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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase
Autoren: Ein verlockend beherrschter Earl
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kurvenreichen Körper in einem eng gewickelten Leinentuch
vorzustellen.
    »Nach ihrem
Tod«, fuhr er fort, »wickelte man sie diesem Prinzip folgend von Kopf bis Fuß
in etliche Lagen Linnen ein. Weder das eine noch das andere scheint mir für
einen Londoner Ball geeignete Garderobe.«
    »Du hast
dich überhaupt nicht verändert«, stellte sie fest. »Alles musst du wörtlich
nehmen.«
    »Auf Lisle
ist Verlass, wenn es gilt, eine Chance zu verspielen«, ließ sich einer der
Männer vernehmen und lachte spöttisch. »Statt der Dame Komplimente zu machen
und um ihre Gunst zu buhlen – wie wohl kein Mann, der auch nur Augen im Kopf
hat, umhinkommt –, lässt er sich zu sterbenslangweiligen Ergüssen über
heidnische Gebräuche hinreißen.«
    Ja, weil
das sicheres Terrain ist.
    »Ich kann
Miss Carsington versichern, meine Aufmerksamkeit nicht einen Augenblick
schweifen lassen zu haben«, erwiderte Lisle. »Ganz im Gegenteil: Ich bin
geradezu gebannt.«
    Am liebsten
würde er dem Unhold an die Gurgel gehen, der ihr dieses Gesicht und diesen Körper
beschert hatte – als ob sie noch weiterer Waffen bedurft hätte! Das konnte nur
des Teufels sein. Vielleicht hatte sie sich in den fünf Jahren, während derer
Lisle sie nicht gesehen hatte, auf einen teuflischen Pakt eingelassen. Leicht
dürfte der Teufel es mit ihr nicht gehabt haben.
    In den
Tiefen seines Verstandes regte sich eine leise Stimme, eben jene Stimme, die
ihn auch vor Schlangen, Skorpionen und Halsabschneidern warnte, die in dunklen
Gassen lauerten. Pass auf , sagte die Stimme.
    Aber das
hätte er sich auch selber sagen können, denn er kannte Olivia schließlich. Sie
war gefährlich. Schön oder nicht, mit oder ohne Dekolleté – sie war von fataler
Faszination. Mit Leichtigkeit lockte sie an sich vernunftbegabte Männer in die
Falle, obwohl die meisten längst hatten mit ansehen können, wie sie den
Seelenfrieden anderer ebenso vernunftbegabter Männer zerstört hatte.
    Er wusste
davon. In ihren Briefen hatte sie ihm ausführlichst von ihren unzähligen »romantischen
Enttäuschungen« berichtet. Unter anderem. Dazu kam, was man sich im Ballsaal
von ihr erzählte. Er wusste, wie sie war.
    Dass es ihm
dennoch vorübergehend den Verstand vernebelte, lag einzig daran, dass er ein
Mann war. Es war eine ganz natürliche, rein körperliche Reaktion, die sich wie
von selbst einstellte, sowie man auf eine schöne Frau traf. Er hatte solche
Reaktionen andauernd. Verstörend war die Sache nur, weil er dergestalt auf Olivia reagierte.
    Die seine
beste Freundin und seine Verbündete war, praktisch seine Schwester. So hatte er
sie immer gesehen.
    Und so
würde er sie weiter sehen, sagte er sich.
    Das erste
Wiedersehen war ein kleiner Schock gewesen, mehr nicht. Sein Leben war eine
ganze Serie von Schocks, und für gewöhnlich fand er das sehr belebend. »Ehe
meine Aufmerksamkeit sich doch noch verflüchtigt«, sagte er, »wäre die Dame
wohl so gütig, mir den nächsten Tanz zu gewähren?«
    »Der gehört
mir«, sagte einer der Männer, der ihr die ganze Zeit nicht von der Seite
gewichen war. »Miss Carsington hat ihn mir versprochen.«
    Olivia ließ
ihren Fächer zuschnappen. »Sie kommen schon noch an die Reihe, Lord Belder«,
sagte sie. »Ich habe Lord Lisle seit Ewigkeiten nicht gesehen, und gewiss wird
er bald wieder auf und davon sein. Er ist ein Meister im Verschwinden. Wenn ich
nicht jetzt mit ihm tanze, wann dann? Er könnte Schiffbruch erleiden und
ertrinken oder von einem Krokodil gefressen oder von einer Schlange oder einem
Skorpion gebissen oder von der Pest dahingerafft werden. Sie müssen wissen,
Lord Belder, dass er nur dann glücklich ist, wenn er Leib und Leben aufs Spiel
setzen kann, um unser Wissen antiker Kulturen zu mehren. Mit Ihnen kann
ich immer noch tanzen.«
    Belder
bedachte Lisle mit mörderischem Blick, Olivia mit einem Lächeln, und gab sich
geschlagen.
    Als Lisle
mit ihr davonging, begann er zu begreifen, was sie so gefährlich machte und
weshalb so viele Männer sich ihretwegen um Leib und Leben brachten.
    Sie wollten
sie haben und konnten nicht anders. Sie wusste das und scherte sich einen
Teufel darum.

Kapitel 2
    Die
behandschuhte Hand,
die Olivia so beherzt ergriffen hatte, war warm, kräftig und viel zupackender,
als Olivia sie in Erinnerung hatte. Als seine Hand sich um die ihre schloss,
wurde ihr selbst ganz warm, was sie erschreckte – und das war keineswegs der
erste Schock dieses Abends.
    Hatte sie
Lisles Hand je zuvor
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