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Mensch, Martha!: Kriminalroman

Mensch, Martha!: Kriminalroman

Titel: Mensch, Martha!: Kriminalroman
Autoren: Eva Klöck
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Schwester
in den Arm.
    »Er hat mich in einem
verdreckten, verstunkenen Bett vergewaltigt!« schluchzt
sie.
    Martha drückt Barbaras Gesicht
fest an ihre Schuler. Sie will trösten, aber auch die Lautstärke
dämpfen. Sie befinden sich Wand an Wand mit dem Schlafzimmer der
Eltern.
    Marthas Hände sind eiskalt und
feucht. Diese Froschhände bekommt sie immer dann, wenn es
keinerlei Ventil für die Spannung in ihrem Körper gibt.
    Barbara löst sich aus der
Umarmung, beugt sich zur Kommode und zieht die oberste Schublade auf.
    Zwischen ordentlich
eingeräumter Unterwäsche liegt ein Päckchen
Papiertaschentücher.
    Ein Taschentuch und eine
Nagelfeile hat man immer griffbereit. So hat es ihnen ihre Mutter
beigebracht.
    Barbara schnäuzt sich und
wischt die Tränen ab. »Kannst du dir das alles vorstellen?« fragt
sie. Anscheinend wartet sie auf eine Antwort, eine Frage, einen
Kommentar.
    Du bist durch deinen Job ja
einiges gewohnt.
    Martha denkt an die Jahre bei
der Kriminalpolizei. Sie hat inzwischen wirklich schon eine
Menge Fälle bearbeitet. Ihr Vorgesetzter, Herr Straßenberger,
beobachtet sie mit väterlicher Sorge, weil sie es bisher nicht
geschafft hat, sich mit dem auszustatten, was er dickes Fell nennt.
    Sonst erreichen Sie das
Pensionsalter nicht! warnt er regelmäßig. Für ihn ist es
eine Frage der Einstellung, wenn Martha mittags in der Kantine nichts
essen kann, weil ihr eine Vergewaltigung den Appetit geraubt hat.
Martha weiß, dass sie diesen Umstand nicht einfach ändern kann,
selbst wenn sie wollte.
    Dann probieren Sie es mit
autogenem Training oder Hypnose oder was weiß ich! riet er ihr
erst neulich. Martha verspricht sich davon genauso viel wie von
ihrem Nichtraucherkurs.
    »Weißt du, wo ich nachher die
größten Schmerzen hatte? Wo ich die Sache heute noch spüre?«
    »An den Handgelenken«, rät
Martha.
    Barbara nickt. »Ist das nicht
absurd?«
    Martha räuspert sich. »Das
mit dem Gürtel ... Er hat es vorher durchdacht. Ich meine – so wie
du es schilderst – saß jeder Handgriff. Er hatte das Drehbuch
im Kopf.«
    »Hmm. Und ich hatte, ehrlich
gesagt, schon Bedenken, du würdest im Alkohol eine
Entschuldigung für ihn suchen.«
    »Suchst du sie?«
    Barbara schüttelt den Kopf.
»Ich kenne Rainer seit zwei Jahren und dann so was. Wie lange muss
man einen Menschen kennen, bis man sich auf ihn verlassen kann?«
    Martha zuckt mit den Achseln.
Die Statistik besagt, dass bei den meisten Vergewaltigungen eine
sogenannte Täter-Opfer-Beziehung
besteht. Was das im Einzelfall bedeuten mag, versuchen dann
Psychologen und Therapeuten zu klären.
    »Wie ging es weiter?« fragt
Martha.
    »Während er seinen Rausch
ausschlief, sammelte ich die Perlen ein und packte meine
Siebensachen.«
    Barbara drückt das nasse
Papiertaschentuch zusammen und wirft es in den Papierkorb neben dem
Schreibtisch. »Und das Reisehandbuch mit den Zug- und
Busverbindungen, Übernachtungsmöglichkeiten und so, nahm ich
mit.« Barbara lacht. »Auch das Bargeld, beide Flugtickets und
beide Reisepässe. Ich ging zum Bahnhof und fuhr mit dem ersten Zug
weg. Auf der Fahrt zerriss ich sein Flugticket, den Reisepass
zerschnitt ich mit der Schere meines Taschenmessers. Bevor
ich die Fetzen in das dreckige Zugklo warf, spuckte ich noch drauf.«
    Martha muss schlucken.
    »Ich fuhr zurück nach
Panganderan, wo wir hergekommen waren. Weil ich mir sicher war,
dass er mich dort nicht vermuten würde. Der Ort ist so, wie der
Name klingt. Schön. Meer und so weiter. In einem Hotel mit
frischbezogenen Betten blieb ich ein paar Tage. – Zuerst duschte
ich mich. Du hast mal erzählt, dass alle Frauen das so machen.«
    Sie waschen sich, aber der
schlimmste Dreck bleibt haften, denkt Martha.
    Und sie vernichten wertvolle
Spuren, denkt die Polizistin in ihr.
    »Und dann bin ich alleine
weitergereist. Hab mir eine neue Route zusammengestellt.«
    »Was wirst du jetzt tun?«
fragt Martha.
    »Was kann ich tun?«
    »Du könntest ihn anzeigen«,
antwortet die Polizistin.
    »Und dann?«
    Und dann wird nichts dabei
herauskommen.
    Martha seufzt. An und für sich
ist sie generell für eine Anzeige und will die Gründe nicht
nachvollziehen, die Frauen zurückhalten, eine zu erstatten.
    »Es wird nichts dabei
herauskommen.«
    »Eben. Ich will ihn einfach
nie wieder sehen. Ich will, dass er mich in Ruhe lässt.«
    »Ich werde hingehen und ihm
das sagen.«
    »Mit deiner Polizeimarke?«
    »Mal sehen.«
    Martha nimmt noch ein heißes Bad, obwohl es schon
weit nach
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