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Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)

Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)

Titel: Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
Autoren: Patrick R.Ullrich
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Plätzchen vollführten einen komplizierten Tanz in der Luft, bevor die einen, wie ein Schwarm fliegender Fische und mit einer Serie von Plopp-Lauten, in das heiße Getränk tauchten, und die anderen sich in einem gefälligen Muster auf die Teller verteilten. Schließlich begann das Kind selbst, zu schweben und da endlich brach ein vergnügtes Quietschen aus ihm, wie man es von einem kleinen Mädchen einfach nur zu gerne hören mag. Unter ihm ordneten sich, wie von Geisterhand, Decken und Kissen, das kleine Fenster ging auf und ließ frische Luft ein. Es selbst fühlte sich auf der Bettkante abgesetzt und eine Schale Brei landete sanft in seinem Schoß.
    Der Rest des Frühstücks hatte sich auf dem Schemel versammelt, die Kanne kuschelte sich zwischen zwei Kissen.
    »Eine kluge Kanne. So bleibt der Tee warm«, stellte Wenduul zufrieden fest, setzte sich, ohne hinzusehen, auf den Stuhl, der hinter ihm Position bezogen hatte, und grinste sie vergnügt an. Dann legte er sich ein Anisplätzchen auf die Zunge, schlürfte lautstark einen Schluck Tee dazu und ließ es genießerisch im Mund zergehen. »Scho schmecken schie am beschten«, nuschelte er mit vollem Mund und freute sich insgeheim über die Atemlosigkeit, die er damit auslöste .
    »Wie hast du das … gemacht?«, brachte sie staunend heraus.
    »Eben genau darüber werden wir sprechen. Nach dem Frühstück. Und nach dem Empfang. Wenn deine Ausbildung beginnt«, entschied Wenduul. »Aber um deine Frage zu beantworten: Ich tat es mithilfe der Allmacht, einem winzigen Teil davon, zugegeben, aber es war Allmacht.«
    »Was ist Allmacht?«, fragte sie sofort, obwohl ihr der Geruch des Breis verlockend in die Nase stieg und ungeduldig wartete sie auf des Großmeisters Antwort, der nach den richtigen Worten suchte, die dem Verständnis eines Kindes entsprechen sollten.
    »Alles entsteht aus ihr«, begann er schließlich, »und alles, was ist, kehrt wieder zu ihr zurück. Ein jedes Ding ist von ihr durchdrungen und umgeben. Sie ist nicht an Raum und Zeit gebunden, denn sie gebietet ihnen. Das Wesen der Allmacht selbst aber ist der Wirker der Welten und selbst das Weltenall nur ein Bruchstück des Ganzen.« Sehr unzufrieden mit seiner Erklärung, wartete er ihre Reaktion ab, die zunächst darin bestand, dass sie Brei zu löffeln begann. Eine kleine Weile schaute er ihr dabei zu, dann hielt es ihn nicht länger.
    »War das unverständlich?«
    Noch ein Löffel. Wenduul fühlte sich auf unangenehme Weise an seine eigene Art im Umgang mit schwierigen Gesprächspartnern erinnert. Dazu kam noch, dass der Ausdruck dieser alten Augen im Kindergesicht, die ihn da musterten, ganz klar Misstrauen war.
    Unerhört!
    Wieder ein Löffel. Und noch einer. Wenduul merkte erschüttert, dass er zu blinzeln begann.
    »Kannst du damit machen, was du willst?«, fragte sie schließlich in eher beiläufigem Tonfall. Achtung, Wenduul, alter Knabe. Das führt in eine gefährliche Richtung. So dachte der Magier; und formulierte vorsichtig seine Antwort.
    »Nein, das vermag ich nicht. Die Allmacht selbst ist grenzenlos und ohne Makel, ich aber bin nicht allmächtig und mein Anteil an der Allmacht so endlich wie mein Leben selbst.«
    Die nächste Frage kam sehr schnell und er war froh, diese gefürchtete Klippe umschifft zu haben, und doch wusste er, dass ihm das nicht immer gelingen würde. Irgendwann würde sie den Vorwurf formulieren, vor dem es ihm graute. Er konnte die Worte bereits hören: Warum hast du Ariane und Mors nicht gerettet?
    »Hast du Angst vor dem Tod?«
    »Ich will ganz ehrlich zu dir sein«, begann Wenduul seine Antwort. »Ich begrüße ihn nicht als Freund, denn ich schätze das Leben. Ich trinke und esse gern, liebe Musik. Ich mag es, zu gewinnen – immer wieder. Ich möchte noch lange in elfischer Seide auf meinem Balkon sitzen und viele Dinge mehr. Nicht zuletzt möchte ich mit einer kleinen, recht vorwitzigen Person, die erst jüngst in mein Leben trat, noch viel Zeit verbringen.«
    Hier hielt er inne und wartete ruhig ab, bis sie verstand, dass er sie meinte. Einen kurzen Moment hellte sich ihr Gesicht auf und zufrieden fuhr er fort: »Aber Angst? Nein – keine Angst. In Wahrheit ist es doch so, dass es ihn nicht gibt.« Erstaunt schauten ihn da graue Augen an und nur schwer gelang es ihm, nicht zu lächeln.
    »Den Tod?«
    »Aber ja. Denn solange ich bin, kann er nicht sein. Tritt er aber auf den Plan, bin ich nicht mehr. Wie also soll ich jemanden fürchten, den es entweder
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