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Mira und die verwunschenen Kugeln (German Edition)

Mira und die verwunschenen Kugeln (German Edition)

Titel: Mira und die verwunschenen Kugeln (German Edition)
Autoren: Margit Ruile
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Lisbeth zuckte zusammen. »Da ist sie schon wieder. Jeden Tag, pünktlich um Viertel nach drei!«
    »Lisbeth«, raunte die Stimme, »lass mich dir von deinem Schicksal künden!«
    »Ich wünschte, sie würde diesen Unsinn endlich lassen!«, rief Tante Lisbeth und blickte ärgerlich Richtung Diele. Mira sprang aus ihrem Ohrensessel auf und lief in den Gang.
    Die seltsame Blechmusik kam eindeutig aus dem Spiegel.
    Mira sah nichts außer ihrem eigenen Ebenbild. Sie hatte ein zerknittertes gelbes T-Shirt an, und die Haare hingen ihr in die Augen, die jetzt unruhig die Spiegeloberfläche absuchten. »Wer sind Sie?«, rief sie. Die Spiegelstimme verstummte. Für eine Weile hörte Mira nur die blecherne Musik.
    »Oh, fürchte dich nicht, meine Kleine«, rief die Stimme nach einer Weile und hatte schon wieder den raunenden Unterton. »Ich bin die Allwissende, Allumspannende. Ich sehe jeden und alles. Soll ich für dich in die Zukunft sehen, mein Kind?«
    »Nein danke!«, entgegnete Mira knapp. »Außerdem bin ich nicht Ihr Kind.«
    »Dann eben nicht«, erwiderte die Stimme leicht beleidigt.
    »Ich will eigentlich etwas ganz anderes von Ihnen wissen«, sagte Mira.
    »Du darfst mich alles fragen, mein ... wie auch immer.«
    »Das ist gut!« Mira trat entschlossen ganz nah an den Spiegel heran. »Ich würde nämlich gerne wissen, wie Sie in den Besitz der Fernsichtkugel gelangt sind.«
    »Oh!«, erwiderte die Stimme.
    »Und warum beobachten Sie damit Tante Lisbeth?« Mira stieß nun fast mit der Nase an die Scheibe. Die Stimme schwieg, und nach einer Weile hörte Mira ein Räuspern, das die leiernde Orgelmusik unterbrach.
    »Tja! Dann würde ich also sagen, lebe wohl, mein Kind! Ich, äh, ich muss mich nun anderen Seelen widmen.« Die Stimme klang nun gar nicht mehr raunend, sondern sehr gehetzt. Aus dem Spiegel drang noch kurz die scheppernde Orgelmusik, dann von ferne lachende Kinderstimmen, das Gebimmel von Glöckchen und ein Hupen. Plötzlich brachen auch diese Geräusche ganz ab. Mira trat einen Schritt zurück und starrte auf ihr verblüfftes Spiegelbild. Hinter ihr tauchte Tante Lisbeth auf. »Wieso hast du dir von ihr nicht die Zukunft voraussagen lassen?«, fragte sie.
    Mira zuckte mit den Schultern. Tante Lisbeth nahm einen Lappen und wischte über den Spiegel, um den Abdruck von Miras Nase wegzuputzen.
    »Ich habe auch nie daran geglaubt. Das Seltsame ist nur ...«, sie machte eine kleine Pause und zerknüllte den Staublappen in ihrer Hand. »Alles, was sie mir erzählt hat, ist tatsächlich eingetreten.«

4. Kapitel

    in dem Mira einen Schatz entdeckt
    Mira bekam große Augen. »Es ist wirklich alles eingetroffen?«
    Tante Lisbeth wischte mit großer Energie weiter über den Spiegel, obwohl eigentlich kein Staubkörnchen mehr darauf zu sehen war.
    »Vor zwei Wochen hat mir diese Frau Unglück in Form von Kindern angedroht. Und was passierte? Eine dieser Gören hat meine Hecke zerstört.« Tante Lisbeth holte tief Luft. »Später erzählte sie mir etwas von einem unverhofften Geschenk.« Tante Lisbeth deutete auf den scheußlich bemalten Gips-Pierrot im Wohnzimmerfenster. »Woraufhin Erna mit diesem Ding hier vorbeikam. Schließlich kündigte mir die Stimme vor drei Tagen eine unangenehme Überraschung an. Und – was ist passiert ...?« Sie sah Mira kurz an, während sie den Staublappen in ihre Schürze steckte. »Keine Stunde später klingelte das Telefon, und deine Mutter fragte, ob du für einige Zeit hier wohnen könntest. Und jetzt frage ich dich – kann das alles Zufall sein?«
    »Mhm.« Mira biss sich auf die Lippen.
    »Jedenfalls ...«, Tante Lisbeth ging nun mit großen, energischen Schritten zum Tisch zurück und stellte die klirrenden Teetassen auf ein kleines Tablett, »... kannst du deinen Freunden auch sagen, dass sie endlich diese Frau abstellen sollen. Ich lege nämlich auf Zukunftsprognosen – wie auch immer sie geartet sein mögen – keinen Wert.« Sie verschwand Richtung Küche, drehte sich aber kurz davor noch einmal um. »Und wehe du erzählst jemandem von dem Spiegel!«
    Gedankenverloren schleppte Mira später ihren Koffer in ihr Zimmer im ersten Stock. Es war heiß und staubig, und deshalb öffnete Mira das Fenster. Sie starrte in den aufgeräumten Garten hinunter und vermisste die Buche, deren Blätter im Herbst so rot in ihr Zimmer geleuchtet hatten. Heiße Luft drängte sich durch die Fensterflügel und ließ es in der Kammer nur noch stickiger werden. Mira wuchtete den schweren Koffer
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