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Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle

Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle

Titel: Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle
Autoren: Milosz Alexandra; Matuschek Kilian
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Beruf oder Vermögen Welten zwischen Ihren Vorstellungen und den von den Herren offerierten Charaktereigenschaften liegen.«
    Ich wusste noch gar nicht, dass Beruf und Vermögen Charaktereigenschaften sind.
    Â»Bei mir als Leiter von RELATIO und meinen aus­gesuchten, seriösen Mitarbeitern können Sie sicher sein, dass wir überzeugt sind, auch Ihnen den Herrn Ihrer Wünsche schon in Kürze persönlich vorstellen zu können.«
    Hat Relatio eigentlich was mit Fellatio zu tun? Ich fasse es nicht – das ist schon wieder so eine Partnervermittlungsgeschichte! »First-Class-Partnervermittlung für Anspruchsvolle, seit 1984, bundesweit« steht im Fuß. Und auf der zweiten Seite eine »Vertrauensgarantie«. Darin steht: »RELATIO steht unter Leitung eines Pfarrerssohnes, dessen Tätigkeit durch christliche Einstellung zum Nächsten geprägt ist.«
    Dafür bürge er persönlich, schreibt der Pfarrerssohn, der einem nach der »Wir-sind-sogar-beim-Patentamt-eingetragen«-Urkunde auf der dritten Seite mit Telefon in der Hand feist entgegengrinst. Jetzt müsse ich nur noch einen Beratungstermin vereinbaren – und schon sei ich auf dem Weg zu meinem Glück.
    Ja. Das ist ja einfach. Genauso soll ich übrigens die Zeilen von Erik nicht glauben. Sagt zumindest Milosz.
    Â»Ich finde, deine Anzeige klingt irgendwie nach etwas Besonderem. ›Adäquaten Herrn zum Leben und Lieben‹, ach, wie herrlich :)) Nun zu mir: Kultur und gutes Essen kann ich, ich bin 30, 183 groß, sportlich, hab studiert und wohne aktuell im schönen Hamburg. Bist noch interessiert? Ach ja, ein Bild hab ich natürlich auch für dich. Viele liebe Grüße, Erik.«
    Ich lasse mir von Milosz da einfach mal nicht rein­reden – und schaue mir den Erik an. Erik sieht eher nach Südländer als Nordmann aus – dunkle Haare, Dreitagbart, dunkle Augen, schwarzes Shirt, ein fast zu schöner »Ich-brauche-im-Bad-länger-als-du«-Mann. Ob das wirklich sein Foto ist? Nein, nicht misstrauisch sein. Außerdem schreibt er noch: »Ach, Berlin, ich bin ja im Grunde verliebt in Berlin. Ich find die Stadt einfach wahnsinnig toll. So, genug. Hab eh viel zu schnell ge­­antwortet, oder?«
    Zu schnell antworten geht nicht. Ich mache es genauso und antworte dem Berlin-Fan sofort. Mit Foto.
    Â»Hey, Fräulein Berlin, Danke für dein Foto. Es gefällt mir gut, wirft aber auch eine ganze Menge Fragen auf.«
    Ach.
    Â»Als ich auf deine Anzeige geantwortet hab, dachte ich mir, ich schenk dem armen Ding, vermutlich wenig beachtet und ein bisschen einsam, etwas Aufmerksamkeit. So bist du aber nicht, das ist klar. Warum suchst du per Kontaktanzeige? Ist doch unendlich kompliziert, und am Ende lernst du vielleicht Leute kennen, die Hunderte Kilometer weit weg wohnen. Dabei trifft sich in Berlin doch gewissermaßen die Welt. Wonach suchst du eigentlich?«
    Â»Wahrscheinlich suche ich genau danach, was sich hier nicht durch die Szene tummelt oder mit blöden Aufs-Aussehen-reduzieren-Anmachen glänzt …«, schreibe ich. Ist ja nett, dass er einem »armen Ding« etwas Aufmerksamkeit schenken wollte. Ich muss an Milosz denken. »Woher das Freud-Gen?«, frage ich ihn.
    Â»Vielleicht sollte ich dir mehr normale Fragen stellen?«, fragt Erik zurück. »In welchem Stadtteil wohnst du eigentlich, und was machst du im Job so? Haste studiert, oder bist du von Natur aus so klug? Welche Art von Musik magst du gerne, und hast du einen Lieblingsfilm? Ich war gestern in der neuen Faust -Verfilmung – schwierig, sag ich dir.« Ach, à la Mephisto-Milosz? »Apropos schwierig: Ich suche ja schon soooo lange. Wenn ich eine junge Frau kennenlerne, dann ist meist nach zehn Minuten klar, wie die nächste Stunde laufen wird. Das ist schon okay, weil die Frauen denken bestimmt das Gleiche über mich. Dummerweise hab ich einst eine Frau ge­­troffen, die anders war. Ich hätte sie wahrscheinlich ein ­ganzes Leben lang mit Fragen löchern können und wäre nie bis zum Grund durchgedrungen. Ich hätte ihr jede Frage stellen, ihr von jedem Gedanken erzählen können, ohne fürchten zu müssen, dass sie es merkwürdig finden könnte. Jedes Mal, wenn ich ihr etwas erzählte, das nicht von mir stammte, also eine vermeintlich tolle Geschichte zum Angeben, dann hat sie mir diese mit ein paar Worten
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