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Meine Welt hinter den Sternen - Vestin, A: Meine Welt hinter den Sternen

Meine Welt hinter den Sternen - Vestin, A: Meine Welt hinter den Sternen

Titel: Meine Welt hinter den Sternen - Vestin, A: Meine Welt hinter den Sternen
Autoren: Ajdana Vestin
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hatte mir nichts anderes erwartet.“ Ich war enttäuscht in mein Zimmer gelaufen und hatte dort meinen Bären in den Arm genommen. Er -hatte glücklich ausge-sehen, so als hätte er mir sagen wollen: „Super! Toll gemacht! Deine Eltern wären bestimmt stolz!“ Und das hatte mich wieder aufgemuntert, ich war wieder fröhlich nach unten gelaufen und hatte Großmutter beim Kartoffelschälen geholfen.
    Ich stand vor dem Eingang des Gymnasiums. An der gelben Hausmauer bröckelte bereits der Putz. Es gab einen Eingang für Mädchen und einen für Jungen. Mein Eingang war der linke.
    Ich ging in das Gebäude hinein und marschierte auf unsere Garderobe zu. Sie befand sich genau neben der Direktion. Unser Direktor war ein kleiner Mann mit grauem Haar und Sommersprossen im Gesicht. Jede Woche saß er in einer anderen Klasse und beobachtete den Unterricht. Wenn er merkte, dass es einem Schüler oder einer Schülerin nicht gut ging, dann redete er später immer mit ihm oder ihr. Mich hatte er schon oft rausgeholt. Ich hatte ihm aber noch nie von unseren Problemen zu Hause erzählt. Großmutter hatte immer gesagt: „Erzähl doch den Leuten nicht immer alles! Wir haben ein Privatleben. Das geht sie gar nichts an.“ Und deswegen hatte ich noch nie etwas ausgeplaudert, obwohl ich manchmal unserem Direktor Eichinger wirklich gerne alles gesagt hätte.
    Wir zählten insgesamt vierzehn Klassen. Ich besuchte die 10 b. Die Klasse befand sich im Obergeschoss, ganz hinten im Gang. Unser Klassenzimmer war relativ groß und nie aufgeräumt. Oft flogen Hefte und Bücher herum, außerdem lag immer Schmutz am Boden. An den Wänden hingen von uns gezeichnete Bilder, denn wir waren eine sehr künstlerisch veranlagte Klasse.
    Endlich hatte ich mich umgezogen und lief die Treppe hinauf. Die Wände waren weiß angestrichen und an jeder Tür klebte ein Schild, auf dem der jeweilige Klassenname stand. Gerade ging ich an der 5 a vorbei, einer kleinen Klasse mit nur siebzehn Schülern. Wir selbst waren zweiundzwanzig Kinder in der Klasse. Auf dem Weg kam mir noch Frau Lengmann entgegen, die Geografie- und Turnlehrerin. Sie war sehr nett und hatte mich besonders ins Herz geschlossen. Sie galt zwar als etwas streng, aber welcher Lehrer war das nicht!? Schließlich lief ich noch an den 7. Klassen vorbei und kam endlich in die 10 b. In der Klasse herrschte Chaos.
     
    „Guten Morgen“, grüßte ich meine Mitschüler. Aber wie erwartet drehte sich niemand um. Es hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre. Seit dem ersten Schultag hatte ich keine Freundschaften geschlossen. Die Mitschüler unterhielten sich mit mir nur über das Nötigste und sonst gingen wir getrennte Wege. Ich hatte mich damit schon sehr gut abgefunden, deswegen trottete ich mürrisch auf meinen Einzelplatz in der ersten Reihe am Fenster. Ich liebte diesen Platz. Dort konnte ich zum Fenster -hinausschauen und gleichzeitig mitlernen. War das nicht herrlich?
    Ich packte meine Sachen für die erste Stunde aus. Wir hatten Chemie. Ich hasste dieses Fach. Ich fand es einfach nur langweilig. Unser Chemielehrer hieß Rudolf Wolf. Oft wurde er von uns „Wolferl“ genannt. Er war, laut meinen Mitschülerinnen, „der heißeste Lehrer des ganzen Universums“. Ich hatte darüber nur den Kopf geschüttelt. Trotzdem hatte ich mich einmal dabei ertappt, wie ich ein großes „W“ auf meine Mappe zeichnete. Aber das war Geschichte. Außerdem würde sich ein Lehrer doch nie für eine 15-Jäh-rige interessieren, oder!?
    Plötzlich kam er, zusammen mit dem Glockenläuten und seiner Tasche, in die Klasse gestürmt. Wir standen alle hinter den Sesseln und warteten darauf, dass er sagte: „Guten Morgen, meine Lieben! Bitte setzt euch!“ Das passierte auch wenige Augenblicke später. „Wer kann mir sagen, was wir letzte Stunde gemacht haben?“, fragte der Lehrer in die Runde. Keiner zeigte auf. Meine Hand schnellte in die Höhe. „Tara, bitte!“ „Wir haben letzte Stunde über die verschiedenen Ladungen der Atome gesprochen und …“, antwortete ich, doch Herr Wolf redete gleich weiter: „Ganz genau! Wer kann mir sagen, was wir noch durchgenommen haben?“, wollte er wissen, doch ich hörte schon gar nicht mehr hin. Chemie interessierte mich einfach nicht. Aber immerhin hatte ich mich am Unterricht beteiligt. Verträumt sah ich aus dem Fenster. Heute war ein schöner, warmer Tag. Die Sonne kam hinter den Wolken hervor. Vielleicht blieb nachher ja noch ein bisschen Zeit
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