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Matharis Kinder (German Edition)

Matharis Kinder (German Edition)

Titel: Matharis Kinder (German Edition)
Autoren: Bernadette Reichmuth
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Mädchen nicht so verzweifelt aussehen. Als sie gestern Abend zurückkam, konnte sie ihre Tränen kaum zurückhalten. Darum ist sie wohl auch gleich wieder hinausgelaufen. Und heute Morgen sagte mir Punjas Blick mehr als alles andere. Keine Mutter schaut so, wenn ihrem Kind nicht etwas wirklich Ernstes widerfahren ist. Nein, das alles sah mir nicht nach gekränkter Eitelkeit aus, ganz und gar nicht.“ Er schwieg eine Weile. „Du weißt nichts von den Frauen der ‚Anderen’, mein junger Freund, und schon gar nicht von den Lopunierinnen. Sie mögen mit den Freuden, die Männer und Frauen einander schenken, vielleicht großzügiger umgehen, als unsere eigenen Bräuche es vorschreiben. Doch das bedeutet keinesfalls, dass sie sich einem Mann leichtfertig an den Hals werfen. Mit diesem Angebot, wie du es nennst, wollte Janis dir ihre Liebe schenken. Dass du dieses Geschenk nicht angenommen hast, hat sie tief verletzt. Sie muss daraus geschlossen haben, dass du ihre Liebe nicht erwiderst.“
    Torian hob den Kopf. Mit offenem Mund starrte er in das lächelnde Gesicht des alten Mannes. Natürlich, das war es doch, was er ihr heute Morgen hatte sagen wollen: er hatte ihr Geschenk nicht annehmen können, weil er sie liebte! Was war er doch für ein Schafskopf! Nun ja, sie war davongelaufen, bevor den Mund hatte aufmachen können.
    Ein zweites Mal werde ich sie nicht gehen lassen, bevor sie mir z
    ugehört hat, beschloss er. Über dem zerzausten Garten seiner Seele ging eine warme, hoffnungsfrohe Sonne auf. Er nickte.
    „Ich werde es ihr erklären. Ich werde ihr sagen, dass ich zurückkomme. Und dann möchte ich, dass sie meine Frau wird. Ich werde entweder hier bei ihr bleiben, oder mit ihr in meine Heimat gehen, wo unsere Kinder in Sicherheit aufwachsen könnten ... und ... und bei der Hochzeitszeremonie möchte ich, dass du derjenige bist, der als Erster unsere Liebe segnet.“    
    Dann drückte Torian die Schulter seines Freundes und betrat das Haus.  
    Punja stand am Herd und rührte in einer Pfanne. Auf dem Tisch stand das Frühstück bereit. Mit zornig blitzenden Augen drehte sie sich um.
    „Was ist denn das für eine Ordnung heute“, schimpfte sie, „jeder rennt aus dem Haus, wie es ihm gerade passt! Als ob ich den ganzen Tag Zeit hätte, zu warten, bis ich den Tisch wieder abräumen kann!“
    Brav setzte sich Torian, machte sich über Brot, Käse und Tee her und merkte erst jetzt, wie hungrig er war. Allein dieses Brot ist ein weiterer Grund nach Lopunien zurückzukehren, dachte er, während er seine zukünftige Schwieger mutter beobachtete, die sich wieder ihrer Pfanne zugewandt hatte. Ihre ausdrucksstarke Rückseite verriet ihm, dass sie noch immer zornig war. Und dass die Ursache ihres Zornes nichts mit der Verzögerung ihrer Haushaltspflichten zu tun hatte.
    Etwas später stand Torian zusammen mit Janael an Parikos Bett.
    Man musste kein Heiler sein, um zu erkennen, wie dramatisch sich der Zustand des Wandlers verschlechtert hatte. Das krause Haar klebte auf der glühend heißen Stirn. Die Brust des Kranken hob und senkte sich in schnellen, rasselnden Atemzügen. Von der Umgebung schien er nichts wahrzunehmen. Es stand außer Frage, dass es nicht Tage, sondern Wochen dauern würde, bis er sich von dieser rätselhaften Krankheit erholt hatte. Falls er sie überhaupt überlebte.
    Bedrückt verließen die beiden Blumenhüter die Kammer.
    In der in der Küche bemerkte Torian, dass Janael beim Verlassen der Kammer seine Jacke und seine Umhängetasche mitgenommen hatte.
    „ Ich werde jetzt gehen”, erklärte der alte Mann, “hoffentlich finde ich den Heiler bald.” Als hätte er Punjas erbosten Blick in seinem Rücken gespürt, wandte er sich mit einem entschuldigenden Lächeln an die in ihrem Berufsstolz sichtlich gekränkte Frau:
    „ Du hast getan, was du konntest, Punja. Dir verdankt unser Gefährte, dass er überhaupt noch am Leben ist. Aber nun erlaube mir bitte, jemanden aufzusuchen, der sich mit den Besonderheiten unseres Volkes genauer auskennt. Wir dürfen nichts unversucht lassen, das verstehst du doch.”        
    Janaels Worte vermochten Punja nicht zu be sänftigen. Brüsk wandte sie sich ab und verschwand im Nebenraum. Als sie zurückkam, brachte sie zwei Scheiben Brot, ein großes Stück Käse und einige Äpfel mit. Wortlos drückte sie ihrem Gast die Wegzehrung in die Hand, funkelte ihn dabei so böse an, dass dieser nicht wagte, sich bei ihr zu bedanken. Still verstaute er
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