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Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (German Edition)

Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (German Edition)

Titel: Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (German Edition)
Autoren: Sven Hannawald
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mehrmals in der Woche Sport«.
    Schon in der Verfassung der DDR (Artikel 25) wurde die gesellschaftliche Relevanz des Sports festgeschrieben: »Freude, Frohsinn, Entspannung, allseitige Entwicklung des Menschen, Gesundheit, Stärkung des Ansehens unserer Republik, bereit zur Arbeit und zur Verteidigung der Heimat« – dies waren also die erklärten Ziele des Sports. Breitensport hatte in der DDR von Anfang an eine große Bedeutung.

    Ein Stück Zeit-geschichte: das Buch »Goldkinder. Die DDR im Spiegel ihres Spitzensports« der Autorin Grit Hartmann
    Sportler als Diplomaten im Trainingsanzug
    Doch in Wirklichkeit ging es in der DDR-Sportpolitik noch mehr darum, den Leistungssport auf Weltniveau zu bringen. Das Kalkül war ganz einfach: Mit Siegen sollte der Klassenfeind (die Bundesrepublik) überflügelt und die Überlegenheit des sozialistischen Systems auf populäre Weise demonstriert werden. Sportler sollten zur internationalen Anerkennung der DDR beitragen – als »Diplomaten im Trainingsanzug«.
    Schon 1962 wurden die zuständigen Funktionäre beauftragt, ein lückenloses Verfahren zur Talentsuche und Talentauslese auszutüfteln. Das umfassendste sportliche Fördersystem der Welt entstand. Die Formel für das Erfolgsrezept des DDR-Sports: Die Olympiavorbereitung sollte schon im Kindergarten und in der Schule beginnen.
    Wie genau das System des DDR-Sports mit seinen komplexen Kommandostrukturen schließlich funktionierte, mit welchen Methoden höchstmögliche Effektivität erzielt wurde, warum der Sport zum einzigen ostdeutschen Spitzenprodukt von Weltgeltung werden konnte – das alles kann man akribisch genau in einem faktenreichen Buch nachlesen, das die Leipziger Autorin Grit Hartmann schon 1997 veröffentlicht hat: »Goldkinder. Die DDR im Spiegel ihres Spitzensports«.
    Wie in der DDR Talente gesichtet wurden
    Eine ganz wichtige Errungenschaft für das Entdecken von Talenten hieß: ESA. Das ist die Abkürzung für »einheitliche Sichtung und Auswahl für die Trainingszentren und Trainingsstützpunkte des DTSB«. Nach einer zweijährigen Erprobung im Bezirk Leipzig wurde die ESA bereits 1973 in der ganzen DDR eingeführt. Sie funktionierte in zwei Schritten. Der erste: eine Art Grobauswahl. Die war Sache von den Sportlehrern an den rund 5000 allgemeinbildenden Schulen im Lande, sie sollten die Erstklässler und noch einmal Schüler in der dritten Klasse genau überprüfen. Auf »Erhebungs- und Leistungskontrollbögen« mussten sie alle möglichen Daten eintragen, um jene Kinder herauszufiltern, die für eine Disziplin besonders geeignet erschienen. Man bewertete vor allem körperliche Merkmale, die auf spätere Leistungsfähigkeit hinwiesen: »Gewandtheit«, »Kraft« oder »Einstellung zum Sport«.
    Neben diesen »Körperbaumerkmalen« wurde noch »das Niveau der konditionellen und koordinativen Fähigkeiten« ermittelt. Dazu nutzten die Sportlehrer Leistungskontrollen im Sportunterricht, die sie zum Abschluss eines Schuljahres ohnehin durchführen mussten: Zeigt das Kind gute Leistungen bei den Übungsformen des Geräteturnens und der Gymnastik (Rolle vorwärts, Mutsprung, Hindernisturnen)? Begreift es schnell? Zeigt das Kind bei »körperformenden Übungen« (wie Liegestütz, Klimmzüge, Rumpfheben, Klettern) eine gute Körperkraft? Zeigt das Kind im Sportunterricht Aktivität, Aufmerksamkeit und Interesse?
    Als mein Jahrgang damals (1979) im Johanngeorgenstädter Kindergarten gesichtet wurde, lagen meine Fähigkeiten offenbar schon »deutlich über der Norm«. Die fürs Skilanglaufen fundamentalen Techniken, also Diagonalschritt und Doppelstockeinsatz, beherrschte ich bereits als kleines Kerlchen von vier Jahren. Bemerkenswert war wohl auch mein »gutes Bewegungsgefühl«. Und bei den Kindergarten-Meisterschaften – so erzählen meine Eltern – tat ich mich durch meine forsche Herangehensweise hervor. Mein natürlicher Ehrgeiz, eine große Portion Zielstrebigkeit und die Lust, möglichst immer zu den Siegern zu gehören, waren mir offensichtlich in die Wiege gelegt.
    »Erst die SED-Diktatur ermöglichte einen derart umfassenden Zugriff auf die sportlichen Talente, um dem Medaillenstreben des Staates die höchste Priorität einräumen zu können.« René Wiese, Sporthistoriker
    Warum die »finale Körperhöhe« zählt
    Wissenschaftler wussten schon in den 1970er-Jahren, dass ein Faktor eine ganz entscheidende Aussagekraft für eine mögliche Sportlerkarriere hat: die künftige Statur des Kindes.
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