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Liebe 2.0

Liebe 2.0

Titel: Liebe 2.0
Autoren: Mareike Giesen
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seufzt,
steckt die Hände in die Jackentaschen und schaut an mir vorbei. Er zuckt noch
einmal mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.“ Pause. „Sag du es mir.“
    Jetzt guckt er
mich wieder an, und sein schonungslos offener Blick schneidet mir ins Herz. Er
ist misstrauisch, verletzt. Und dabei doch auch so voller Hoffnung und
Erwartung.
    Ich wende mich
ab und schlucke, während Max fortfährt.
    „Ich halte wenig
davon, mich zum Idioten zu machen. Aber ich halte große Stücke auf das
Schicksal, wie du weißt. Und nach unserer plötzlichen Begegnung in der Bahn musste
ich einfach noch mal… Ich meine, das war so… Es fühlte sich an, also ob… Ach,
Scheiße!“ Er verstummt und starrt auf seine Schuhspitze, mit der er einen
Kiesel von der Auffahrt kickt. Dann reißt er abrupt den Kopf wieder hoch und
durchbohrt mich fast mit seinen Gletscheraugen. „Woran denken Sie?“
    Ich atme tief
ein. Max hat soviel riskiert, jetzt liegt es an mir. Das bin ich uns schuldig.
Und so gebe ich ihm auf unsere Frage die längst fällige Antwort. 
    „Ich denke
daran, dass ich dich gesucht habe, die halbe Nacht lang… Und eigentlich schon
viel länger.“ Ich gehe einen weiteres Stück auf Max zu und bin jetzt auf
Augenhöhe mit seiner Brust. Wenn ich den Blick leicht hebe, sehe ich, wie seine
Halsschlagader pulsiert, und trotz der frostigen Außentemperaturen verströmt er
wieder diese duftende Wärme, so dass ich Mühe habe, mich zu konzentrieren. Aber
ich schaffe es. Ich muss es schaffen. Nervös fahre ich mir mit der Zunge über
die Lippen, ehe ich weiter spreche.
     „Ich denke
daran, dass du gut riechst. Und dass ich in deiner Nähe niemals friere, egal
wie kalt es ist. Dass ich seit unserem letzten Abend schon zweimal Der Pate geguckt habe, obwohl ich Marlon Brandos Synchronstimme einfach furchtbar finde.
Und ich denke daran, dass ich es mag, wenn du mich Lara nennst – obwohl das
jedem anderen bei Todesstrafe verboten ist!“
    Immer noch wage
ich nicht, ihm in die Augen zu sehen, sondern fixiere stattdessen weiter seine
Halsschlagader, deren Frequenz sich leicht erhöht hat. Aus den Augenwinkeln
sehe ich, wie sich der Kehlkopf bewegt. Auch Max muss schlucken. Alles ist
ruhig, bis auf meine Stimme, die auf einmal unheimlich klar klingt.
    „Ich denke
daran, dass ich dauernd an dich denken muss. An dich und diese ungeheure
Selbstverständlichkeit, mit der du mein Leben auf den Kopf stellst und alles
hinterfragst, an das ich bislang geglaubt habe. Und ich denke daran, dass ich
dir deshalb etwas sagen muss. Unbedingt. Auch wenn es vielleicht zu spät ist.“
    Ich merke, wie
die Verzweiflung der letzten Monate in mir hochsteigt und droht, mir die Kehle
zuzuschnüren. Und aus Angst, bald keine Worte mehr zu haben, nehme ich
schließlich meinen ganzen Mut zusammen und schaue Max direkt ins Gesicht. Auch
mein Blick ist jetzt völlig ungeschützt und gibt mich in meiner ganzen
Verletzlichkeit preis. Aber das ist ein Risiko, das ich bereit bin, einzugehen.
Schließlich habe ich mich sowieso schon längst verloren. Hastig rede ich
weiter.
    „Max – es tut
mir so leid! Ich habe wirklich alles falsch gemacht, was man falsch machen
kann. Und auch wenn ich es nicht mit Absicht getan habe, so macht es das kaum
besser! Ich war so arrogant, weil ich dich als großen Jungen abgetan habe, der
mich niemals glücklich machen kann. Und das, obwohl das kleine Mädchen in mir
es die ganze Zeit über besser wusste...“ Meine Stimme wird eine ganze Terz
höher, und meine Lippen, die keine zehn Zentimeter von Max’ Mund entfernt sind,
beginnen leicht zu zittern. Nervös versuche ich, den Tränenschleier
wegzuklimpern, der sich ungefragt vor meine Augen schiebt.     
    „Ich hatte so
große Angst davor, mich in dich zu verlieben, dass ich gar nicht bemerkt hatte,
dass es schon längst passiert war!“ Ich flüstere fast. „Dabei ist ja gar nichts
Schlimmes daran, in dich verliebt zu sein. Im Gegenteil. Ich meine, du bist
klug, hast Humor, siehst fantastisch aus und trägst mich auf Händen. Und der
Sex…“ Ich hole tief Luft, und meine Stimme gewinnt etwas an Festigkeit zurück.
„Nun, ich denke, der ist das Einzige zwischen uns, das sich von selbst erklärt.
– Aber darüber hinaus bedeutest du mir viel mehr!“
    Wie einfach es
auf einmal ist, dies alles auszusprechen. Vor jemand anderem zu bekennen, was
ich bis vor wenigen Stunden nicht einmal mir selber eingestehen wollte. Die
Worte finden sich ganz von selbst, und ermutigt
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