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Michael - der Beschützer

Michael - der Beschützer

Titel: Michael - der Beschützer
Autoren: JoAnn Ross
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noch immer kalt. Bei der dritten Wiederholung hatte sie schon bereut, dass sie stets darauf bestand, alle Stunts selbst zu machen. Außerdem war der Regisseur Eric Taylor ein Perfektionist. Er beharrte auf dem Standpunkt, wenn eine Aufnahme gut war, dann waren zehn Aufnahmen noch besser.
    “Schnitt!” rief Taylor endlich. “Das Licht geht weg.”
    “Schnitt!” wiederholte der Regieassistent.
    “Endlich”, murmelte Lorelei, während die Garderobiere mit einem Handtuch und einem Sweatshirt zu ihr eilte. Dankbar zog sie das Sweatshirt über das nasse Kleid, das sich verführerisch, aber wie ein Eispanzer um ihren Körper schmiegte, und lief zum Wohnwagen, um sich umzuziehen.
    “Ich hätte nie gedacht”, sagte eine tiefe Stimme, “dass blaue Haut so attraktiv sein könnte.”
    Sie warf dem Mann, der mit einem Laptop auf dem Schoß neben dem Wohnwagen saß, einen gespielt finsteren Blick zu. “Das ist alles deine Schuld. Du hättest dir eine andere Möglichkeit einfallen lassen können, wie sie ihrem Verfolger entkommt.”
    “Natürlich”, bestätigte Brian Wilder, der Drehbuchautor. “Aber so war es am einfachsten, dich ins Wasser zu kriegen.”
    “Und wir wollen doch unser männliches Publikum nicht enttäuschen, oder?”
    “Das ist kein Drehbuch für einen Kinderfilm”, erwiderte er lachend. “Schatz, die Szene mit dir in dem nassen Kleid wird die Umsätze an den Kinokassen gleich am ersten Wochenende hochschnellen lassen.”
    Lorelei lächelte, obwohl sie schrecklich fror. Brian gehörte zu Hollywoods Lieblingen. Gerade mal Anfang Dreißig, war er schon einer der gefragtesten Drehbuchautoren, und die Produzenten rissen sich um ihn. Er war bereits mehrfacher Millionär, besaß ein riesiges Haus in Bel Air, ein Strandhaus in Santa Barbara und eine Ranch im San Fernando Valley.
    Darüber hinaus war er laut Cosmopolitander begehrteste Junggeselle Hollywoods. Das war der vierte Film, in dem sie zusammenarbeiteten, und Lorelei hatte festgestellt, dass Brian Ruhm und Geld nicht zu Kopf gestiegen waren.
    “Es ist wunderbar, wenn man dermaßen für seine Arbeit geschätzt wird”, scherzte sie. Ihre Zähne klapperten, sie hatte eine Gänsehaut, und sie kam nicht mehr rechtzeitig nach Hause, um ein heißes Bad zu nehmen und dann pünktlich zu ihrer Verabredung zum Abendessen zu erscheinen. Bei diesem Essen wollte sie dem Eigentümer eines bekannten Restaurants in Beverly Hills erklären, dass ihre nunmehr drei Monate dauernde Beziehung zu nichts führte.
    “Du bist eine tolle Schauspielerin, Lorelei”, versicherte Brian ernsthaft. “Aber wie du selbst in ‚Hot Ice’ sagst – Geschäft ist Geschäft. Darum dreht sich alles beim Film, meine Liebe. Du hast einen Körper wie die schaumgeborene Aphrodite. Da kannst du nicht erwarten, dass die Leute dich als großartige Shakespeare-Darstellerin sehen wollen.”
    Leider hatte er absolut Recht. Lorelei hatte in “Hot Ice” die rachsüchtige Einbrecherin sehr gut gespielt. Aber sie wünschte sich vergeblich, dass das für ihre Fans mehr zählte als ihr spärlich bekleideter Körper.
    “Ich spiele mit dem Gedanken, das Handtuch zu werfen.” Seit Monaten trug sie sich schon mit der Absicht, bereute die Worte jedoch im selben Moment.
    “Das ist nicht dein Ernst!”
    Jetzt konnte sie keinen Rückzieher machen. “Ich habe gesagt, dass ich mit dem Gedanken spiele. Noch ist nichts entschieden.”
    “Was möchtest du denn sonst machen?”
    “Ach, viel”, erwiderte sie ausweichend. Auf keinen Fall wollte sie verraten, dass sie seit fast einem Jahr an einem Drehbuch schrieb, einer Liebesgeschichte unter Jugendlichen. Die Handlung erinnerte deutlich an ihre eigene gescheiterte erste Liebe. “Jedenfalls würde ich nicht so schnell verhungern.”
    Brian betrachtete sie eingehend. “Dir ist kalt, das ist alles. In der letzten Zeit hast du zu hart gearbeitet. Bei unserer Rückkehr von den Dreharbeiten in New Orleans möchte ich dem Studio eine für dich maßgeschneiderte Geschichte verkaufen. Darum sage ich nur ungern, dass du wirklich eine Pause brauchst.”
    Als ob sie das nicht selbst wüsste! “Ich brauche trockene Sachen, bevor ich mir den Tod hole”, erwiderte sie lächelnd. “Ich sehe schon die Schlagzeilen. Schauspielerin zu Eisblock gefroren! Bekannter Drehbuchautor schuld an ihrem tragischen Ende!”
    Es war ihr gelungen, Brian abzulenken. Er widmete sich wieder seinem Computer. Bestimmt warteten morgen früh in ihrer Garderobe wieder zahlreiche
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