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Mitten in der großen Krise. Ein »New Deal« für Europa (German Edition)

Mitten in der großen Krise. Ein »New Deal« für Europa (German Edition)

Titel: Mitten in der großen Krise. Ein »New Deal« für Europa (German Edition)
Autoren: Stephan Schulmeister
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Bildungssystem, insbesondere das universitäre, zumindest etwas ent-ökonomisiert werden: Wenn die derzeit Jungen ohnehin so viel schlechtere Beschäftigungs- und Erwerbschancen haben als die beiden Generationen vor ihnen, dann sollen sie in höherem Maß das studieren dürfen, was sie wollen (ohne das Humboldt’sche Bildungsideal zu verklären: Bildung muss mehr und anderes sein als die Produktion von Humankapital).
    Dazu müssen auf möglicht effiziente Weise mehr Studierkapazitäten/Studienplätze geschaffen werden. Am einfachsten wäre es, wenn das universitäre Realkapital im Jahresdurchschnitt besser genützt würde. Derzeit sind die Hörsäle und vielfach auch die Laborplätze nur acht von zwölf Monaten voll genutzt. Würde man dieses Kapital auch in den Sommermonaten und im Februar nützen (etwa durch eine Gliederung des Studienjahrs in Trimester), so könnte die Zahl der Studienplätze erheblich gesteigert werden. Natürlich erfordert dies einen erhöhten Lehr- und Prüfungsaufwand, doch dies würde gleichzeitig vielen Akademikern zusätzlich Arbeitsmöglichkeiten bieten.
15.10. Stärkung des europäischen und sozialen Zusammenhalts: Mindestsicherung durch die EU
     
    Eine hartnäckige Krise wird den Zusammenhalt innerhalb der EU schwächen, weil die Betroffenheit von der Krise sehr unterschiedlich ist und weil (Rechts-)Populisten innerhalb der Länder dies ausnützen werden. Gerade weil die EU in der Bevölkerung ein (sehr) schlechtes Image hat, was ihre soziale Kompetenz betrifft (»by construction«, denn das Gemeinsame ist der Markt, und der kann keine Identität stiften), könnte folgende Maßnahme sehr helfen (die Idee habe ich von Raimund Löw übernommen):
Die EU definiert einen absoluten Mindeststandard für alle BürgerInnen.
Dieser ist nach Ländern natürlich sehr unterschiedlich, in Bulgarien mag er vielleicht nur 350 Euro für eine kleine Familie betragen.
Die sozialen Systeme in den armen EU -Ländern können die Menschen aber nicht einmal auf dieses Niveau bringen.
Hier springt die EU ein und überweist die Differenz.
    Erstmals würden Menschen in großer Zahl spüren, dass die EU nicht nur für die Freiheit der Märkte steht, sondern für mehr. Wenn eine arme Familie in Rumänien oder Litauen 30 Euro im Monat von einem EU -Fonds überwiesen bekommt, so wird sie anders über das Projekt Europa denken. Finanzierbar wäre es, allein ein kleiner Teil der Erträge einer generellen Finanztransaktionssteuer würde reichen. Der politische Ertrag wäre ungleich höher.
    [Zur Erinnerung: Roosevelt hatte im Rahmen des »New Deal« auch eine Mindestsicherung der Arbeitslosen eingeführt. Trotz der in den USA besonders verheerenden Krise konnte ein Mindestzusammenhalt in der Gesellschaft gehalten werden (in Deutschland wurden die Arbeitslosen ausgesteuert). Als er starb, wurde sein Leichnam mit dem Zug nach Washington überführt. Auf beiden Seiten des Gleises stand eine Menschenkette. Sie war 700 km lang.]

16. Krisenbekämpfung in einem einzelnen EU-Land am Beispiel von Österreich
     
    Mit dem Fall Griechenland ist die große Krise in ihre Phase 3 eingetreten (»Heulen und Zähneknirschen«), ihr systemischer Charakter tritt immer deutlicher zu Tage (mag auch seine Wahrnehmung hinterherhinken). Die zunehmende Spekulation der »finanzalchemistischen« Banken und Hedge Funds gegen immer mehr Euro-Staaten und die Orientierungslosigkeit der Politik (bedingt durch den »neoliberalen Smog« von zwanzig Jahren) werden die Krise neuerlich vertiefen (siehe Abschnitt 9).
    Unter diesen Bedingungen droht die Arbeitslosigkeit wieder anzusteigen, insbesondere deshalb, weil die Unternehmen mit Fortdauer der Krise das Interesse an Kurzarbeitsmodellen verlieren und weil die Auftragspolster der Bauwirtschaft bald abgearbeitet sein werden. Eine massive Zunahme der Arbeitslosigkeit würde den kumulativen Kontraktionsprozess verstärken.
    Um dies zu verhindern, muss eine Reihe von Maßnahmen sofort gesetzt werden, manche davon – etwa die thermische Gebäudesanierung – sollten im Sinne einer Förderung ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit über Jahre fortgesetzt werden. Dazu kommen ergänzende Maßnahmen, die nicht sofort in Angriff genommen werden müssen, sondern Teil einer längerfristigen Strategie zur Überwindung der großen Krise sind.
16.1. Modifikation und Verlängerung des Kurzarbeitsmodells
     
    Die in Österreich geltende Regelung der Kurzarbeit sollte entsprechend der in Abschnitt 15.5.2.
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