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Märchen aus 1001 Nacht

Märchen aus 1001 Nacht

Titel: Märchen aus 1001 Nacht
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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Vergehen gegen dich begangen hat, wir haben vielmehr nur gesehen, dass er dich von deiner Krankheit geheilt hat, an welcher sich die Ärzte und Gelehrten umsonst abmühten.” Der König entgegnete ihnen jedoch: “Ihr wisst nicht, weshalb ich diesen Hakim umbringen lassen muss. Bleibt er am Leben, so komme ich zweifellos selber um, denn wer mich von meiner Krankheit durch etwas, das ich anfassen musste, heilte, kann mich ebenso gut durch etwas, das er mir zu riechen gibt, umbringen. Ich fürchte, dass er mir nach dem Leben trachtet und dafür gedungen ist. Kann es nicht ein Spion sein, der nur hierher gekommen ist, um mir das Leben zu nehmen? Nicht eher, als bis er tot ist, habe ich Sicherheit für mein Leben.” Nun flehte der Hakim wieder: “Lass mich am Leben, so wird dich Allah auch am Leben lassen.” Als er sich jedoch, o Ifrit, davon überzeugt hatte, dass der König ihn ohne Gnade und Barmherzigkeit zum Tode verdammt hatte, sagte er: “Muss es denn also sein, O König, dass ich sterben muss, so gewähre mir eine Frist, dass ich mich nach Hause begebe, mich fertig mache, meiner Familie und meinen Nachbarn Verfügungen über mein Begräbnis erteile und meine medizinischen Bücher verschenke. Ich habe darunter ein ganz besonderes Buch, das ich dir zum Geschenk machen will; verwahre es wohl in deiner Schatzkammer.” Da fragte der König den Hakim: “Was hat es mit diesem Buch auf sich?” Der Hakim erwiderte: “Es enthält zahllose Dinge und das Geringste seiner Geheimnisse ist dieses, dass, wenn du mir den Kopf hast abschlagen lassen und es dann öffnest und drei Blätter davon umgeschlagen hast und dann auf der linken Seite drei Zeilen liest, mein Kopf mit dir sprechen und auf alle deine Fragen Antwort erteilen wird.” Der König verwunderte sich hierüber aufs Höchste und fragte ihn, indem er sich vor Freude schüttelte: “Hakim, wird dein Kopf wirklich sprechen, wenn ich ihn dir habe abschlagen lassen?” “Gewiss, O König”, antwortete er, “es ist eine wunderbare Sache.”
    Hierauf entließ der König den Hakim unter einer Wache nach Hause, wo er noch an demselben Tage seine Geschäfte erledigte. Am nächsten Tage begab er sich dann wieder in den Diwan, in dem sich die Emire, Wesire, die Kämmerlinge, Deputierten und Großen des Reiches in voller Anzahl bereits versammelt hatten, sodass der Diwan einem Blumengarten glich. Mit einem alten Buch und einer Büchse Pulver trat er zum König heran, setzte sich nieder und rief: “Bringt mir ein Tablett!” Dann schüttete er das Pulver darauf, breitete es aus und sprach zum König: “Nimm dieses Buch, aber halte es still, bis mir der Kopf abgeschlagen ist, dann lass ihn auf das Tablett stellen und fest aufs Pulver drücken, bis das Blut zu fließen aufgehört hat und öffne dann das Buch.” Als der Scharfrichter nun den Kopf abgeschlagen hatte und alles nach der Weisung des Hakims geschehen war, öffnete der König das Buch, fand aber, dass die Blätter zusammenklebten. Infolgedessen führte er den Finger zum Mund und schlug, nachdem er ihn mit Speichel genetzt hatte, das erste, zweite und dritte Blatt auf, die sich alle nur mit Mühe voneinander lösen ließen. Als er nun in dieser Weise bis zum sechsten Blatt gekommen war und nichts darauf geschrieben fand, sagte er: “Hakim, es steht nichts darin geschrieben.” Da antwortete der Kopf des Hakims: “Schlag weiter um!” Der König blätterte darauf weiter um, aber schon in kürzester Zeit war das Gift, mit welchem es der Hakim vergiftet hatte, in ihn eingedrungen, sodass der König plötzlich hin und her wankte und rief: “Ich bin vergiftet.” Da sprach der Kopf des Hakims Rujan die Verse:
    â€œSie waren mit Macht begabt und walteten hart ihres Amtes, Doch in Bälde schon war’s, als ob ihre Macht nie gewesen. Wären sie gerecht verfahren, wäre ihnen gerechter Lohn geworden, Nun aber hat das Geschick sie wegen ihrer Gewalttaten vergewaltigt. So redet ihr los, eine stumme Sprache zu ihnen: Das wurde euer Lohn und der Zeiten Lauf ist ohne Tadel.”
    Nach diesen Worten des Kopfes fiel der König entseelt zu Boden. “Wisse aber, O Ifrit”, so fuhr der Fischer fort, “wenn der König Junan den Hakim Rujan am Leben gelassen hätte, so hätte ihn Allah auch verschont; da er
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