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Mitternachtslöwe (German Edition)

Mitternachtslöwe (German Edition)

Titel: Mitternachtslöwe (German Edition)
Autoren: Sven Langenkamp
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Schicksal zu überlassen.
     
    »Daidalos, du Hund! Verflucht seist du! Dieser dreckige...«
    Mit diesen Worten und voller Zorn fegte Abaris den Kerzenleuchter vom Altar. Scheppernd schlugen Kerzen samt Leuchter an die Wand. Sofort bereute Abaris seine Tat, denn die Kerzen erloschen. Bis auf eine. Rasch und mit der Vorsicht als würde er ein Neugeborenes in Windeln legen, hob Abaris den verbleibenden Lichtbringer auf. Schnell steckte er die anderen Kerzen wieder auf den Leuchter und brannte ihnen neues Leben ein. Behutsam setzte er einen Schritt vor den anderen, wie ein Schlaftrunkener im Dunklem auf der Suche nach seinem Strohlager, bis der Gang kreuzförmig in alle Richtungen auslief.
    »Das ist ein verdammtes Labyrinth!«, fluchte er laut.
    Plötzlich - ein dumpfer, grollender Schlag. Weit entfernt, so als hätte jemand eine Säule der Akropolis zu Fall gebracht. Über den Kerzenschein hinweg starrte Abaris in die verschlingende Tiefe aus Dunkelheit.
    »Was ist das für ein Ort?«, fragte er sich selber in flüsterndem Ton.
    Er machte kehrt und beschleunigte seinen Schritt.
    Ich werde mich bestimmt nicht in deinem Irrgarten verlaufen, das hättest du wohl gerne, Daidalos!
    Fast stieß er mit dem Kopf gegen eine Mauer.
    »Was bei allen Göttern...?«
    Dort wo er eben noch vorsichtig durch die Felswege schlich, endete der Gang nun in einer Sackgasse. Wild tastete Abaris die Wand ab.
    »Das kann nicht sein!«
    Und wieder ein dumpfer Schlag. Ruckartig fuhr Abaris herum. Und wieder konnte er seinen Augen nicht trauen. Eine Gabelung mit drei Gängen befand sich auf einmal vor ihm.
    In was für eine Teufelei bin ich da nur geraten?
    »Gut«, sagte er, »ich mache das Spielchen mit.« Hektisch schwenkten seine Augen von einem der drei Wege zum anderen.
    Und nochmals ein dumpfer Schlag. Diesmal näher als zuvor?
    Ein eisiger Schauer durchfuhr Abaris und im selben Moment, wie ein tollwütiger Bär den man nach tagelanger Gefangenschaft auf ihn loshetzte, fiel der beißende Schmerz über seinem Oberkörper her. Abaris wankte und hielt sich die Hand auf die Brust. Er atmete ein paar Mal tief durch.
    Durchhalten und klaren Kopf bewahren.
    Allmählich ließ der Schmerz nach und Abaris sammelte sich. Ein letzter, tiefer Atemzug und ohne weiter darüber nachzudenken, wählte er den mittleren Gang, denn anscheinend waren feste Entscheidungen an diesem Ort nicht wirklich von Bedeutung.
    Erneut ein unheimliches Grollen, ganz nah diesmal, dass jeder seiner Knochen tanzte. Ein Stöhnen, ein Schnauben, wild und stetig, drang dazu. Misstrauisch bog Abaris um die nächste Ecke. Das Schnauben wurde lauter. Abaris' Puls hämmerte bis hoch in den Kopf.
    Und nochmal das dumpfe Poltern, direkt hinter ihm. Blitzartig schreckte Abaris herum. Ein schier endloser Gang aus tiefster Finsternis erstreckte sich vor ihm. Mit tausend Stimmen hallte ein Gebrüll im Gang wieder. Schnaubend und stampfend jagte ein Ungetüm durch den viel zu engen Gang. Dabei riss es Teile der Mauerung mit sich, als wäre sie aus vor Ewigkeiten verrottetem Holz.
    Abaris rannte los. Rechts, links, ein Stück gerade aus, wieder links und noch einmal rechts. Abaris wusste nicht wo er landen würde, wo ihn dieses verdrehte Labyrinth ohne Ausweg hintrieb. Unaufhaltsam wütete das Biest hinter ihm her, sein Ziel nicht aus den blutsuchenden Augen lassend.
    Da entglitt Abaris der Boden unter den Füßen. Der Kerzenhalter schmetterte gegen die Wand, die Kerzen flogen aus den Halterungen und erloschen mit stummen Geschrei. Er stolperte und rollte einen Hang hinab. Die felsige Oberfläche rieben seine Hände wund. Als das Blut wie aus einem Quell aus ihnen hervor strömte, fiel er unsanft auf den Rücken, überschlug sich mehrere Male und riss alles an Gestein, Staub und Geröll mit sich was ihm in den Weg kam. Seine Talfahrt endete abrupt mitsamt seiner steinigen Gesellschaft in eisigem Nass. Seine Muskeln verkrampften und erstarrten. Er wusste nicht, ob die Schwärze, die sich über seine Augen ausbreitete, der immer näher kommende Grund oder der Eintritt in die Bewusstlosigkeit war.
    In einem unruhigen Traum erschien ihm eine Vision. Ein dunkler Berg ragte vor ihm bis in den Himmel hinauf, große, schwarze Vögel kreisten um den Gipfel und die Wolken verschwammen in berstendem rot.
    Eine Frau, verschleiert in einem Kleid dessen Stoff so dünn war, dass ihre blasse Haut hindurch schien, schwebte auf ihn zu. Ihren Kopf tief geneigt, ihr Gesicht nicht zu erkennen, sprach
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