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Letzter Mann im Turm - Roman

Letzter Mann im Turm - Roman

Titel: Letzter Mann im Turm - Roman
Autoren: C.H.Beck
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lächelnd an. «In unserer neuen Genossenschaft wohnen auch lauter anständige Leute. Ja, ich bringe …», er zeigte auf eine der Einkaufstüten, die seine Frau trug, «… dem Sohn der Nachbarn sogar ein Geschenk mit. Als Überraschung.»
    Er strahlte vergnügt. Ihm fiel auf, dass Kothari eine neue goldene Halskette trug; er versuchte sich daran zu erinnern, ob dieser Mann während seiner Vishram-Society-Zeit jemals Gold getragen hatte.
    «Aber
wo
wohnt ihr jetzt, Ibrahim?»
    «Bandra Ost. Wir haben ein Familiengeschäft. Eisenwaren. Ich bin jetzt zusammen mit meinem Bruder Geschäftsführer. Elektrotechnik hat keine Zukunft, das sage ich dir. Hämmer. Nägel. Schrauben. Solltest du davon mal was in großen Mengen brauchen, bitte komm nach Kalanagar. Ich schreib dir meine Adresse auf.» Er wandte sich an Mumtaz, die ihre Taschen absetzte, einen Kugelschreiber herausholte und auf eine Papierserviette schrieb.
    Nachdem sie getan hatte, worum ihr Mann sie gebeten hatte, legte Mumtaz den Kugelschreiber weg und blickte Kothari an.
    «Gibt es etwas Neues vom Bauherrn? Die zweite Rate ist bereits drei Wochen überfällig.»
    «Ich habe in seinem Büro angerufen und eine Nachricht hinterlassen.» Kothari faltete die Serviette mit der Telefonnummer der Kudwas zusammen. «Wenn er die nächste Rate nicht pünktlich zahlt, dann gehen wir vor Gericht.»
    «Es hat sich herausgestellt, dass er ein richtiger Betrüger ist, dieser Mr Shah. Und wir haben ihm vertraut.»
    «Alle Bauherren sind doch gleich, Ibrahim, ob sie nun vom alten oder neuen Schlag sind. Aber die erste Rate ist gekommen, und er hat uns wirklich acht Wochen lang die Miete gezahlt, während wir nach einer neuen Wohnung gesucht haben. Er
wird
zahlen. Verschleppt es bloß eben gern. – Wo ist denn eigentlich Mrs Puri geblieben, Ibrahim? Hast du eine Ahnung?»
    «Goregaon. Gokuldam. In diesem neuen Gebäude dort. Hübsche Wohnung, neue Möbel. Sie haben eine Pflegerin eingestellt, die sich den ganzen Tag um den Jungen kümmert.»
    «Das ist die Zukunft. Goregaon. So viel leere Fläche.»
    Kudwa schüttelte den Kopf. «Unter uns, die Gesundheit des Jungen hat sich plötzlich ziemlich verschlechtert … ich weiß nicht, was sie macht, wenn der Junge … Gaurav besucht sie ständig, sagt sie.» Er sah den Verwalter an. «Er ist wie ein Sohn für sie.»
    Kothari grub die Plastikgabel in sein Essen.
    «Und Mrs Rego?», fragte er. «Von ihr was gehört?»
    «Wir hatten nie so engen Kontakt», sagte Kudwa. «Die Pintos wohnen natürlich bei ihrem Sohn. Er ist aus Amerika zurück. Ist dort mit seinem Geschäft baden gegangen.»
    «Alle kommen aus Amerika zurück.»
    Ibrahim Kudwa verlagerte Mariam auf seinen linken Arm und klopfte auf den Tisch, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen.
    «Ajwani hat nichts von dem Geld angenommen, hast du das gehört? Nicht eine Rupie.»
    Kothari seufzte.
    «Dieser Mann. Sein ganzes Leben lang war er von Geld besessen. Saß in seinem Maklerbüro mit einem Haufen Geld in der Schublade, damit er sich reich fühlen konnte. Und wenn er dann tatsächlich mal einen Riesenbatzen Geld bekommen könnte, sagt er Nein.
Eine Niete. Pucca
Niete.»
    Kothari aß noch etwas
bhelpuri.
    Mumtaz Kudwa griff nach ihren Einkaufstüten, ihr Mann stand auf, Mariam auf dem Arm.
    «Das Leben ist gut», sagte er. «Es ist nicht vollkommen, aber mit Geld ist es erträglich.»
    «Damit hast du völlig recht, Ibrahim. Auf Wiedersehen, Mumtaz. Winke, winke, Mariam.»
    Auf der Rolltreppe nach unten ging Kothari die Rechnung für das Essen durch, das er und sein Sohn gerade gehabt hatten; seine Lippen bewegten sich.
    «… das
bhelpuri
hat nur 36 Rupien gekostet, Tinku. Sie haben 10 Rupien für Wasser berechnet. Aber wir hatten gar keine Flasche Wasser.»
    «Nein», stimmte der Junge zu. «Wir hatten gar kein Wasser.»
    Er verließ die Rolltreppe und sagte: «Wir gehen und holen uns die 10 Rupien zurück, Tinku.»
    «Wegen 10 Rupien? Den ganzen Weg wieder hoch?»
    Die beiden betraten die Rolltreppe in Gegenrichtung und fuhren zum Gastronomiebereich zurück.
    «Es geht ums
Prinzip.
In dieser Welt muss ein Mann für seine Rechte kämpfen. Dein Großvater hat mir das beigebracht.»
    Tinku, der im Begriff war zu gähnen, drehte sich erstaunt um; sein unmusikalischer Vater summte einen bekannten Beatles-Song vor sich hin und trommelte dabei auf den Handlauf der Rolltreppe.

23. DEZEMBER
    Jeden Abend ist Juhu Beach mit Kricketspielen übersät, die ohne Eleganz und mit viel Energie
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