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Meine kurze Geschichte (German Edition)

Meine kurze Geschichte (German Edition)

Titel: Meine kurze Geschichte (German Edition)
Autoren: Stephen Hawking
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tatsächlich gibt es Beispiele dafür. Wie sich ein solcher Quantenzustand herstellen lässt und ob er gegenüber Objekten, die seinen Horizont durchqueren, stabil bleibt, wissen wir nicht. Aber es könnte im Bereich der Möglichkeiten einer sehr hochentwickelten Zivilisation liegen.
    Es müsste Physikern möglich sein, solche Fragen offen zu diskutieren, ohne ausgelacht oder verhöhnt zu werden. Selbst wenn sich herausstellt, dass Zeitreisen unmöglich sind, sollten wir doch herausfinden, warum es sich so verhält.
    Wir wissen nicht viel über die vollständig quantisierte Gravitationstheorie. Doch es ist zu erwarten, dass sie sich von der semiklassischen Theorie erst bei der Planck-Länge unterscheidet – bei einem millionstel milliardstel milliardstel milliardstel Zentimeter. Quantenfluktuationen vor dem Hintergrund der Raumzeit könnten auf einer mikroskopischen Größenskala durchaus Wurmlöcher und Zeitreisen erzeugen, aber nach der allgemeinen Relativitätstheorie sind makroskopische Körper nicht in der Lage, in ihre Vergangenheit zurückzukehren.
    Selbst für den Fall, dass in Zukunft irgendeine andere Theorie entdeckt werden sollte, glaube ich nicht, dass Zeitreisen jemals möglich sein werden. Wenn dem so wäre, würde es bei uns schon längst von Touristen aus der Zukunft wimmeln.

[zur Inhaltsübersicht]
    12
    IMAGINÄRE ZEIT
    ALS WIR AM Caltech waren, besuchten wir Santa Barbara, das man nach einer zweistündigen Autofahrt an der Küste entlang erreicht. Dort erarbeitete ich mit meinem Freund und Kollegen Jim Hartle eine neue Berechnungsmethode, wie Teilchen von einem Schwarzen Loch emittiert werden. Dazu bildeten wir die Summe aller möglichen Pfade, auf denen das Teilchen aus dem Loch entweichen konnte. Wie wir feststellten, entsprach die Beziehung zwischen der Wahrscheinlichkeit, dass ein Teilchen von einem Schwarzen Loch emittiert wurde, und der Wahrscheinlichkeit, dass ein Teilchen ins Loch fiel, den Wahrscheinlichkeiten für Emission und Absorption bei einem heißen Körper. Abermals zeigte sich hier, dass Schwarze Löcher sich verhalten, als hätten sie eine Temperatur und eine Entropie, die proportional zu ihrer Horizontfläche ist.
    Bei unserer Berechnung verwendeten wir das Konzept der imaginären Zeit; man kann sie sich wie eine Zeit vorstellen, die rechtwinklig zur Richtung der gewöhnlichen realen Zeit verläuft. Als ich nach Cambridge zurückkehrte, entwickelte ich diese Idee mit Gary Gibbons und Malcolm Perry, zwei ehemaligen Doktoranden von mir, noch ein wenig weiter. Wir ersetzten die gewöhnliche Zeit durch die imaginäre Zeit. Dieser Ansatz wird euklidisch genannt, weil er aus der Zeit eine vierte Raumrichtung macht. Anfangs stieß ich damit auf großen Widerspruch, heute aber gilt er allgemein als der beste Weg zur Untersuchung der Quantengravitation. Der euklidische Raum der Schwarzloch-Zeit ist glatt und enthält keine Singularität, an der die physikalischen Gleichungen ihre Gültigkeit verlieren könnten. Er löst das Grundproblem der von Penrose und mir entwickelten Singularitätstheoreme: dass nämlich die Vorhersagbarkeit an der Singularität endet. Mit Hilfe des euklidischen Ansatzes konnten wir genauer erklären, warum sich Schwarze Löcher wie heiße Körper verhalten und Entropie haben. Ferner zeigten Gary und ich, dass sich ein immer schneller expandierendes Universum verhalten würde, als hätte es eine effektive Temperatur wie ein Schwarzes Loch. Damals dachten wir, diese Temperatur könne nie beobachtet werden, doch vierzehn Jahre später erwies sich ihre empirische Bedeutung.

    Unter anderem mit Don Page (oben, ganz links), Kip Thorne (unten, Dritter von links) und Jim Hartle (unten, ganz rechts)

    ICH hatte hauptsächlich über Schwarze Löcher gearbeitet, aber durch die Hypothese, dass das frühe Universum eine Phase inflationärer Expansion durchlaufen hatte, wurde mein Interesse an der Kosmologie neu geweckt. Demnach hatte sich die Größenzunahme des Universums in der inflationären Phase fortlaufend beschleunigt, genauso wie bei einer monetären Inflation die Verbraucherpreise in die Höhe schießen. 1982 zeigte ich mit Hilfe der euklidischen Methode, dass die Gleichförmigkeit eines solchen Universums kleine Einbußen erleiden würde. Etwa zur gleichen Zeit kam der russische Wissenschaftler Wjatscheslaw Muchanow zu ähnlichen Ergebnissen, aber die wurden im Westen erst später bekannt.
    Es wäre denkbar, dass diese Inhomogenitäten aus thermischen Fluktuationen
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