensagen!
    Das war eine deutliche Aufforderung an den Probanden, allem sozialen Firlefanz entschieden abzuschwören, und Gundelach beeilte sich, dem nachzukommen. Seinen Arbeitseifer, sagte er, stelle er gerne unter Beweis, man möge ihm nur Gelegenheit dazu geben. Dr. Brendel lächelte wohlwollend und meinte, er schätze schlagfertige Menschen.
    Die Tür öffnete sich, diesmal ohne Brachialgeräusch. Ministerialdirigent Bertsch eilte mit einer gemurmelten Entschuldigung zu seinem Platz, fragte Dr. Brendel nach dem Stand der Dinge, nickte, mehr automatisch als interessiert, fuhr sich dabei mit der Hand über Stirn und Augen, als müsste er unliebsame Gedanken verscheuchen und schlug nervös die Beine übereinander …
    Gundelach spürte, wie Angst in ihm aufstieg. Jetzt war es endgültig soweit. Vielleicht hatte man gerade erst ein Fernschreiben des Landeskriminalamts oder ein Dossier des Verfassungsschutzes auf den Tisch bekommen, in dem minutiös diverse Besetzungen und Blockaden aufgelistet waren, an denen er teilgenommen hatte? War nicht immer von Spitzeln die Rede gewesen, die der Verfassungsschutz in die studentische Szene eingeschleust hatte? Verfügte nicht die Polizei gerade in Heidelberg, der Keimzelle späterer terroristischer Umtriebe, über belastendes
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