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Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser

Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser

Titel: Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Dunn
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fest zu- sammenpreßte, zitterten ihr die Lippen.
»Liebes, wie schrecklich! Erzähl es mir.«
»Ich bin damals in der Nacht aufgewacht.« Die Worte spru- delten förmlich aus ihr heraus. »Ich machte mir Sorgen wegen Bott und des Vierer-Boots. Es war Rollos letzte Chance auf einen Pokal, und ich dachte, wenn er nicht gewinnt, geht er von der Uni ab, und das wäre dann das Ende von uns beiden. Du weißt ja, wie schrecklich einem die Dinge um zwei Uhr nachts erscheinen.«
»Fürchterlich«, stimmte Daisy zu.
»Alles wirbelt einem im Kopf durcheinander, und man kann einfach nicht mehr geradeaus denken. Rollo und Cherry waren beide sicher, daß Bott dem Boot nichts tun würde, aber sie waren genauso sicher, daß Basil DeLancey nicht Wache schieben würde. Irgendwann war mir klar, daß ich nicht wie- der einschlafen würde, wenn ich keine Gewißheit hätte. Also hab ich mich zum Bootshaus hinausgeschlichen.«
»Und da war der Honourable Basil und wartete auf Bott.«
»Ich hab ihn erst gesehen, als er sich zwischen mich und die Tür gestellt hat. Der Mond leuchtete direkt durch die Fen- ster, aber durch den Efeu von Mutter ist es drinnen doch ziemlich dunkel. Du weißt ja, wie gespenstisch Mondlicht wirkt.«
Daisy erinnerte sich an ihren eigenen kleinen Ausflug und nickte. »Hat er dich für Bott gehalten?«
»O nein, keineswegs. Er mich ›pretty Patsy‹ genannt. Den Spitznamen verabscheue ich! Und er meinte, er sei richtiggehend froh, daß ich ihm jetzt ein bißchen Zuwendung geben wollte. Meine Gesellschaft wäre ihm viel lieber als die von Bott. Er kam immer näher und sagte alle möglichen gräß- lichen Sachen. Ich hab ein Ruder aus dem Gestell gegriffen und ihm gesagt, er sollte mich vorbeilassen, sonst würde ich ihn schlagen. Aber er blieb einfach nicht stehen, bis ich nicht mehr ausweichen konnte. Also hab ich ihn geschlagen.«
Tish vergrub ihr Gesicht in den Händen. Daisy umarmte sie. »Du meine Güte, Liebes, wie schrecklich!«
»Er hat sich geduckt, aber das Ruderblatt hat ihn an der Seite vom Kopf getroffen. Ich hätte nicht gedacht, daß ich ihm damit eine Verletzung zufügen könnte. Aber möglicher- weise hat die Hebelwirkung … Er ist jedenfalls gestürzt und noch ein Stück über den Boden gerutscht. Und dann lag er nur noch da, bewegungslos. Ich hab das Ruder fallen lassen, aber mir fiel ein, wie sehr das Rollo ärgern würde, wenn er es fände. Also hab ich es zurück ins Gestell getan. Ich wollte ge- rade nach DeLancey sehen, ob er schwer verletzt war, da stand er auf. Ein Mondstrahl schien auf sein Gesicht, und er sah furchtbar wütend aus, fast teuflisch. Da bin ich einfach weggelaufen.«
»Was man dir wirklich nicht verdenken kann. Kein Wunder, daß du so panisch warst, als er in unser Zimmer eingedrungen ist. Du mußtest ja denken, er sei hinter dir her.«
»Da warst du wirklich großartig, Daisy! Ich war überzeugt, du hattest recht damit, daß er nur betrunken war. Er hätte sich nicht so schlecht benommen, wenn er nicht zu viel ge- trunken hätte. Nie hätte er es ins Haus zurückgeschafft, wenn er schwer verletzt gewesen wäre, dachte ich. Ich wußte nicht, daß Menschen mit einer solchen Verletzung erst viel später zusammenbrechen.«
»Ich auch nicht. Wir werden einfach beide damit leben müs- sen, daß wir den Ernst der Lage nicht haben ermessen können.«
»Aber ich trage die Verantwortung dafür. Ich kann dir gar nicht sagen, wie schrecklich mir das war, als er gestorben ist.« Tish schauderte. »Und dann hatte ich solche Angst, Alec würde herausbekommen, daß ich es war, die ihn geschlagen hat. Schließlich dachte ich, Bott würde festgenommen und ich müßte ein Geständnis ablegen, um ihn vor dem Strang zu bewahren.«
Mit großer Erleichterung sagte Daisy: »Ich bin froh, daß du Bott nicht allein gelassen hättest.«
»Das ist doch selbstverständlich. Das alles war wie ein Alb- traum, der immer weiterging, ich konnte einfach nicht aufwa- chen. Als Bott verletzt wurde, sagte Cherry, Lord DeLancey hätte ihn angegriffen, weil er Basil umgebracht hat. Also war ich daran auch wieder schuld.«
»Moment. Wenn Lord DeLancey seinen Bruder doch nicht erschlagen hat, dann hat er vielleicht gedacht, daß Bott es war. Aber Bott ist überzeugt, er hätte nur Angst gehabt, jemand könnte herausfinden, daß er im Bootshaus gewesen war.« Daisy wußte, daß ein Zirkelschluß in ihrer Argumentation steckte, ohne daß sie ihn benennen konnte. Sie konzentrierte sich lieber darauf, Tish zu

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