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Liebe auf Dauer

Titel: Liebe auf Dauer
Autoren: Hans Jellouschek
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Also waren die Paare herausgefordert, etwas Neues zu suchen. Sie hätten das ohne den oder das »Dritte«, das sich da einmischte, wahrscheinlich nicht getan, jetzt aber mussten sie sich dieser Erstarrung stellen.
    Natürlich lösen solche und ähnliche Krisen alle möglichen Gefühle aus: Wut, Schmerz, Trauer, Angst. Man darf nicht zu schnell über diese Gefühle hinweg-, man muss durch sie hindurchgehen, darin besteht auch ein Teil der Krisenbewältigung. Aber es besteht die Gefahr, darin hängen zu bleiben. Dann werden solche Ereignisse zu Schlägen eines übel wollenden Schicksals oder gar zu denen eines richtenden Gottes. Oder man kann – wie es ausdrücklich oder unausgesprochen die erwähnten Paare unserer Beispiele taten – die Frage stellen: » Zu welcher Entwicklungfordert uns diese Krise heraus? Zu welcher Entwicklung, die wir vielleicht bis jetzt vermieden haben?« Oder anders ausgedrückt: »Was ist die Botschaft dieser Krise an uns, an dich, an mich?« Das ist die entscheidende Frage, die das kritische Lebensereignis in eine Entwicklungs-Herausforderung zu verwandeln vermag, auch wenn wir es zunächst einengend, zerstörerisch oder mindestens ärgerlich erleben. Wer diese Frage stellt, geht mit einer Einstellung an Krisen heran, die wieder Hermann Hesse in dem Satz formuliert hat: »Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden …« Diese Einstellung und die Erfahrung, dass sie sich für die Krisenbewältigung immer wieder bewahrheitet, stellt zwischen den betroffenen Partnern, die sie machen, eine tiefe Verbindung her, und in diesem Sinn hat sie für die Stabilität einer Beziehung eine entscheidende Bedeutung.
Zentrale Lebensthemen
    Durch kritische Lebensereignisse, vor allem auch durch die unvorhergesehenen, geschieht häufig noch etwas Weiteres, das wir ebenfalls als sehr unangenehm erleben können, das aber auch zu einer Chance werden kann: Sie aktualisieren zentrale individuelle Lebensthemen der betroffenen Partner. Das lässt sich wiederum an unseren Beispielen aufzeigen:
Friedrichs bisheriges Lebensmotto war: »Ich muss vorankommen, ich muss immer Spitze sein!« Ulrike wiederum war innerlich immer noch das brave, liebe Mädchen, das bestrebt war, keine Schwierigkeiten zu machen. In ihrer Beziehung hatte das zunächst wunderbar zusammengepasst. Er hatte sich in seinem Streben von ihr sehr unterstützt gefühlt, und sie war stolz auf ihren tüchtigen Mann. Dies war gewissermaßen ihr unbewusster Beziehungsvertrag . Insofern hatte ihre Beziehung auch ein Stück weitder Abwehr der problematischen Seiten dieser einseitigen Lebensmuster gedient. Die Umzugskrise überforderte diese Abwehr. Der Bogen wurde sozusagen überspannt und zerbrach. Ulrike konnte nicht mehr mitmachen – zum Glück! Denn dadurch wurde erst die Problematik beider Lebensmuster deutlich: seine Tendenz, bei seinem »Streben nach oben« die Bezogenheit auf das Du zu verlieren, und ihre Tendenz, in ihrer Über-Bezogenheit sich selbst zu vergessen und ihr eigenes Ich zu verlieren. Die Krise brachte die Gefahr an den Tag, sich in diesen problematischen Tendenzen gegenseitig immer mehr zu steigern. Und sie machte zugleich deutlich, dass sie – und zwar beide – in der Gefahr standen, sich damit heillos zu überfordern, Friedrich mit seinem Leistungsdruck und Ulrike mit ihrer Rücksichtslosigkeit auf sich selbst. Daraus entstand nun für sie die Frage: Wie können wir uns, anstatt uns wechselseitig in der Problematik unserer Lebensthemen immer mehr zu verstricken, gegenseitig zur Herausforderung ihrer Korrektur werden?
Bei Frank und Ursula war es sehr stark das Thema »Männlichkeit« und »Weiblichkeit«, das in ihrer Un- treue-Krise aktualisiert wurde. Frank war plötzlich mit der Frage konfrontiert: Wer bin ich eigentlich als Mann? Ich, der Künstler, der mit seiner Musik einen Bruchteil des Geldes heimbringt, das der Geliebte und Rechtsanwaltskollege meiner Frau verdient? Was kann ich ihr bieten? Worin finde ich meinen Selbstwert als Mann im Gegenüber zu ihr? Ursula wiederum beschäftigte im Zusammenhang mit ihrer Außenbeziehung die Frage: »Wenn ich mit dem Kollegen zusammenginge, hätte ich dann nicht jemanden zum Anlehnen und müsste selber nicht mehr immer ans Überleben denken..? Was brauche ich als Frau von einem Mann, was ist mir wirklich wichtig an einer Beziehung?« Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen führte Ursula schließlich zu der Einsicht:»Ich will gar keine Frau sein, die dem Mann das Geldverdienen
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