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Maenner weinen nicht

Maenner weinen nicht

Titel: Maenner weinen nicht
Autoren: Constanz Loeffler
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Angst wie die Zukunft in weiter Ferne. Sie fühlen sich ihrem Beruf nicht gewachsen und wollen keinen Menschen mehr sehen. Sie empfinden keine Freude über das, was sie früher glücklich machte. Es fehlt ihnen an Motivation und Antrieb: Kaum, dass sie sich zu dem sonst so geliebten Stadionbesuch oder einem Angel-Wochenende aufraffen können. Das Leben erscheint trist und trostlos.
    Einige Männer berichten auch gleichzeitig von männlichen klassisch-depressiven Anzeichen. Experten fordern deshalb, die klassischen oder weiblichen Anzeichen einer Depression um männliche Symptome zu erweitern. »Ob es sich bei der Männerdepression tatsächlich um eine eigenständige Form der depressiven Erkrankungen handelt, diese Diskussion ist noch nicht abschließend geklärt«, sagt Wolfersdorf. Aber schon heute müsse man in Forschung und Praxis eine geschlechtersensible Perspektive einnehmen. Schon 1998 schlug William Pollack ein verändertes Symptomprofil für depressive Männer vor. Der amerikanische Psychologe gilt als »Männerversteher«: Er gründete einst die Gesellschaft für Studien zur Psychologie des Mannes mit und ist Direktor des Männerzentrums am McLean Hospital der Harvard Medical School. Wichtig waren ihm der von Männern oft verneinte soziale Rückzug, die verdeckte oder offene Feindseligkeit oder das Abstreiten von Kummer und Traurigkeit (siehe Kasten auf Seite 32 ).
    Wie krank bin ich?
    Sie sind unsicher, ob Sie an einer Depression erkrankt sind? Wenn Sie folgende Symptome bei sich bemerken, sprechen Sie darüber mit einem Arzt. Denken Sie daran: Die Depression ist keine Schwäche, sondern eine Erkrankung.
Sie fühlen sich mies?
Sie trinken und rauchen zu viel?
Sie ziehen sich von Freunden und der Familie zurück?
Sie fühlen sich von Geldproblemen stark belastet?
Sie sind leicht aus der Fassung zu bringen und oft traurig?
Sie haben das Gefühl, zunehmend die Kontrolle zu verlieren?
    Halten die Symptome länger als zwei Wochen an, wenden Sie sich an einen Arzt, Psychologen oder eine Beratungsstelle. Möglicherweise haben Sie eine beginnende Depression. Mit der richtigen Behandlung lässt sie sich in den meisten Fällen erfolgreich behandeln. Ohne Therapie bringen Sie sich nur unnötig in Gefahr. Denn die Heilungschancen sinken, und die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls steigt. Eine andauernde Depression kann zudem schwere körperliche Erkrankungen wie einen Herzinfarkt nach sich ziehen.
    Alkohol – der trügerische Begleiter
    Von sich aus wäre Gunter, da ist er sich ganz sicher, niemals in ein Krankenhaus gegangen. Sein Hausarzt schickte ihn in die Klinik, weil er seit Wochen über Magen-Darm-Probleme klagte und das Labor Blut im Stuhl gefunden hatte. In der Klinik, so Gunters Hoffnung, würden sie ihn mal so richtig durchchecken und endlich einen Grund für seine Beschwerden finden. Die Bauchspeicheldrüse vielleicht. Oder ein Magengeschwür? In der Notaufnahme offenbarten ihm die Ärzte Unerwartetes: Sie würden ihn in die Psychiatrie überweisen. Zum Entzug. Seine Beschwerden kämen vom Trinken. Die Psychiater hatten noch mehr Unliebsames für Gunter parat: Er leide schon jahrelang, vielleicht jahrzehntelang, an Depressionen. Der Alkohol sei nur ein Symptom.
    Chronische Schmerzen und Schlafstörungen, Herzenge und andauernde Magenprobleme – hinter einer Vielzahl von Diagnosen kann sich eine Depression verbergen. Besonders häufig trinken depressive Männer jedoch. So verwundert es nicht, dass im ersten Bericht der Stiftung Männergesundheit aus dem Jahr 2010 Alkoholismus als häufigste psychische Störung des Mannes genannt wird. In Deutschland gelten schätzungsweise 1,7 Millionen Menschen als alkoholkrank, der Großteil sind Männer mittleren Alters. Seit nunmehr zwei Jahren ist bei deutschen Männern die Alkoholabhängigkeit der häufigste Grund eines Krankenhausaufenthaltes. Schon Wilhelm Busch wusste: »Wer Sorgen hat, hat auch Likör.« Hat der Mann also viel auszuhalten, greift er rascher zum Alkohol. Bier, Schnaps und Mixgetränke sind als wirksames Mittel gegen Stress, Ärger und Wut bekannt – und gegen Depressionen. Mann schaltet ab. Mann vergisst. Mann wird euphorisch.
    Der CDU -Fraktionsvize Andreas Schockenhoff lieferte im Sommer 2011 ein Outing der besonderen Art: Er sei alkoholkrank und begebe sich nun in Therapie. Die Hintergründe blieben damals unklar. Schockenhoff hatte in den Jahren zuvor offenbar private Probleme gehabt und stand unter immensem Druck. Im Jahr 2002 starb seine
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