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Miese Chefs

Miese Chefs

Titel: Miese Chefs
Autoren: Dan White
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sämtliche ihrer Fotos mitzubringen, die dann gewaltsam entfernt und zerhäckselt werden.

    das Mobben von Leuten als positiver Teil des Arbeitsklimas betrachtet wird.
    Um auch nur eine dieser Möglichkeiten Wirklichkeit werden zu lassen, bedarf es eines Prozesses. Beispielsweise könnte es im Einführungshandbuch Anweisungen für Manager geben, für den Fall, dass ein Proband Fotos von seinen Kindern für seinen Schreibtisch mitbringt. Oder lassen Sie sämtliche Manager regelmäßig insgeheim überprüfen und fristlos entlassen, wenn sie nicht jemanden anschreien. Solche Maßnahmen lassen gute Absichten zu Gewohnheiten und Routinen innerhalb der Firma werden – und diese sind es, die noch lange nach Ihrer persönlichen Herrschaft weiterleben werden. Selbst wenn ein Weichei-Chef ein Ende mit der Praxis macht, die Manager heimlich beobachten zu lassen, werden sie nicht wissen, dass das der Fall ist (Geheimniskrämerei ist ja so hilfreich). Für die sieht die Welt noch genauso aus wie damals, als sie beobachtet wurden, selbst wenn es gar nicht stimmt. Wenn Sie ihnen die richtige Lektion in Hilflosigkeit erteilt haben, dann werden sie sich weiterhin so benehmen, wie Sie es ihnen antrainiert haben, selbst im Fall, dass die »Sicherheitszone« – in unserem Fall der Weichei-Chef – wiedereingeführt wird.
    Die erfolgreiche Durchführung eines solchen Prozesses ist eine Herausforderung. Dazu müssen Sie einen Schritt zurücktreten und Ihre eigene Firma beobachten. Denken Sie darüber nach, was Sie tun können, um das Verhalten all der zahllosen, nutzlosen Individuen zu formen. Der Trick dabei ist, in ihnen die Laborratten zu sehen, die sie sind. Ihr Verhalten lässt sich durch die Verwendung von Stimuli konditionieren. Die Peitschen und Drachen, die Sie so sorgfältig geformt haben, kann man durch zahlreiche, konsistente und methodische Wiederholungen dazu nutzen, das Verhalten der Mitarbeiter zu beeinflussen. Das wirkt unabhängig davon, ob Sie persönlich anwesend sind oder nicht.
    Wenn Sie das bezweifeln, dann führen Sie sich vor Augen, dass sich Stalins Handlanger auf seinen Befehl hin selbst umbrachten, selbst wenn er selbst Hunderte von Meilen weit weg war. Sie können komplexe, unnachvollziehbare Organisationsstrukturen schaffen, die Verantwortlichkeiten duplizieren und verwischen. Sie können unangemessen verlängerte Planungszirkel ins Leben rufen, sodass die Ungewissheit hinsichtlich der Investitionsprioritäten eine lähmende Paralyse erzeugt. Sie können für interne Konkurrenz zwischen den Teams sorgen, sodass die Leute nicht länger die echte Konkurrenz von außerhalb der Organisation zu sehen imstande sind und das als Entschuldigung für brutale Maßnahmen nutzen, die Ihre Firma »angesichts externer Vergleichswerte auf Zack bringen sollen«.
    All das und noch mehr können Sie tun und dadurch eine Schreckensherrschaft errichten, die Ihre physische Präsenz durchdringt und weit über sie hinausgeht. Indem Sie das tun, können Sie die Firma zu einer Marionette verformen, die an den Fäden Ihres Gutdünkens einen gekünstelten, verkrüppelten, selbstbezogenen, selbstschädigenden Tanz aufführt, von dem sie sich möglicherweise nie wieder erholt. Dann können Sie all das aussaugen, was Ihnen nur in den Sinn kommt, wobei die Firma gleichzeitig so in sich selbst verheddert ist, dass sie vor lauter Windungen gar nichts davon bemerken wird, ja, sie wird sich von eben dieser Quelle des Giftes abhängig fühlen, das Sie ihr spritzen. Sie wird sich Ihrem Willen beugen und sich jeder Ihrer Launen unterwerfen, und wenn Sie mit ihr fertig sind, wird sie alles angreifen, was versucht, die Sache wieder in Ordnung zu bringen. Wie ein schwarzes Loch wird sie alles um sich her einsaugen und aus ihrer Umgebung eine lauernde, ominöse Macht ziehen, die nichts gibt und alles nimmt.
    Dschingis Khan schuf so ein schwarzes Loch, und die mongolischen Horden fegten noch 150 Jahre nach seinem Tod durch Eurasien. Iwan der Schreckliche zeugte Stalin, und der Kalte Krieg kostete die Menschheit fast ihren Planeten. Sie waren die tyrannischen Machtquellen im Zentrum dieser schwarzen Löcher. Sie waren die personifizierte Macht.
    Edward Radzinsky stellt in seinem Buch über Stalin diesen Sachverhalt aufs Beste dar, indem er eine Erinnerung Churchills an Stalin überliefert: »›Stalin machte einen äußerst großen Eindruck auf uns (…) Als er das Konferenzzimmer in Jalta betrat, standen wir alle auf, als wäre ein Kommando
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