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MacBest

Titel: MacBest
Autoren: Terry Pratchett
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dort durch den Fluß zu schwimmen. Vielleicht baute sie auch ein Floß. Am nächsten Morgen wollte sie weit genug entfernt sein, daß sie niemand finden konnte – falls man überhaupt nach ihr suchte, was sie bezweifelte.
    Schwächlinge!
    Überraschend schnell hastete sie durch den Wald. Es gab viele Wege, breit genug für Karren, und Ihre Ladyschaft zeichnete sich durch einen guten Orientierungssinn aus. Außerdem ging es immer nur bergab. Wenn sie den Fluß erreichte, brauchte sie sich nur in der Strömung treiben zu lassen.
    Und dann bemerkte sie zu viele Bäume. Nach wie vor sah sie den Pfad, der noch immer in die richtige Richtung führte, mehr oder weniger. Aber die Bäume auf beiden Seiten wuchsen dichter nebeneinander, als man es eigentlich erwarten sollte, und als sie nach hinten blickte, existierte kein Weg mehr. Mehrmals drehte sie sich um und rechnete halb damit, Bäume zu beobachten, die sich verstohlen bewegten. Doch sie standen immer völlig reglos, fest im Moos verwurzelt.
    Lady Felmet fühlte keinen Wind, aber in den Wipfeln seufzte es.
    »Na schön«, sagte sie leise. »In Ordnung. Ich verlasse Lancre ohnehin.
    Weil ich es will. Aber ich komme zurück.«
    Genau zu diesem Zeitpunkt endete der Weg an einer Lichtung, die es gestern nicht gegeben hatte und morgen verschwunden sein würde, eine Lichtung, wo der Mondschein auf Geweihe, Reißzähne und Hunderte von finster blickenden Augen fiel.
    Eine Gruppe verbündeter Schwächlinge mag grotesk wirken, aber wenn sich Starke zusammenschließen, so begriff die Herzogin nun, entstehen gewisse Probleme.
    Einige Sekunden lang herrschte Stille, nur unterbrochen von zischendem Atmen. Dann lächelte Lady Felmet, hob das Messer und griff an.
    Die vorn stehenden Tiere bildeten eine Gasse, die sich hinter der Herzogin schloß. Selbst die Hasen und Kaninchen nahmen an dem Kampf teil.
    Das Königreich ließ den angehaltenen Atem entweichen.
     
    Im Moor, unter den Schatten der weit emporragenden Gipfel, schwieg der natürliche Chor der Nacht. Die Grillen stellten ihr Zirpkonzert ein. Die Eulen schrien nicht mehr, und die Wölfe mußten sich um andere Angelegenheiten kümmern.
    Ein Lied erklang zwischen den hohen Graten, hallte in verborgenen Tälern wider und verursachte kleine Lawinen. Es kroch durch geheime Tunnel unter den Gletschern und verlor die Reste von Bedeutung, als es an Eiswällen abprallte.
    Um zu verstehen, was gesungen wurde, muß man nach unten zurückkehren, bis zu dem niedergebrannten Feuer am Monolithen, wo sich die vielen unterschiedlichen Resonanzen und umherschwappenden Echowellen auf eine kleine, ältere Frau fokussierten, die mit einer leeren Flasche winkte.
    »… mit einer Schlange, die nur kriechen kann, aber der Igel ist in jedem Fall besser dran.«
    »Es schmeckt erst richtig gut, wenn die Flasche fast leer ist, nicht wahr?« fragte Magrat rasch, als Nanny Luft holte, um mit einer neuen Strophe zu beginnen.
    »Du hast recht«, bestätigte Oma Wetterwachs und leerte ihre Tasse.
    »Ist noch was da?«
    »Ich glaube, Gytha hat den Rest getrunken. Sie klingt jedenfalls so.«
    Sie saßen im duftenden Heidekraut und blickten zum Mond hoch.
    »Nun, wir haben einen neuen König«, sagte Oma. »Damit ist wieder alles im Lot.«
    »Wir haben es dir und Nanny zu verdanken.« Magrat litt an einem Schluckauf.
    »Wieso?«
    »Man hat mir nur geglaubt, weil ihr bereit gewesen seid, meinen Standpunkt zu unterstützen.«
    »Wir haben uns dazu geäußert, weil man entsprechende Fragen an uns richtete«, sagte Oma Wetterwachs.
    »Ja, aber der springende Punkt ist: Alle wissen, daß Hexen nicht lügen. Ich meine, die Leute sahen natürlich, wie sehr sie sich ähnelten, aber sie hätten es vielleicht für Zufall gehalten. Wißt ihr …« Magrat errötete. »Ich habe in Gütchen Wempers Lexikon gelesen, was es mit droit de seigneur auf sich hat.«
    Nanny Ogg sang nicht mehr.
    »Ja«, murmelte Oma. »Nun.«
    Magrat spürte, wie eine unbehagliche Atmosphäre entstand.
    »Du hast die Wahrheit gesagt, nicht wahr?« vergewisserte sie sich. »Sie sind wirklich Brüder, oder?«
    Gytha Ogg nickte. »O ja. Ganz bestimmt. Ich habe seiner Mutter geholfen, als dein … als der neue König geboren wurde. Und auch der Königin, als Tomjon zur Welt kam. Sie hat mir erzählt, wer sein Vater war.«
    »Gytha!«
    »Entschuldige.«
    Der Wein stieg ihr in den Kopf, aber die Zahnräder im Getriebe von Magrats Bewußtsein drehten sich noch immer.
    »Einen Augenblick«, brachte sie
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