Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition)

Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition)

Titel: Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition)
Autoren: Christopher Kloeble
Vom Netzwerk:
gefunden   – was war das schon? Eine zweidimensionale, künstliche und beliebig vieldeutige Reproduktion von Wirklichkeit, die bloße Behauptung einer Zeit, von der Albert weniger als eine Ahnung hatte. Er musste daran denken, wie ihn Klondi vor drei Jahren belehrt hatte, er werde nichts finden. Einen vierzehnjährigen Naivling hatte sie ihn genannt und ihm geraten, das Bild ein Bild sein zu lassen und den Fall zu den Akten zu legen. So sei das Leben nun einmal, hatte sie gemeint, ein Haufen Puzzlestücke, die sich nie zu einem großen Ganzen fügten, sondern die einen mit falscher Hoffnung erfüllten, weil sie einen glauben ließen, so etwas wie eine Antwort   – eine Wahrheit!   – würde existieren. Ihre letzten Worte blieben ihm für immer im Kopf: »Solche vermaledeiten Puzzlestücke«, hatte sie gesagt, »sind nichts weiter als Hänselbrösel.«

Wo das Gold herkommt
     
    An all das dachte Albert in dieser Nacht, die er schlaflos im BMW verbrachte, und es ließ ihn am Morgen mit einem Gefühl der Ratlosigkeit zurück. Dass in Rekapitulieren Kapitulieren steckte, fand er passend.
    Hinter der Windschutzscheibe mischte sich bereits ein dunkles Blau ins Schwarz, erstes Vogelgezwitscher begleitete das Morgengrauen. Albert drückte EJECT, und die Kassette quälte sich mit einem Surren aus dem Schlitz. Früher hatten sie hier Benjamin Blümchen gehört. Eine Zeit lang war Fred ganz versessen gewesen auf die Folge, in der der Elefant glaubt, Schauspielerei bedeute, man lügt. Wieder und wieder hatte er sie abgespielt, zuweilen zehn Mal an einem Tag. Bis Albert sich nicht mehr anders hatte helfen können, als sie wegzuwerfen. Dasselbe könnte er mit Freds Gold und der Kassette machen, dachte er, dann würde er nicht mehr über diese neuen Hänselbrösel nachdenken müssen. Er steckte die Kassette ein und griff nach Freds Gold und wunderte sich wieder über das Gewicht dieses kleinen Steins.
    »Also gut«, sagte er.
     
    Am frühen Nachmittag rief Albert Fred zum Essen in die Küche.
    Binnen Sekunden sprang die Tür auf. Fred trug seine Taucherbrille, obwohl draußen die Sonne schien. Gewöhnlich setzte Fred sie auf, wenn er im Regen an der Bushaltestelle stand. Fred hatte sie von seinem Vater. Manchmal füllte Albert die Badewanne mit kaltem Wasser, kippte eine Packung Salz dazu und verkündete: »Voilà! Der Pazifik!« Daraufhinsprang Fred mit Taucherbrille ins Wasser, planschte herum wie ein betrunkener Frosch und beschwerte sich, wenn ihm Wasser in die Nase kam.
    Albert hatte Rühreier mit Tomaten gebraten. Fred legte die Tomaten auf den Tellerrand, weil sie »überhaupt nicht gut schmeckten«, und Albert sagte: »Iss deine Tomaten«, und Fred verschlang das ganze Ei, aber nicht die Tomaten, und Albert wiederholte: »Iss die Tomaten«, und Fred spülte schnell den Teller ab, und Albert warnte: »Du bekommst kein Honigbrot«, aber Fred schwor, nächstes Mal werde er die »gesunden Tomaten« essen, worauf Albert ihm doch ein Honigbrot schmierte und sich bemühte zu überhören, wie Fred sich leise lobte: »Das war ein guter Trick.«
    Alberts bester Trick war, Freds Medikamente unter sein Essen zu mischen, ohne dass Fred es merkte.
    Nach dem Essen legte Albert das Gold auf den Küchentisch. »Ich war heute bei einem Juwelier in Wolfratshausen. Der meinte, davon könnten wir fast ein Haus kaufen.«
    »Ich habe schon ein Haus.«
    »Frederick, du wirst mir jetzt sagen, wo du’s her hast.«
    »Ich habe es gefunden«, brummte Fred und fummelte am Verschluss der Taucherbrille herum.
    »Wo?«
    Ein störrischer Blick.
    »Manchmal komm ich mir vor wie ein Lehrer«, seufzte Albert.
    Fred wackelte mit dem Kopf. »Aber du bist doch Albert.«
    »Sonst nichts?«
    »Das ist viel!«
    Viel war selten so wenig, dachte Albert, schenkte sich ein Glas Milch ein und trank.
    »Albert!« Fred nahm die Kassette aus der Blechbüchse, die Albert neben der Spüle abgelegt hatte. »Du hast auch eine Kassette!« Sein Grinsen zuckte. »Eine total ähnliche Kassette.«
    Albert trank sein Glas so hastig leer, dass ihm Milch übers Kinn lief. »Das ist deine.«
    Fred hielt die Luft an. Stille. Dann die Rückkehr seines Grinsens: »Kannst du nicht schlafen, Albert?«
    »Woher weißt du das?«
    »Die Kassette rauscht ambrosisch wie Wasser. Und Mama sagt, am Wasser schläft sich’s prima.«
    »Wo hast du die Kassette her?«
    Fred biss sich auf die Lippen.
    »Hat sie dir jemand gegeben?«
    »Nein.«
    »Lass mich raten: Du hast sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher