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Moderne Piraten

Titel: Moderne Piraten
Autoren: Hans Dominik
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es.
    »Wachtmeister, bringen Sie Henke in seine Zelle zurück!«
    Der Richter ließ Gransfeld und Rudi hereinrufen.
    »Endlich ist es gelungen, Herr Doktor. Er hat alles eingestanden. Es wird nicht mehr notwendig sein, ihn Wagner gegenüberzustellen. Aber …«
    »Wie meinen Sie, Herr Landgerichtsrat? Ist noch ein Aber dabei?«
    »Leider, Herr Doktor, ein recht unangenehmes Aber. Seine Aussagen belasten den hiesigen Großkaufmann C. F. Rasmussen in einer derartigen Weise, daß ich pflichtgemäß …«
    »Himmel, das habe ich gefürchtet«, unterbrach ihn Gransfeld. »Schon seit langem habe ich es gefürchtet. Dabei habe ich den Eindruck, daß Rasmussen mehr ein Opfer der Bande als ein tätiges Mitglied ist. Überdies ist er leidend. Jede Aufregung kann ihm den Tod bringen. Professor Morelle in Paris, den ich auf Wunsch seiner Tochter aufsuchte, hat es mir selber gesagt.«
    »Sie kennen die Familie, Herr Doktor?«
    »Ich lernte sie in Genf kennen. Der Vater ist irgendwie – gegen seinen Willen, wie es mir scheint – mit der Bande verstrickt. Die Tochter, Fräulein Susanne Rasmussen – dafür lege ich meine Hand ins Feuer – hat mit allen diesen Dingen nicht das geringste zu tun.«
    Der Richter blickte unschlüssig in die Akten. »Eine unangenehme Geschichte, Herr Doktor. Pflichtgemäß muß ich Herrn Rasmussen vernehmen und Haussuchung bei ihm halten lassen.«
    »Oh, eine Haussuchung? Das könnte ihn töten. Ist das unbedingt notwendig?«
    Der Richter zuckte die Achseln. »Herr Doktor, bei den Akten liegen mehrere chiffrierte Briefe, deren Entzifferung für die weitere Untersuchung von größter Wichtigkeit ist. Es besteht die Möglichkeit, daß Rasmussen den Chiffreschlüssel besitzt. Selbstverständlich beabsichtige ich mit der größten Schonung vorzugehen.«
    »Herr Landgerichtsrat, wollen wir zusammen hingehen? Vielleicht ließe sich das Ganze dann so unauffällig bewerkstelligen, daß Herr Rasmussen wenig davon merkt. Wollen wir es nicht versuchen? Es hieße Menschenfreundlichkeit mit dem strengen Amt des Richters verbinden.«
    Bergmann überlegte kurze Zeit. »Ihr Vorschlag erscheint mir annehmbar, Herr Doktor. Einen meiner Beamten müßte ich allerdings für die Haussuchung mitnehmen. Wenn es Ihnen recht ist, wollen wir gleich zusammen hinfahren. Je schneller wir die Sache hinter uns haben, umso besser.« —
    Rasmussens Diener John geleitete Gransfeld in den Empfangssalon. »Ich werde Ihre Karte dem gnädigen Fräulein bringen, Herr Doktor. Wollen Sie sich, bitte, kurze Zeit gedulden!«
    Verwundert blickte ihm Gransfeld nach. Der Mann trug ein verstörtes Wesen zur Schau, das für einen herrschaftlichen Diener zum mindesten auffallend war. Wenige Minuten später trat Susanne in den Salon. Gransfeld eilte ihr entgegen.
    »Mein liebes, gnädiges Fräulein …« Er stutzte. Susanne sah bleich und verweint aus. Hatte sie irgendwie schon etwas von der schlimmen Botschaft erfahren, die er bringen mußte?
    Er ergriff ihre beiden Hände. »Mein liebes Fräulein Susanne, es ist schrecklich, daß …«
    »Schrecklich, Herr Doktor.« Schluchzend brachte sie die Worte hervor und griff nach dem Taschentuch, um die strömenden Tränen zu trocknen. »Mein armer Vater – wer hätte das gedacht, daß …« Sie drückte das Tuch wieder vor die Augen.
    »Liebes Fräulein, liebe Susanne, niemand bedauert es mehr als ich. Ich bitte Sie, fassen Sie sich! Versuchen Sie, stark zu sein! Ich hoffe, es kann noch alles gut werden.«
    »Niemals! Niemals wieder!« Schluchzen erstickte ihre Stimme. »Mein guter Vater – er ist mir genommen – für immer entrissen – tot!« Von neuem flossen ihre Tränen.
    »O Gott, Ihr Vater ist tot? Liebe, arme Susanne!« Er faßte die Schluchzende und führte sie zu einem Sessel. Wie einem kranken Kinde strich er ihr über das Haar und streichelte ihre Hände, während er weiter tröstend auf sie einsprach.
    Nur allmählich gewann sie ihre Fassung zurück, vermochte ihn anzublicken und seinen Fragen zu antworten.
    »Die entsetzliche Aufregung der letzten Tage, Herr Doktor! Sie werden nichts davon wissen; man hat unsern neuen Chauffeur verhaftet, ich weiß nicht, warum. Furchtbar hat es meinen Vater mitgenommen. Sein armes Herz war der Erregung nicht mehr gewachsen; ein letzter schwerer Anfall heute früh, dann ist er sanft eingeschlafen.«
    Wieder ergriff Gransfeld ihre Hände. Schweigend ließ sie es geschehen. Vorsichtig sprach er weiter. »Mein liebes Fräulein Susanne, erlauben Sie mir, daß
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