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Mittagessen Nebensache

Mittagessen Nebensache

Titel: Mittagessen Nebensache
Autoren: Mary Scott
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besuchen, wenn diese eine Woche alt
waren.
    Der Colonel erbot sich, uns in
die Stadt zu fahren. Er war natürlich schon dort gewesen, hatte aber durch uns
einen Vorwand, der jungen Mutter gleich schon wieder einen Besuch abstatten zu
können. Tim hatte sich in der Klinik häuslich niedergelassen, bis er
schließlich vom Personal hinauskomplimentiert wurde. In ein paar Tagen käme er
nach Hause, verriet er uns, und dann würde der Colonel in der Stadt bleiben.
    »Der eine kommt, der andere
geht«, kommentierte Larry. »Hoffentlich ist der Colonel vernünftig genug, diese
Regel auch für später zu beherzigen. Wie schön, wenn Anne erst zu Hause sein
wird.«
    Aber die beiden Männer
entschieden, daß damit noch eine Weile gewartet werden müsse. Zunächst solle
Anne drei Wochen in der Klinik bleiben und anschließend noch eine Woche bei der
überaus ergebenen Mrs. Brown, die täglich in der
Klinik erschien und die sofort ihrer Tochter Gladys geschrieben hatte, je eher
sie Annes Beispiel folge, um so besser sei es.
    Anne sah blendend aus, sie lag
im Bett und strahlte uns glücklich an. Humorvoll schilderte sie uns, auf welch
schonende Weise ihr der Arzt das Ergebnis der Röntgenuntersuchung beizubringen
versucht hatte.
    »Er machte einen schrecklich
besorgten Eindruck und schien das Gefühl zu haben, daß mir diese Nachricht
einen fürchterlichen Schock versetzen würde. Wie sehr ich mich darüber freuen
würde, konnte er natürlich nicht wissen. Ist es nicht wundervoll, gleich eine
richtige Familie zu haben? Jetzt kann ich wenigstens von >den Kindern<
reden. Eigentlich hätte ich mir das ja denken können, aber ich war der Meinung,
daß die meisten Frauen in dem Zustand so aussehen. Aber als ich es dann wußte,
fürchtete ich, Tim würde es die Sprache verschlagen. Darum hielt ich es für richtiger,
ihn ganz einfach damit zu überraschen.«
    »Und das ist dir auch
hundertprozentig gelungen«, erwiderte ich. »Du hättest ihn nur hören sollen,
als er mich anrief. Ich hatte gar keine Ahnung, daß Tim stottert. Immer wieder
sagte er >Z-Zwillinge< und >z-zwei B-Babys<, als ob ich diese Worte
nie vorher gehört hätte.«
    »Ich glaube, ich bin die
glücklichste Frau auf der Welt«, seufzte Anne, und ihr Blick umfaßte voll
mütterlicher Zärtlichkeit die beiden winzigen Geschöpfe mit den krebsroten,
kummervollen Gesichtern, die eben von der freundlichen Schwester ins Zimmer
gebracht wurden.
    »So herrlich gesund«, stellte
die Schwester zufrieden fest. »Und sie sind sich gar nicht ähnlich. Das Mädchen
ist ganz die Mama, und der Bub ganz der Papa.«
    Wir stimmten ihr zu, obwohl wir
uns später eingestanden, daß es uns noch niemals gelungen war, irgendwelche
individuellen Züge bei einem wenige Tage alten Säugling zu entdecken. Sie sahen
doch alle gleich aus, und im übrigen war es kein
Kompliment für gutaussehende Eltern, wenn man zwischen ihnen und ihrem
frischgebackenen Baby eine Ähnlichkeit feststellte.
    »Und denkt euch, Tim hat eine
Säuglingsschwester engagiert — Tim, und nicht Papa«, rief Anne triumphierend.
»Aber ich werde sie sicher nicht länger als zwei Monate brauchen, ich weiß ganz
genau, daß meine beiden Babys sehr brav sein werden. Es ist natürlich angenehm,
wenigstens am Anfang eine Hilfe zu haben.«
    »Und wo wird der Colonel
wohnen, wenn du noch eine Woche bei Mrs. Brown
bleibst?«
    »Ganz in der Nähe ist ein gutes
Hotel, und Mrs. Brown hat gesagt, er sei jederzeit zu
einer Tasse Tee willkommen. Sie ist ganz begeistert von Papa. Er hat ihr
herzlich gedankt, weil sie sich in den ersten Tagen so lieb um mich gekümmert
hat, und nun behauptet sie, er sei noch ein Kavalier der alten Schule. Ich bin
nun auf sein Gesicht gespannt, wenn er das Foto von Gladys sieht. Aber das
schadet ihm gar nichts.«
    Zweifellos würde der Panjandrum auf diese Weise mit dem ungeschminkten Leben in
Berührung kommen, aber dieser Gedanke schien ihm erstaunlicherweise nicht
einmal unsympathisch zu sein. Seit er überraschenderweise zweifacher Großvater
war, wirkte er auffallend verjüngt.
    Auf der Heimfahrt sagte er
nachdenklich: »Für mich sieht eigentlich ein Baby aus wie das andere, aber ich
kann mich doch noch lebhaft an Anne erinnern, als sie eine Woche alt war. Ich
hatte nicht den Eindruck, daß sie ein besonders hübsches Kind sei, aber die
Schwester und ihre Mutter waren gegenteiliger Meinung.«
    »Schwestern bekommen so viele
Babys zu Gesicht und wissen darum Bescheid«, erklärte
ich. »Sie haben ja eben
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