Love Numbers 3

angesehene Psychotherapeutin. Sie hörte sich täglich die Sorgen und Nöte der Schönen und Reichen an. Dabei waren ihr immer hervorragendes Auftreten und ihre bestimmende Art natürlich nicht von Nachteil. Sie war eine Frau, zu der man aufsah.
    Das hatte Elijah bei ihrem ersten gemeinsamen Abendessen erfahren. Und Chloe hatte auch erzählt, dass sie in ihrer wenigen freien Zeit im Central Park Joggen ginge oder einfach nur auf einer Bank sitzen und ein E-Book lesen würde. Sie wäre bisher keine echte Buchleserin, Hardcover und so, gewesen, aber diese E-Book-Sache hätte sie dazu gebracht, Lektüren zu schmökern, die sie entspannten. Mit dabei war natürlich immer Lincoln. Ihr Herz und ihre Seele, wie sie ihren Labrador bezeichnete. Er war ein Ausgleich zu den zahlreichen abgedrehten Geschichten, die sie sich tagtäglich anhören musste.
    Dagegen war sein Beruf doch etwas ruhiger. Die Galerie hatte er mit geringem Startkapital eröffnet und gehofft, dass sein Kunstgeschmack die New Yorker überzeugen würde. Die Konkurrenz war in der City natürlich groß, aber Elijah wusste, dass er etwas von der Kunstszene und den Menschen verstand, die Kunst liebten und sich auch an die Wand hängten. Die ersten beiden Jahre liefen dann auch richtig gut, so dass er die Miete für die Galerie und für seine kleine Wohnung in Brooklyn locker zahlen konnte. Nur das letzte halbe Jahr hatte er sich mit einigen Künstlern vergriffen. Sie trafen nicht den Geschmack seiner Kunden, während die Unkosten unbeachtet weiterliefen. Seine Reserven, die er in den ersten beiden Jahren angesammelt hatte, waren nahezu aufgebraucht.
    Das alles erzählte er von sich. Das mit dem letzten halben Jahr schilderte er Chloe etwas abgemildert. Aber sie bot ihm gleich ihre Hilfe an, wenn er sie denn bräuchte.
    Elijah war überrascht. Chloe schien es wirklich ernst zu sein. Sie schien schon am ersten Abend ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Sie konnte sich mehr mit Elijah vorstellen, zu dem er noch nicht in der Lage war.
    Dem ersten Abendessen folgte ein zweites in einem japanischen Restaurant. Das Essen war spannend, genauso wie die Gespräche über Chloes Universitätszeit in Harvard. Sie ließ nichts aus, wie sie es bezeichnete. Sie war mehr als einmal betrunken und wusste am nächsten Tag nicht mehr, was am Abend zuvor geschehen war, und in Sachen Sex war von grottenschlecht bis absolut phänomenal alles dabei. Leider passte der Charakter der Männer nie zu dem Sex, den sie ablieferten. Ganz nebenbei, wie es schien, schloss sie ihr Psychologiestudium nahezu perfekt ab.
    Elijah war über diese intimen Aussagen doch etwas verwirrt, doch hatte er Chloe ja nun schon etwas kennen gelernt und festgestellt, dass Chloe eine Frau war, die Dinge klar ansprach und auch einforderte. Mit ihr war nicht gut Kirschen essen, wenn man sich ihr in Dingen widersetzte, die sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Dazu gehörte wohl auch Sex, so wie sie ihn wollte.
    Für Elijah war das noch kein Thema, er schwieg über die Beziehung mit Cassandra und erzählte lieber ein paar lustige Geschichten von verrückten Künstlern.
    Und dann trafen sie sich noch einmal im Central Park zum Joggen. Bei herbstlichem Sonnenschein und mit Lincoln fest angeleint. Chloe hatte einen babyblauen, eng anliegenden Jogginganzug an und ihre blonden Haare, die am Scheitel bereits wieder erste dunkle Ansätze erkennen ließen, waren wie immer zu einem Pferdeschwanz gebunden. Chloe war ganz verrückt danach, ihre dreckiges Blond, wie sie es bezeichnete, immer schnellstens nachfärben zu lassen. Sie mochte ein strahlendes Blond am Kopf, auch wenn sie schon alt und runzelig war, hatte sie ihm beim Japaner erzählt.
    Während der einen Stunde beim Joggen musste Elijah feststellen, dass er verglichen mit Chloe eine miese Kondition hatte. Sie hüpfte wie eine zarte Elfe über den Teer, während seine Schritte schon bald denjenigen eines angeschossenen Bären glichen. Er musste dringend in einem Fitnessstudio trainieren, um mit Chloe mithalten zu können. Denn sie hatte Elijah bereits anklinge lassen, dass sie sehr gerne öfter mit ihm und Lincoln Joggen gehen wollte.
    Lincoln war während der Joggingstunde tatsächlich ein friedlicher Hund gewesen. Wahrscheinlich hatte Chloe ihn zuvor bereits ausgepowert, damit er Elijah nicht wieder zu Boden streckte.
    Und nun standen sie vor der barocken Haustür in der East 74th Street in Manhattan. Es war das vierte Treffen zwischen ihnen. Und heute Abend würde Elijah