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Mit Herz und Skalpell

Mit Herz und Skalpell

Titel: Mit Herz und Skalpell
Autoren: Julia Schoening
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murmelte Linda.
    »Bitte?« Auf der Stirn der Oberärztin bildeten sich zwei steile Falten.
    »Ich meine . . . Ich weiß, dass Sie Frau Doktor Kirchhoff sind.« Linda strich sich eine Strähne ihrer kinnlangen Haare hinter das Ohr. Eine Verlegenheitsgeste. Sie war sicher, dass die Oberärztin es auch sofort als solche durchschaute.
    Alexandra Kirchhoff hob fragend eine Augenbraue. »Eilt mir mein Ruf so sehr voraus?«
    »Ich habe hier eine Famulatur gemacht. Vor zwei Jahren«, erklärte Linda. Auch wenn sie die Oberärztin damals während ihres Praktikums nur ein paarmal gesehen hatte – diese kurze Zeit hatte ausgereicht, um ihr Alexandra unauslöschlich ins Gedächtnis einzubrennen. Was genau ihr damals an Alexandra aufgefallen war, verschwieg Linda allerdings lieber.
    Alexandra studierte Linda genauer. Langsam glitt ihr Blick an ihr herab. Dann schaute sie ihr wieder in die Augen und nickte. »Stimmt. Ihr Gesicht kam mir auch bekannt vor. Sie waren bei Lennard Geis auf der Station.«
    »Ganz genau.« Linda bemühte sich, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen. Niemals hätte sie gedacht, dass Alexandra sich noch an sie erinnern konnte, dass sie sie überhaupt bemerkt hatte.
    »Lennard hat ein paarmal von Ihnen geschwärmt«, bemerkte Alexandra. »Er sagte, Sie hätten sich außerordentlich gut angestellt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Studenten.«
    Täuschte sich Linda, oder hatte Alexandras dunkle Stimme tatsächlich einen weicheren Ton angenommen? Sie senkte den Blick. »Dankeschön.« Hoffentlich konnte Alexandra nicht sehen, dass ihr das Blut in die Wangen geschossen war.
    Doch bei den nächsten Worten klang Alexandras Stimme schon wieder kühl. »Also, was kann ich Ihnen dann noch zeigen? Ich habe nicht ewig Zeit.« Mit finsterem Blick sah sie auf die Bürotür von Professor Rosenbusch. »Genau genommen habe ich gar keine Zeit. Als ob es niemand anderen hier gäbe«, grummelte sie leise, aber nicht leise genug, als dass Linda sie nicht hätte hören können.
    »Ich habe keine besonderen Wünsche«, gestand Linda. »Es war Professor Rosenbuschs Idee, dass ich mich hier noch einmal ein wenig umsehe und einen ersten Eindruck gewinne.«
    Alexandra straffte die Schultern. »Dann folgen Sie mir einfach.«
    Linda hatte große Mühe, mit Alexandras schnellen Schritten mitzuhalten. Hinter der großen, schlanken Oberärztin fühlte sie sich wie deren kleinerer Schatten.
    Alexandra stieß die Tür zum Treppenhaus auf. »Wollen Sie denn bei uns anfangen?«
    »Eigentlich schon . . .«
    Mühelos glitt Alexandra die Treppen hinauf. »Aber?«
    »Na ja, eigentlich ist das meine Traumstelle.«
    »Das sind aber ein bisschen viele ‚eigentlich‘. Überlegen Sie es sich nicht zu lange. Professor Rosenbusch nimmt nicht jeden, und erst recht nicht jede.« Alexandra blieb auf dem Treppenabsatz stehen, drehte sich zu Linda um und fixierte sie mit ihren braunen Augen. »Diese Chance sollten Sie sich nicht entgehen lassen. Wenn Sie erst einmal an einer Uniklinik waren, stehen Ihnen alle Türen offen.«
    Linda seufzte. Diese Worte hatte sie schon so oft gehört – viel zu oft für ihren Geschmack. »Ich weiß.«
    Alexandra eilte weiter, bis sie die erste Station erreicht hatten. »Unsere Stationen sind alle ähnlich aufgebaut«, erklärte sie, während sie die Tür aufstieß. »Das dürfte Ihnen noch bekannt vorkommen.«
    Linda folgte Alexandra auf den riesigen Flur.
    »Es gibt zwei Stationen, die noch einmal in jeweils zwei Bereiche aufgeteilt sind. Und dazu die Privatstationen. Insgesamt haben wir knapp achtzig Betten mit fast dreitausend Patienten im Jahr.« Alexandra hielt an und musterte Linda. Ihre Lippen bildeten einen schmalen Spalt. »Das heißt, es gibt jede Menge zu tun. Keine Zeit zum Ausruhen.«
    Linda nickte.
    Vor einer Tür blieb Alexandra stehen und klopfte an. Ohne eine Antwort abzuwarten, betrat sie das Arztzimmer.
    Eine junge Frau und ein junger Mann saßen an ihren Schreibtischen, jeweils eine Tasse Kaffee neben sich. Gleichzeitig sahen sie zu Alexandra auf, mit demselben erschrockenen Ausdruck in den Augen. »Oh . . . ähm . . .«, stammelte die junge Ärztin und rückte ihre Brille zurecht. »Du . . . du bist ja schon da. Wir wollten gerade . . .«
    »Spart euch die Ausreden«, fuhr Alexandra barsch dazwischen, die Augenbrauen finster zusammengezogen. »Es sieht nicht so aus, als wärt ihr ausgelastet.«
    Der Arzt setzte zu einer Erwiderung an, aber Alexandra schnitt ihm
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