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Lindberg, Ich spiel mit Dir

Lindberg, Ich spiel mit Dir

Titel: Lindberg, Ich spiel mit Dir
Autoren: Lola Lindberg
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Deutschland verkauft. Unglaublich! Die Wirtschaftskrise scheint an den pubertierenden Mädchen der Nation vorbeigegangen zu sein, denn sie kaufen alles, was mit TakeUs zu tun hat – CDs, Magazine, Poster, Schlüsselanhänger, die erste Sportswear-Kollektion, die es bei einer großen Kaufhauskette gibt, Tassen, T-Shirts, das gerade auf den Markt gekommene Parfüm. „We are here for you” , singen TakeUs in For you , einem ihrer erfolgreichsten Lieder, „we will never fool you, we will never hurt you, we won’t go away until you ask us to.” Danach sieht es im Moment allerdings nicht aus. Gerade erst ist bekannt geworden, dass die Jungs von TakeUs sogar einen Werbevertrag mit Milka unterschrieben haben. „Bald wird es kaum noch etwas geben, was nichts mit den süßen Traumtypen zu tun hat“, jauchzte gestern eine Viva-Moderatorin mit verzücktem Blick.
    Tatsächlich gibt es nur eins im Zusammenhang mit den Jungs nicht: Schlagzeilen. Oder besser: schlechte Schlagzeilen. Es gibt kaum Gerüchte, keine schmutzigen Geschichten oder Fotos, die der Presse zugespielt wurden. Nichts!
    Bis jetzt …
    „And if you want more, you simply need to ask us to.”
    Nun, ich werde fragen. Und reich damit werden!
    Der Grund für meinen Optimismus ist nicht Rick, das semmelblonde Sexsymbol. Es ist auch nicht Mitch, der milchkaffeebraune Hüne, dessen beeindruckender Sixpack auch durch die Heftklammerlöcher in der Postermitte nicht wirklich entstellt werden kann. Nein, es ist Luca, der Dritte im Bunde. Luca, der in Interviews nie über sein Privatleben spricht. Luca, der von Bravo gerade zu „einer der süßesten Versuchungen, seit es Boybands gibt“ erklärt wurde. Luca mit der ruhigen, ernsten Art und den dunklen Augen, in den so viele Mädchen verliebt sind. Und der, als ich ihn das letzte Mal sah, gerade den Schwanz meines Bruders lutschte. Pech gehabt, Mädels …
    Das Leben, es ist manchmal sehr seltsam. Und absolut wunderbar!

Zwei
    Eine Stunde später hält mir Mellie mit theatralischer Geste die Tür auf. „Nun geh also hin, Lola, und bringe Unglück über die Teenies dieser Welt!“
    „Nun gehe ich also hin und sorge dafür, dass wir in Zukunft die Miete zahlen können“, gebe ich lachend zurück.
    Mellie und ich haben uns vor ein paar Jahren kennen gelernt, als sie gerade begonnen hatte, in Münchens IT-Szene als Webdesignerin auf sich aufmerksam zu machen, und ich meine erste Redakteursstelle bei einem kleinen Musikmagazin bekam. Kurze Zeit später sind wir zusammen in eine grandiose Altbauwohnung im Lehel gezogen, deren ewig hohe Decken unsere Erwartungen an die nächsten Jahre vortrefflich symbolisierten. Und dass wir eine Putzfrau namens Olga hatten, unterstrich unsere Vorstellungen von unserem Lebensstandard – dekadent, aber adäquat.
    Die hohen Decken haben wir immer noch, von Olga mussten wir uns aber vor einem Jahr trennen, nachdem Mellie kaum noch Jobs bekam und meine Chefredakteurin mich nach einem Gespräch, in dem sie die Abhängigkeit des Qualitätsjournalismus von Werbeeinnahmen darstellte, fristgerecht auf die Leopoldstraße setzte. Seitdem schlagen wir uns mit Gelegenheitsjobs durch: Mellie jobbt bei einer Telefonmarketingfirma, ich schreibe unter abenteuerlichen Pseudonymen für alle möglichen Magazine. Irgendwie kommen wir über die Runden – nur: dem Wort „irgendwie“ war ich noch nie besonders zugeneigt.
    Vor ein paar Wochen fiel mir eine Bravo in die Hände. Ich sah das Poster in der Mitte, dachte beim Anblick von Rick sofort an ächzende Bettfedern, beim Anblick von Mitch an rassistische Vorurteile über die Physiognomie dunkelhäutiger Männer (und auch wieder an das Ächzen) und bei Luca – Bingo! – erinnerte ich mich an jene Party im Studentenwohnheim meines Bruders Kai, auf der ich ihn überall suchte und schließlich mit dem zukünftigen Superstar über seinem Genital vorfand. Damals hieß Luca noch Lukas und hatte hellere Haare und untrainiertere Muskeln. Aber er war es, keine Frage.
    Es ist sicher keine schöne Visitenkarte meines Charakters, dass ich nach dieser Erkenntnis sofort bei einer Zeitung vorstellig wurde, die eher wegen der Größe ihrer Überschriften als des Inhalts ihrer Artikel erfolgreich ist. Jede Frau aber, die schon einmal die geliebte Putzfrau entlassen musste, wird verstehen, wieso ich zum Äußersten bereit bin. Scarlett O’Hara mag geschworen haben: „Ich will nie wieder hungern.“ – Ich hingegen bekomme schon beim Gedanken an Sidolin streifenfrei
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