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Liebe die bleibt

Liebe die bleibt

Titel: Liebe die bleibt
Autoren: Carmen Sanders
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Liebesgeschichte erzählen. Vielleicht geht es Ihnen dann besser? Ein Sprichwort besagt: Der Kummer, der nicht spricht, nagt leise an dem Herzen, bis es bricht.“
    „Ja, da ist was dran“, gebe ich klein bei. „Geht es Ihnen nicht auf die Nerven, sich die Geschichten wildfremder Leute anzuhören?“
    „Nicht, wenn es sich um eine Liebesgeschichte handelt , und nicht, wenn die Frau Leila heißt.“
    „Sie lieben also Liebesgeschichten?“
    „Ja, ich habe schon mal überlegt eine zu schreiben. Einen Liebesroman.“
    „Sie , als Mann, wollen eine Liebesgeschichte schreiben? Männer schreiben Krimis oder Thriller, aber keine Liebesschnulzen.“
    „Schnulze klingt abwertend, ich glaube nicht, dass man Ihre Geschichte noch so nennen kann.“
    „Nein, meine Geschichte ist eine Tragödie und eignet sich vermutlich auch nicht als Liebesgeschichte. Weil solche Geschichten immer gut ausgehen m-ü-s-s-e-n, damit sie verkauft werden. Meine Geschichte wäre vermutlich ein Ladenhüter, weil sie keinen guten Ausgang hat, sie ist h-o-f-f-n-u-n-g-s-l-o-s.“
    „Kennen Sie den Spruch: Wenn die Hoffnung erwacht, legt sich die Verzweiflung schlafen?“
    „Klingt gut, aber im Augenblick bin ich zu verzweifelt, um zu hoffen. Und hören Sie endlich damit auf, mich mit Ihren Weisheiten abzuspeisen“, antworte ich erschöpft.
    „Und Sie fangen endlich damit an, mir Ihre Geschichte zu erzählen . Okay?“ Tibor dreht sich wieder nach mir um und zwinkert mir aufmunternd zu.
    „Gut, gut“, s tammle ich, während ich fahrig mit der Hand auf die Straße deute. „Wenn Sie sich beim Fahren auf die Fahrbahn konzentrieren!“
    „Entspannen Sie sich“, werde ich beruhigt.
    Ich atme tief ein und aus. Ein paar Wimpernschläge später bin ich bereit, einem wildfremden Mann meine Geschichte anzuvertrauen.

4. Ka pitel
     
    „Meine Geschichte hat eine Vorgeschichte. Sie beginnt vor drei Jahren. An Heiligabend. Wie jedes Jahr wollte ich die Weihnachtsfeiertage bei meinen Eltern in Schwabing verbringen. Ich freute mich schon seit Wochen auf diese Tage, weil sie für mich die schönsten im Jahr sind. Ich liebe Weihnachten, und ich liebe meine Eltern dafür, dass sie mir von Kindesbeinen an ein glückliches Weihnachten beschert haben. Ich freue mich auf das gemeinsame Schmücken des Weihnachtsbaums, die Weihnachtsmusik, den Weihnachtsbraten, und vor allem freute ich mich, auf die Weihnachtsgeschichte, die uns mein Vater jedes Jahr aus einem, alten dicken Buch vorliest. Ich kann es immer kaum erwarten, seiner warmen, tiefen Vorleserstimme zu lauschen, zu beobachten, wie meine Mutter meinen Vater dabei liebevoll anlächelt, zu lachen, wenn er mit verstellter Stimme die Figuren nachahmt. Ich kenne sie alle, diese rührigen Geschichten vom Hamster und der diebischen Elster , vom Schneemann und der Schneehexe . Es sind Geschichten, die einem das Herz erwärmen. Ja, darauf freute ich mich auch vor drei Jahren, und natürlich auch auf die Geschenke. Meine Eltern waren mir gegenüber immer sehr großzügig. Sie sind keine Sparfüchse gewesen, die ihr Geld in eine Altersvorsorge investierten.“
    Ich hielt eine n Moment inne, weil diese Zeit nicht mehr zurückkehren würde.
    „ Das Geld, das meine Eltern zur Verfügung hatten, gaben sie aus, und zwar mit vollen Händen. Sie empfanden viel mehr Spaß daran, das Geld für schöne Dinge auszugeben, liebten es, ihr Haus zu verschönern, den Garten in ein Blumenparadies zu verwandeln oder zweimal im Jahr in den Urlaub zu fahren. Sie waren junggebliebene, lebensfrohe Menschen, die für den Augenblick lebten und sich dafür liebten. Ihre liebenswerte Art, wie sie nach vierzig Jahren Ehe noch miteinander umgingen, ich glaube, das erzeugte bei mir die Sehnsucht, selbst einmal so eine glückliche Beziehung zu führen.“
    Tibor schien es aufgefallen zu sein, dass ich jetzt einer vergangenen, wirklich vergangenen Vergangenheit sprach, denn er blickte mich kurz, aber mitfühlend an.
    „Ja, ich liebte meine Eltern. Sie waren für mich das größte Geschenk, was mir das Leben beschert hatte.
    Weihnachten vor drei Jahren versprach besonders schön zu werden. Dicke Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel, als ich mich auf den Weg zur U-Bahn machte.
    Diesmal könnte ich mit meinem Vater im Garten einen Schneemann bauen, lustige Erinnerungsfotos schießen, ja das wird schön. Meine Eltern wohnten in einem schicken Einfamilienhaus. Der Tannenbaum vor dem Haus war erleuchtet, als ich am frühen Nachmittag bei ihnen
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