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Milchmond (German Edition)

Milchmond (German Edition)

Titel: Milchmond (German Edition)
Autoren: Herfried Loose
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in ihrem Gesicht. Es musste schön sein, gemeinsam durchs Leben zu gehen und gemeinsam alt zu werden. Wie gerne kamen Anna-Lena und Claudius immer bei den Großeltern zu Besuch. Sie hatte sie schon lange nicht mehr gesehen und in ihr entstand urplötzlich der heftige Wunsch, der Einladung ihres Bruders nun doch zu folgen und nachher, nach dem Tee, mit ihm gemeinsam zu Karen und den Kindern zu fahren. Sie wollte so gerne Anna-Lena und den kleinen Claudius in ihre Arme schließen.
   »Weißt du was, Johannes? Ich komme nachher mit zu euch, wenn es dir und Karen auch wirklich recht ist?« Johannes sah sie überrascht an und drückte ihren Arm.
   »Fein, das freut mich, Schwesterlein! Die Kinder haben schon so oft nach ihrer Tante gefragt, und du zweifelst doch wohl nicht wirklich daran, dass Karen ebenso hoch erfreut ist,  mal wieder eine Gesprächspartnerin bei sich zu haben, mit der sie nicht immer nur über Theologie oder Dorftratsch reden muss. Du bist herzlich willkommen!«
   Ihre Eltern drehten sich zu ihnen um, und ihre Mutter mischte sich ein. »Fahr du nur mit Johannes, und wenn du dort genug hast, kommst du wieder hierher zu uns. Abwechslung ist gut, das verhilft dir zu neuen Gedanken. Aber bevor ihr euch davonmacht, trinken wir noch in Ruhe einen schönen Tee. Ich habe eine gedeckte Apfeltorte gebacken, die mögt ihr doch so gern«  

Johannes rief später bei Karen an und kündigte ihr gemeinsames Kommen an. »Karen freut sich, und die Kinder hättest du mal im Hintergrund hören sollen, die sind ganz aus dem Häuschen, endlich mal wieder ihre Tante Julia zu sehen!«
   »Ich freu mich auch riesig auf die beiden!« Julia lächelte beim Gedanken an die beiden Kinder.         
Gleich nach dem Tee drängte Julia zum Aufbruch, denn sie wollte auf jeden Fall noch den vierjährigen Claudius zu Bett bringen und dazu mussten sie unbedingt rechtzeitig dort sein. Ihre Schwägerin achtete bei der Kindererziehung sehr auf feste Rhythmen, dazu gehörten eben auch geregelte Zubettgehzeiten.
   Noch während Johannes sein zweites Stück Apfeltorte verdrückte, hatte sie aus dem Föhrer Urlaubsgepäck einige Sachen in ihre kleine Reisetasche umgepackt. Ihre Mutter bestand darauf, dass sie ihren Wagen in Blankenese stehen ließ und mit Johannes fuhr und bot ihr an, sie bei Bedarf, von dort wieder abzuholen.
   »Mama, ich bin nicht krank!«
   »Oh doch, mein Kind, herzenskrank. Da ist es besser, deine Nerven zu schonen. Lass dich doch einfach mal von deiner Familie verwöhnen und genieße es!«    »Tu ich ja, Mama. Vielleicht hast du Recht. Was ist, Johannes, nimmst du mich mit, falls du endlich mal fertig werden solltest? Wenn ja, dann komm!« Johannes gabelte die letzten zwei Bissen im Akkord in sich hinein und entschuldigte seine Eile mit Hinweis auf Julias Ungeduld. »Tut mir Leid, ihr seht ja, ich werde genötigt!«
   Herzlich umarmten sie ihre Eltern, die sie gemeinsam hinaus zum Auto begleitet hatten. Nachdem sie auf der schmalen Straße gewendet hatten, sahen sie die beiden winken und hörten noch ein: »Bis bald, Kinder!« An der nächsten Straßenbiegung verschwand ihr Bild aus dem Rückspiegel.
   »Es war richtig schön, zuhause zu sein - nur wir vier! Es kam mir vor, wie in Kindertagen. Danke, Johannes, dass du dir Zeit genommen hast und hergekommen bist. Ich hätte Mama und Papa die Wahrheit jetzt noch nicht beichten können. Dein Einsatz war ganz lieb von dir!«
   »Mach kein Ding daraus, Schwesterlein! Du hattest eine Krise, und wir waren an deiner Seite. Viel tun konnten wir ja nicht... «
   »Johannes!«, unterbrach sie ihren Bruder empört. »Ihr habt unendlich viel für mich getan! Eure Geborgenheit und Nähe haben mir sehr geholfen. Weißt du, das sind  kostbare Momente im Leben, in denen man erkennt, wie wichtig es ist, sich um ein harmonisches und liebevolles Familienleben zu kümmern. Wer wäre in der Not denn sonst für einen da?«
   »Ja, das stimmt! Auch wenn meine Beziehung zu unserem Vater nicht immer stressfrei war, aber er und Mama sind schon Pfundseltern! Wer weiß, wie unsere Kinder eines Tages über uns urteilen werden?«
   »Eure Kinder werden sicher nichts auf dich und Karen kommen lassen. Da bin ich mir hundertprozentig sicher! Ob ich noch jemals welche bekommen werde, scheint mir derzeit mehr als fraglich.« 
  »Na, in diesem Punkt wage ich, dir vehement zu widersprechen, Schwesterlein! Du warst nie näher dran als
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