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Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)

Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)

Titel: Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)
Autoren: René Grandjean
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das!“
    Er will nicht.
    Ich auch nicht.
    Okay, es ist meine Mission.
    Mein Gott, ist der dick. Körperfettanteil 100 Prozent. Ich stecke meine Hand in seine Hosentaschen. Schlüssel, Zigaretten, Feuerzeug. Kein Pass. Mit vereinten Kräften versuchen wir, ihn von der Seite auf den Rücken zu wuchten. Wir zerren, wir schieben. Chancenlos! Seine andere Hosentasche bleibt unerreichbar. Ich denke an Greenpeace und gestrandete Wale.
    Endlich rührt er sich. Josch macht einen Satz zurück, als unser Gefangener ein tiefes Knurren ausstößt und die Augen aufschlägt.
    „ What the fuck?“
    Er zerrt an seinen Fesseln, setzt sich auf, und bemerkt Josch und mich.
    „ What’s going on here?“
    Eine berechtigte Frage. Ich erkläre es ihm.
    „ They will kill you!“
    Er lacht. Das macht Josch böse. Drohend hebt er den Elektroschocker, springt nervös vor und zurück, weil er nicht wirklich näher an den Gorilla rangehen will. Trotzdem, oder gerade wegen seines panischen Gehabes, hat das eine gewisse Wirkung.
    „ Come on guys! Cool down!“
    Gut – auch ein Panzer hat eine schwache Stelle!
    Ich fordere ihn auf, uns seinen goldenen Backstagepass zu übergeben. Was dann folgt, übersteigt meine Englischkenntnisse. Was ich heraushöre, sind viele Beschimpfungen.
    „ Was will er?“, frage ich Josch.
    „ Er sagt, er hat keinen solchen Pass.“
    Na riesig. Wenn er nicht bald aufhört, hier herumzubrüllen, wird noch jemand auf uns aufmerksam. Den Gedanken hat Josch wohl auch. Mit einem kurzen Elektroschock knipst er ihn wieder aus.
     

    Ich höre Elton John. Fast schon 21:00 Uhr? Höchste Eisenbahn!
    Der Mut der Verzweiflung gibt uns Kraft. Wie beim
unglaublichen Hulk
. Unsere Geisel ist schlaff und schwer wie tausend Säcke Mehl. Doch irgendwie gelingt es uns, ihn auf die Sackkarre zu hieven. Mit Verlängerungskabeln binden wir ihn daran fest.
    Sein Kopf kippt immer wieder zur Seite und er sabbert. Wir fühlen seinen Puls. Alles okay. Dann geht’s raus. Josch schiebt die Karre, ich gehe vor.
    Wir biegen um die nächste Ecke, als uns schon zwei Arbeiter in Blaumännern begegnen. Josch ist drauf und dran, den Elektroschocker zu ziehen. Oder die Knarre. Ich schüttele energisch mit dem Kopf, und er lässt es. In gebrochenen Englisch fragen die Arbeiter uns, was los ist. Ich erkläre voller Aufregung, die ich gar nicht spielen muss, dass wir ihren Kollegen bewusstlos gefunden haben und das Sanitäterzelt suchen. In einer Mischung aus Polnisch, Englisch und Zeichensprache erklären sie uns den Weg und verschwinden. Wir gehen weiter Richtung Stadion. Beeilen uns jetzt regelrecht, damit es wirklich wie ein Notfall aussieht. Was es im Grunde ja auch ist.
    George Michael singt mit Elton John. Das ist der vorletzte Song in diesem Set. Mir bleiben noch dreißig Minuten.
    Wie die Zeit fliegt, wenn man sich amüsiert
.
    Viele recken die Hälse, drehen sich nach uns um, sagen aber nichts. Vielleicht weil Josch nonstop „Emergency“ ruft wie eine Sirene.
    Und endlich kommt das finale Tor in Sichtweite. Es ist tatsächlich vergittert und wird von einer Herde Gorillas bewacht. Unsere Geisel ist offensichtlich nur eines der Jungtiere, denn die am Tor sind um ein Vielfaches gewaltiger. Und tätowiert. Und misstrauisch.
    „ What’s up“, fragt einer durch das geschlossene Gitter.
    Er scheint das Alphamännchen zu sein, der Silberrücken, mit einem kurzen blonden Irokesenschnitt auf seiner fleischigen Rübe. Ich erkläre den Notfall:
    „ We need a Doctor!“
    Unser Patient wimmert. Sein Bewusstsein scheint zu dämmern.
    Macht das verdammte Tor auf!
    „ Please!“, sage ich.
    Wieder ein Wimmern. Oh, das war Josch. Seine Arme würden müde, klagt er. Die Herde berät sich. Die Entscheidungsfindung im Reich der Primaten scheint schwierig.
    „ Okay!“, grunzt Silberrücken und schiebt das Tor zur Seite. Ein triumphierendes Grinsen können wir uns nicht verkneifen.
    Wir sind drin! Wir sind so was von drin!
    Dann kommt unser Gefangener zu sich.
    „ Help!“, keucht er.
    Das wäre ja noch nicht das Schlimmste, obwohl mir das Herz in die Hose rutscht. Bis ganz unten durch. Es liegt zertreten im Staub.
    Aber dann: „Kidnapping! Help me!“
    Die Herde wird aufmerksam.
    Es gibt viele solcher Momente in der Geschichte. Wendepunkte. Was wäre gewesen, wenn das Attentat auf Hitler geglückt wäre? Wenn die Amerikaner nicht die Atombombe geworfen hätten? Wenn die Mauer nicht gefallen wäre? Wenn Prince nicht seinen Namen eingetauscht hätte gegen
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