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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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denn noch hier?«, fragte sie.
    »Wer hat sie umgebracht?« Es waren Bellas erste Worte zu Li, seit sie die Station erreicht hatten.
    »Was macht das noch, Bella? Es ist vorbei.«
    »Für mich ist es nicht vorbei.«
    Li starrte sie an. Es war hier so still, dass sie ihren eigenen Puls in den Ohren hämmern hörte. Bellas Körper war verkrampft, jeder Muskel angespannt. Ihre Hände zitterten, die Nägel waren schmutzig und gebrochen. Sie war mit Blut befleckt. Ihrem eigenen Blut. Lis Blut. Kintz’ Blut.
    »Ich muss es wissen«, sagte sie.
    Li dachte an den Anblick von Sharifi in der Kristalldruse zurück. An die verlorene, verzweifelte, bewundernde Art, wie Bella Sharifi angesehen hatte. Was immer Bella auch getan hatte, sie hatte Sharifi geliebt. Und ihre Liebe war erwidert worden. Daran zumindest hatte Li keinen Zweifel.
    »Voyt hat sie umgebracht«, sagte sie.
    »Ich glaube dir nicht.«
    Sie sah Bella geradeheraus und ohne zu blinzeln ins Gesicht. »Es ist die Wahrheit.«
    »Ich habe ein Recht, es zu wissen. Ich muss es wissen.«
    Li seufzte. »Du weißt es schon, Bella. Denk darüber nach.«
    Li sah, dass eine Ahnung in ihr aufkeimte, aufblühte wie eine Nachtblume. Sie legte eine Hand auf den Mund, drehte sich auf den Hacken um und ging durch den Arrestraum
ins Badezimmer. Li hörte sie so oft erbrechen, bis nichts mehr übrig sein konnte.
    Als sie zurückkam, waren ihr Gesicht und ihre Arme feucht, und sie hatte Wasserspritzer an der Kleidung. Aber ihre Augen waren wieder klar, ihr Gesicht ruhig und vernünftig. »Wer war im Overlay?«
    Li wollte antworten, aber Bella kam ihr zuvor. »Es war Haas, nicht wahr? Du brauchst es nicht zu sagen, nicke einfach nur.«
    Li nickte.
    »Was wirst du deswegen unternehmen?«
    Li rutschte auf ihrem Stuhl herum. »Wie meinst du das?«
    »Wirst du mich festnehmen?«
    »Du hast sie nicht umgebracht, Bella. Niemand ist so verrückt, jemanden wegen eines Verbrechens anzuklagen, das er im Overlay begangen hat.«
    »Es ist ein Verbrechen begangen worden.« Bella klang immer noch vernünftig, aber Li hörte bereits einen verdächtigen Unterton in ihrer Stimme. »Ich dachte, deswegen bist du hier. Um ihren Mörder zu finden. Und ihn zu bestrafen. Muss ich dir den Weg zu seinem Büro zeigen? Oder war das ganze Gerede über Richtig und Falsch und Bestrafung nur so dahingesagt, damit ich dir glaube?«
    Li schob ihren Stuhl zurück, stand auf und schwankte vor Erschöpfung.
    »Setz dich, Bella.« Sie legte Bella eine Hand auf die Schulter, bugsierte sie zu einem Stuhl und drückte sie hinunter. »Hör dir doch mal selbst zu. Du willst, dass ich rübergehe und Haas festnehme? Mit welcher Befugnis? Er hat Sharifi praktisch auf Anordnung des Sicherheitsrats umgebracht. Niemand wird ihn bestrafen. Er wird nicht einen Tag im Gefängnis verbringen, was immer du oder ich auch tun.«

    »Er hat sie umgebracht.«
    »Oh, mein Gott! Sie war sich nicht zu schade, Informationen an die Syndikate zu verkaufen.«
    Einen Moment lang wagten beide nicht zu atmen. Dann ging Bella durch den Raum, öffnete die Tür und trat auf die Straße hinaus. Sie drehte sich um und sah Li mit funkelnden Augen an. »Du wirst es also nicht tun?«
    »Wozu denn?«
    »Du meinst, du hast nichts davon.«
    Li packte den Stuhl, auf dem Bella gesessen hatte, und rammte ihn so fest auf den Boden, dass auf den Schreibtischen die Stifte und Kaffeetassen klapperten.
    »Geh einfach, Bella. Geh und komm nicht zurück und sprich nie wieder mit mir. Denn wenn ich dir noch eine Sekunde ins Gesicht sehen muss, kann ich für nichts garantieren. Ich habe da unten Freunde verloren. Und ich habe vier Menschen umgebracht, um deine wertlose Haut zu retten. Was ich tue und warum und was ich davon habe, geht dich einen Dreck an!«
    Bella starrte sie einen Moment lang an, dann wandte sie sich abrupt um und ging.
    Li klammerte sich so fest an den Stuhl, dass die Knöchel hervortraten, während die großen Türen auf- und zuschwangen, schließlich wieder ihr Gleichgewicht fanden und zur Ruhe kamen. Dann borgte sie sich von jemandem die vergessene Uniformjacke, kauerte sich auf dem Sofa im Dienstzimmer zusammen und weinte sich in einen tauben, toten, traumlosen Schlaf.
     
    Als sie aufwachte, hatte sie das Gefühl, sie würde stürzen.
    Ihr waren im Krieg so oft Stationen unter dem Hintern weggeschossen worden, dass sie das Gefühl kannte. Die ABG-Station hatte gerade ihre Rotationsstabilität eingebüßt. Und die Schwerkraft ließ nach.

    Im selben

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