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Maurice, der Kater

Maurice, der Kater

Titel: Maurice, der Kater
Autoren: Terry Pratchett
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schweren Truhe
    herein und setzte sie auf dem Tisch ab. »Wir sind Hinweisen einer Ratte
    nachgegangen und haben unter einer Diele nachgesehen, Herr. Ich
    schätze, es befinden sich mehr als zweihundert Dol ar in dieser Truhe.
    Unrechtmäßig erworbenes Vermögen, Herr.«
    »Du hast Hinweise von einer Ratte bekommen?«

    Der Feldwebel zog Sardinen aus seiner Tasche. Die Ratte verzehrte
    einen Keks, hob aber höflich den Hut.
    »Ist das nicht ein wenig… unhygienisch?«, fragte der Bürgermeister.
    »Nein, Chef, er hat sich die Hände gewaschen«, erwiderte Sardinen.
    »Ich habe den Feldwebel gefragt!«
    »Nein, Herr. Ein netter kleiner Bursche, Herr. Sehr sauber. Erinnert
    mich an den Hamster, den ich als Kind hatte, Herr.«
    »Nun, danke, Feldwebel, gute Arbeit, bitte geh und…«
    »Er hieß Horaz«, fügte Doppelpunkt hinzu.
    »Danke, Feldwebel, und jetzt…«
    »Es tut gut, wieder kleine Wangen zu sehen, die sich beim Fressen
    aufblähen, Herr.«
    » Danke, Feldwebel!«
    Als Doppelpunkt gegangen war, wandte sich der Bürgermeister an
    Herrn Raufmann. Der Mann hatte wenigstens den Anstand, verlegen zu
    wirken.
    »Ich kenne ihn kaum«, sagte er. »Er ist nur jemand, der meine
    Schwester geheiratet hat! Ich sehe ihn nur selten!«
    »Ich verstehe«, erwiderte der Bürgermeister. »Und ich beabsichtige
    nicht, den Feldwebel zu beauftragen, in deiner Speisekammer
    nachzusehen.« Er lächelte dünn und schniefte leise. »Noch nicht. Und
    nun… Wo waren wir stehen geblieben?«
    »Ich wol te euch eine Geschichte erzählen«, sagte Maurice.
    Die Stadträte starrten ihn an.
    »Und dein Name lautet…?«, fragte der Bürgermeister, dessen
    Stimmung sich inzwischen erheblich verbessert hatte.
    »Maurice«, sagte Maurice. »Ich bin gewissermaßen ein freiberuflicher
    Vermittler. Ich verstehe, dass es dir schwer fäl t, mit Ratten zu reden,
    aber Menschen sprechen doch gern mit Katzen, oder?«
    »Wie in Märchen?«, fragte Krickelich.
    »Ja, genau, nun…«, begann Maurice.
    »Zum Beispiel ›Der gestiefelte Kater‹?«, fragte Korporal Knopf.

    »Ja, ja, Bücher.« Maurice warf ihm einen finsteren Blick zu. » Wie dem
    auch sei… Katzen können mit Ratten reden, klar? Und ich will euch eine Geschichte erzählen. Aber zuerst möchte ich darauf hinweisen, dass
    meine Klienten, die Ratten, diese Stadt verlassen und nie zurückkehren
    werden, wenn ihr das wollt.«
    Nicht nur die Menschen, auch die Ratten starrten ihn groß an.
    »Tatsächlich?«, fragte Sonnenbraun.
    »Tatsächlich?«, fragte der Bürgermeister.
    »Ja«, bestätigte Maurice. »Und jetzt erzähle ich eine kleine Geschichte
    über eine glückliche Stadt. Ihren Namen kenn ich noch nicht.
    Angenommen, meine Klienten brechen auf und ziehen flussabwärts.
    Bestimmt gibt es viele kleine Städte am Fluss. Und irgendwo wird es eine
    Stadt geben, die sagt: He, wir können eine Vereinbarung mit den Ratten treffen. Und das wird eine sehr glückliche Stadt sein, weil es dann
    nämlich Regeln gibt, verstehst du?«
    »Nicht ganz«, sagte der Bürgermeister.
    »Stell dir vor, dass in dieser glücklichen Stadt eine Frau viele Törtchen
    bäckt, und sie braucht nur ins nächste Rattenloch zu rufen: ›Guten
    Morgen, Ratten, ein Törtchen ist für euch, und ich wäre euch sehr
    dankbar, wenn ihr den Rest nicht anrührt.‹ Und die Ratten antworten:
    ›Oh, schönen Dank, Verehrteste, kein Problem.‹ Und dann…«
    »Soll das heißen, wir sollen die Ratten bestechen ?«, fragte der
    Bürgermeister.
    »Sie sind billiger als Rattenpfeifer und billiger als Rattenfänger«, sagte
    Maurice. »Und es ist Lohn. Lohn wofür, höre ich dich rufen?«
    »Habe ich das gerufen?«, fragte der Bürgermeister.
    »Du wolltest«, erwiderte Maurice. »Und dann hätte ich gesagt: Es ist
    Lohn für… Ungezieferkontrol e.«
    »Was? Aber Ratten sind …«
    »Sag es nicht!«, warnte Sonnenbraun.
    »Ungeziefer wie Kakerlaken«, sagte Maurice glatt. »Davon gibt es hier
    bestimmt jede Menge.«
    »Können die ebenfal s sprechen?«, fragte der Bürgermeister. Er trug

    jetzt den gequält wirkenden Gesichtsausdruck einer Person, die Maurice
    für eine gewisse Zeit zugehört hatte. Dieser speziel e Gesichtsausdruck
    verkündete: »Ich gehe in eine Richtung, die ich gar nicht einschlagen
    wol te, aber ich weiß nicht, wie man umdreht.«
    »Nein«, sagte Maurice. »Sie können ebenso wenig sprechen wie die
    Mäuse und norma… äh, andere Ratten. Mit dem Ungeziefer hat es ein
    Ende in der glücklichen Stadt,
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