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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc
Autoren: SF-Online
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zum ersten Mal auf Festland, und das nutzen sie dann weidlich aus.
    Auf dem Weg die Upper Main Street abwärts lachte mir
    immerhin das Glück eines weiteren lichten Moments: Als hätte sie auf mich gewartet, trat Bridget aus dem Hoteleingang, leichtfüßig tänzelnd und guter Laune, gefolgt von einem Paar, beide untersetzt, leicht fettleibig, auffallend blass und so träge dahinschlappend, als hätten sie Schlaftabletten genommen.
    Touristen zweifellos, Brennan's Hotel verwaltet auch eine Reihe von Ferienapartments. Und sie kamen vom Kontinent, denn als der Mann an seinen Mietwagen trat, wollte er erst auf der falschen Seite einsteigen, winkte entnervt ab, als passiere ihm das heute zum mindestens zehnten Mal, und tappte
    grummelnd um das Fahrzeug herum. Dass sie um diese Zeit
    schon hier waren, hieß, dass sie unmenschlich früh
    aufgestanden und mit einer der ersten Maschinen nach Irland 40
    geflogen sein mussten, denn vom Shannon Airport bis Dingle sind es locker dreieinhalb Stunden Fahrt, eher mehr, wenn man das erste Mal auf der falschen Straßenseite fahren muss.
    Wobei ich gestehen muss, dass ich diese Strecke nur als
    Beifahrer erlebt habe, damals, bei meiner Ankunft in Irland, und das hat mir die Idee ausgetrieben, mir hier ein Auto zuzulegen. Technisch möglich wäre es. Und ich habe mich
    schon an so vieles gewöhnt, ich würde auch mit dem
    Linksfahren zurechtkommen, wenn es sein müsste, bloß wozu?
    Ich wüsste nicht, wohin ich fahren sollte.
    Ich blieb in unverdächtiger Entfernung stehen und sah zu, wie Bridget dem müden Paar den Weg beschrieb. Was sie
    sagte, war nicht zu hören, aber ich beobachtete fasziniert die Gesten, mit denen sie ihre Erklärungen begleitete, anmutig und zugleich entschieden, keinen Widerspruch duldend. Wie es aussah, waren die beiden in den neben der Fischfabrik
    gelegenen Marina Cottages untergebracht.
    Schließlich stieg Bridget in ihren eigenen Wagen und fuhr los, die Neuankömmlinge hinter sich herlotsend, und in diesem Moment kam mir zu Bewusstsein, dass ich sie nicht
    wiedersehen würde, falls es ein Sicherheitsleck gegeben haben sollte und man mich deswegen in die USA zurückbeorderte.
    Ein Asiate. Das konnte alles Mögliche bedeuten, aber wenn ich Reilly davon erzählte, würden er und die Leute hinter ihm nur eines denken: China! Und mich schneller nach Hause befördert haben, als man das Wort
    »Menschenrechtsverletzung« aussprechen kann.
    Andererseits kenne ich Dr. O'Shea offiziell überhaupt nicht.
    Wäre alles so, wie es aussieht, wäre ich jetzt durch die Stadt spaziert ohne die geringste Ahnung, dass da ein Mann mit einem Foto in der Hand nach einem gewissen Duane Fitzgerald suchte.
    41
    Ich hatte also keinerlei Veranlassung, Lieutnant Colonel Reilly zu informieren.
    Zumindest, solange der Unbekannte mich nicht fand.
    Gestärkt durch diese tröstliche Erkenntnis schlenderte ich an Brennan's Hotel vorbei und studierte, aus den Augenwinkeln nach Männern mit asiatischen Gesichtszügen Ausschau
    haltend, das Plakat, das nun doch an einem der Fenster prangte.
    Finnan's Folk würde am Freitag kommender Woche in O'Flaherty's Pub spielen, um zwanzig Uhr, was hier zu Lande so viel heißt wie acht Uhr abends. Die Ankündigung wurde von der Strichzeichnung eines bärtigen Geigers geziert, bei deren Anblick mir einfiel, dass ich schon einmal eine CD
    dieser Gruppe gesehen hatte: in der Bibliothek. Eine Frau hatte die Hülle über den Rückgabeschalter geschoben, und ein
    junger Mann hatte sofort danach gegriffen. Mrs Brannigan hatte meinen erstaunten Blick bemerkt und mir später erklärt, dass die CDs von Finnan's Folk derart heiß begehrt sind, dass die Bibliothek überhaupt nicht genug davon anschaffen kann.
    In den Regalen findet man sie deswegen auch nie länger als ein paar Stunden. Die Band ist so etwas wie eine lokale Größe, seit sie eigene Stücke spielt, zwar in traditionellem Stil, aber mit aufrührerischen, enorm populären Texten.
    Der Anblick des Plakats rief Unbehagen in mir wach, ein
    vages Bewusstsein meiner Fremdheit. Ich lebe hier, trotzdem gehöre ich nicht dazu. In den Pubs, von denen es in Dingle über fünfzig gibt, trifft man mich nicht. Die wenigsten Leute kennen meinen Namen. Ich habe keine Freunde. Es ist ein
    seltsam beziehungsloses Leben, das ich führe, um mein
    Geheimnis zu bewahren.
    Ich wandte mich ab, folgte der Straße abwärts und versuchte, meine Gedanken zu ordnen Es ist fruchtlos, sich nach etwas zu sehnen, das unerreichbar
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