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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel
Autoren: M Raffelsberger
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aus der Distanz zu
betrachten. Es musste seit Jahrzehnten unbewohnt sein. Der Putz war zum größten
Teil abgeblättert, teilweise konnte man das Schönbrunner Gelb noch erahnen, mit
dem es einmal gestrichen worden war. Nur ein Schriftzug, der sich über der
Eingangstür des Hauses befand, stach noch deutlich in aggressivem Rostbraun
hervor: »Romane«.
    War es mal eine Buchhandlung gewesen? Oder nur eine kleine Trafik,
die Schundheftchen verkaufte? Valentina machte einige Fotos von der
Häuserfront, dann zoomte sie den Schriftzug heran und fotografierte auch ihn.
    Alle drei Häuser, in denen die Frauenköpfe gefunden worden waren,
hatten an der Fassade auffällige Malereien. An der Front der Pizzeria
»Comtessa« prangten drei Musketiere, die ihre Degenklingen zur verschworenen
Einheit kreuzten, an der »Bounty« segelte ein Dreimaster durch schäumende
Gischt, und hier stand einsam und verloren das Wort »Romane«.
    Der Täter hatte sich diese Orte nicht zufällig ausgesucht. Wer sich
die Mühe machte, die Gesichter seiner Opfer so sorgfältig zu schminken, der
wusste genau, warum und wo er seine Beute zur Schau stellte. Jedenfalls musste
es etwas mit Floridsdorf zu tun haben. Alle drei Fundorte lagen im zweiundzwanzigsten
Bezirk: Brünner Straße, Prager Straße und die Pizzeria auf der Donauinsel. Also
könnte der nächste Kopf ebenfalls in diesem Bezirk ausgestellt werden, und zwar
in einem Haus, das in der Reihe Sinn ergab.
    Valentina biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. Sie
konnte nicht bis zu einem vermuteten nächsten Mord hindurch all die Häuser, die
ins Profil passten, observieren lassen, so viel Personal hatte sie nicht. Zudem
war es nur Spekulation. Aber sie konnte nach einem weiteren Haus mit
Fassadenmalerei Ausschau halten.
    Valentina überquerte wieder die Straße und ging auf ihr Fahrrad zu,
neben dem Zirner bereits auf sie wartete.
    »Und?«, fragte er.
    »Es gärt«, antwortete sie.
    »Auch auf der Dienststelle. Und weiter oben.«
    »Kann ich mir denken.«
    »Viel Zeit hast du nicht mehr. Drei ist eine magische Zahl. Darauf
springen nicht nur die Medien an.«
    »Versuche immer die Wahrheit zu erkennen, ehe du dich festlegst, und
denke daran, dass eine einzige Informationsquelle nie ausreicht, um sich ein Urteil
über etwas zu bilden. Du brauchst mindestens drei.«
    »Wer hat das gesagt? Konfuzius? Jesus? Der Papst?«
    »Fast«, sagte Valentina abwesend. »Es war Bernardo Provenzano, in
einem Brief an Gino Ilardo.«
    Sie kannte die Geschichten des skurrilen Paten, den die
italienischen Kollegen erst kürzlich in einer Schäferhütte geschnappt hatten,
auswendig. Über Jahre hinweg hatte er mit handgeschriebenen Zetteln die
Organisation dirigiert. Sie hatte Provenzano studiert, ihn und die Mafia. Sie
war getrieben davon. Es gab nichts, was sie nicht darüber wusste, keine
Legende, die sie nicht kannte. Und deren gab es viele. Jede Organisation war
nur so stark, wie es ihre Legenden waren. Nur deswegen existierte die
katholische Kirche schon seit zweitausend Jahren. Und spielte nicht auch sie
mit der Zahl Drei? Aber auf die Drei folgte die Vier. Es konnte hier auch einen
vierten Mord geben. Den galt es zu verhindern. Und dafür musste der Mörder so
schnell wie möglich gefasst werden.
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