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Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Titel: Monkeewrench 06 - Todesnaehe
Autoren: P.J. Tracy
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setzte er leise hinzu.
    Magozzi musterte ihn mit hochgezogenen Brauen. «Sie brauchen doch keinen Gerichtsmediziner, der Ihnen sagt, was Sie selber sehen. Was denken Sie über den fehlenden Schuh?»
    Donnie Marek hob zaghaft, fast schon hoffnungsvoll den Kopf. «Ich habe gesehen, dass sie eine blutige Blase an der Ferse hat. Wahrscheinlich ist sie entkommen und vor ihrem Entführer oder ihren Entführern weggerannt, wie Jimmy schon vermutet hat. Unterwegs hat sie einen Schuh verloren, und hier wurde sie schließlich eingeholt.»
    «Gar nicht schlecht bisher. Dann denken Sie doch noch ein bisschen weiter: Bei jedem Schritt von Aimee sind ein paar Blutspritzer geflogen. Nicht viele, es ist ja nur eine Blase – aber doch genug, dass man sie finden kann. Irgendwo da draußen muss es eine kleine Blutspur geben. Also schnappen Sie sich Ihre blaue Lampe und folgen Sie dem Blut bis an den Ursprung, selbst wenn das heißt, dass Sie sämtliche Straßen bis nach Iowa absperren müssen. Und bringen Sie uns den fehlenden Schuh. Der ist auch noch irgendwo, und er führt uns vielleicht nicht an den Ausgangspunkt, aber doch zumindest näher ran.»
    Marek nickte eifrig und machte sich auf den Weg zu seinem Vorgesetzten, der mit ein paar anderen Kriminaltechnikern zusammenhockte.
    Gino richtete sich langsam auf, atmete hörbar aus und sah sich um. Er überlegte, wie weit sie wohl gelaufen war und wo man mit fünfzehn eigentlich so viel Mut hernahm. «Verdammt, Leo. Am liebsten würde ich jetzt heimgehen und meinen Kindern einen Mikrochip einsetzen.»
    «Würde mir auch so gehen, wenn ich Kinder hätte.» Magozzi zog sein Handy aus der Tasche. «Ich rufe die Hundestaffel an, die sollen mit ein paar Hunden herkommen. Das ist die einzige Möglichkeit, noch mehr zu finden als den Schuh, falls der Junge ihn uns bringt.»
    «Großartige Idee. Du organisierst uns ein paar Tierchen, und ich kontaktiere das FBI in Duluth, nachdem die ja von Anfang an mit der Entführung zu tun hatten. Vielleicht haben sie irgendwelche Infos oder Verdächtige, die uns hier auf eine Spur bringen.»
    Eine halbe Stunde später entdeckte Donnie Marek vier Straßen weiter den Schuh. Sie schickten drei Spürhunde die Straße entlang, doch alle drei kehrten immer nur wieder zu dem Schuh zurück und setzten sich neben ihn. Die Spur endete dort.

KAPITEL 5
    J oe Hardy saß ganz allein in einem Sessel, die nackten Beine so harmlos in eine Decke gewickelt, als wäre er ein Passagier an Deck eines Dampfers, der im frühen zwanzigsten Jahrhundert den kalten Atlantik überquert. Seit zwanzig Tagen verbrachte er jeden Morgen so, und es gefiel ihm überhaupt nicht. Krankenhäuser sollten sonntags zumachen, damit die Leute in Ruhe den Minnesota Vikings dabei zuschauen konnten, wie sie ein weiteres Football-Spiel verloren. Oder damit sie daheim blieben und ihren Geburtstag feierten. Zweiunddreißig wirst du heute, lieber Joe, und da haben wir ein ganz besonderes Geschenk für dich: eine neue Runde Chemotherapie.
    Man hatte ihn in dasselbe Zimmer gesteckt wie immer. Im Grunde war es nicht mehr als eine Nische, nur wenig breiter und länger als ein durchschnittlich großer Mann und ohne Tür, bloß mit einem Durchgang auf einen breiten Flur hinaus. Dort kamen die Gesunden auf dem Weg zum Kaffeeautomaten oder zum Ausgang vorbei und schauten immer nur starr geradeaus, um weder das türlose Zimmerchen noch seinen derzeitigen Insassen wahrnehmen zu müssen. Vielleicht wurde ja, nachdem sie ihn hier deponiert hatten, draußen ein Schild aufgehängt:
Bitte nicht ansehen oder ansprechen! Ignorieren Sie den Mann dadrinnen völlig, sonst stecken Sie sich durch Blicke noch mit seiner Krankheit an.
    «Entspannen Sie sich noch ein paar Minütchen, es kommt Sie gleich jemand holen.» Das sagte die Krankenschwester jedes Mal zu ihm, und er kam sich dann immer vor wie eine Mülltonne, die auf dem Bürgersteig auf die Müllabfuhr wartete. Unterbrochen wurde seine Einsamkeit erst, wenn unweigerlich die nächste Krankenschwester auftauchte, ein strahlendes Lächeln im Gesicht und in der Hand eine rosa Spuckschüssel aus Plastik. «Wollen wir?», fragte sie dann fröhlich.
    Heute hatten sie ihn in dem Kabäuschen anscheinend zu lange allein gelassen, denn ihm kamen böse, rebellische Gedanken. Tickte man eigentlich noch richtig, wenn man freiwillig irgendwohin ging, wo Spuckschüsseln zum Einsatz kamen? Was hatte er sich bloß dabei gedacht? Wieso ließ er sich seit einem Monat an einen Ort karren,
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