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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau?
Autoren: Lutz Jäncke
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sich verändernde Umwelt anpassen. Dies gelingt im Wesentlichen über unser Stirnhirn. Das Stirnhirn ist insofern die zentrale Lernstruktur unseres Gehirns, als wir nur über diese Struktur in der Lage sind, Gefühle an unsere reale Erfahrungswelt anzukoppeln. Auch der flexible Umgang mit den vielfältigen Erfahrungen des täglichen Lebens wird über diese Hirnstruktur vermittelt. Daher sollten uns alle Tätigkeiten, die im fortgeschrittenen Alter dieses Hirngebiet beanspruchen und trainieren, recht sein. Ohne entsprechende Stimulation scheint sich das Stirnhirn neuroanatomisch und neurophysiologisch zurückzubilden. Umgekehrt wird es durch Training «wachgerüttelt» und stärker aktiviert. Das zeigen neuere Studien, in denen Personen beschrieben wurden, die an einem Arbeitsgedächtnistraining teilgenommen hatten. Zum Abschluss des Trainings hat sich nicht nur ihre Arbeitsgedächtnisleistung verbessert, sondern auch die Durchblutung im Stirnhirn während des Lösens von Gedächtnisaufgaben vermindert (Olesen, Westerberg und Klingberg, 2004).
    Sollen nun alle älteren Menschen ein Musikinstrument lernen, um den unangenehmen Nebenerscheinungen des Alterns entgegenzuwirken? Natürlich nicht, aber Musizieren und der bewusste Umgang mit der Musik ist eine interessante und sehr wahrscheinlich Spaß machende Strategie, seine kognitiven Leistungen auch im Alter zu verbessern oder sie zumindest zu erhalten. Man kann natürlich auch mit anderen Trainingsvarianten möglicherweise zu ähnlich günstigen Ergebnissen kommen. Musizieren ist eine mögliche und wahrscheinlich wirksame Strategie, sich auch im Alter kognitiv zu betätigen. Musik ist eine spannende Strategie und hebt sich von vielen herkömmlichen Gedächtnistrainings ab, die meist wirklichkeitsfern und langweilig sind. Musizieren hat dagegen von Anfang an Charme. Man hat beim Musizieren nicht ständig den Eindruck, dass man dies nur deswegen macht, um den altersbedingtenAbbauprozessen entgegenzuwirken. Musizieren macht einfach Spaß und hilft nebenbei auch, das Stirnhirn auf Trab zu halten.
    Muss man aktiv musizieren oder kann auch das passive Musikhören unser Gehirn trainieren? Ich bin auf diesen Punkt bereits in Kapitel 5 eingegangen. Obwohl dies noch nicht intensiv untersucht worden ist, hängt die Wirkung des Musikhörens wahrscheinlich von der Art ab, wie wir Musik hören. Hört man die Musik eher passiv und diffus, dann wird man neben stimmungsaufhellenden Effekten nicht viel erreichen. Anders wird es sein, wenn man die Musik assoziativ oder analysierend hört. In beiden Fällen wird das Gedächtnisnetzwerk aktiviert. Das bedeutet, man assoziiert das Gehörte mit bereits gespeicherten Informationen. Dadurch aktiviert man das semantische Netzwerk und bindet die Musikreize an dieses Netzwerk an. Dabei wird die Aufmerksamkeit auf die Musik gelenkt. Beim analysierenden Hören muss man das Gehörte mit gespeichertem Wissen vergleichen und entsprechende Entscheidungen treffen. Dies sind geistige Aktivitäten, welche die Integrität des Stirnhirns voraussetzen, dieses Hirngebiet aber auch trainieren. Deshalb kann ich mir gut vorstellen, dass diese beiden Formen des Musikhörens, die ja eigentlich nicht passiv sind, einen günstigen Einfluss auf unser Gehirn haben.
    11.8
    Zusammenfassung
    â–     Längsschnittstudien haben ergeben, dass ältere Menschen, die bis ins hohe Alter Musizieren, Tanzen und Brettspiele spielen, selten im fortgeschrittenen Alter an Demenzen leiden.
    â–     Hierbei zeigte sich, dass ein Betätigungsumfang in den besagten Freizeitaktivitäten (Musizieren, Brettspiele spielen und Tanzen) von ca. einmal pro Woche das Risiko, später eine Demenz zu entwickeln, um ca. 7 % senkte. Jenes Drittel der Personen, das am häufigsten während der Erstuntersuchung an diesen Freizeitaktivitäten teilnahm, wies ein um 63 % vermindertes Demenz-Risiko im Vergleich zu jenen Personen auf, die in der Erstuntersuchung am seltensten an den beanspruchenden Freizeitaktivitäten beteiligt waren.
    â–     Die intensive Ausübung dieser Freizeitaktivitäten scheint die «kognitiven Reserve» im Alter zu steigern. Hiermit ist gemeint, dass Personen,die über ein hohes Ausmaß an «kognitiver Reserve» verfügen, im Alter davon profitieren, indem Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit anfänglich
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