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Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Titel: Lennox 02 - Lennox Rückkehr
Autoren: Craig Russell
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fies wirkender Schlägertyp mit schlechter Haut und übermäßig eingefettetem Haar im Teddy-Boy-Schnitt. Ich hatte den Kerl schon einmal gesehen; damals hatte er neben Willie Sneddon gestanden und mich lauernd angestarrt. Dieses lauernde Starren beherrschte er so außergewöhnlich gut, dass es sogar seine Defizite in Sachen Konversation wettmachte.
    Wir verließen die Stadt nach Westen, durchquerten Clydebank und nahmen die Straße nach Dumbarton. Außer unserem Austin war kein Auto zu sehen. Die hässlichen Wohnblocks wichen irgendwann offenem Land, und mir wurde ein bisschen mulmig. Wenn Twinkletoes McBride einem eine kostenlose Taxifahrt anbietet, reicht das für sich allein schon als Grund zu allergrößter Vorsicht, aber zu wissen, wer mich heute zu sich bestellte, genügte, um die unteren Teile meines Verdauungsapparats in Zuckungen zu versetzen. Twinkletoes gehörte zu Willie Sneddons Leuten. Willie Sneddon war der König der South Side – einer der sogenannten »Drei Könige«, die hinter fast jedem Verbrechen in Glasgow steckten, hinter dem zu stecken sich lohnte. Willie Sneddon bedeutete nichts Gutes.
    Als wir von der Straße abbogen und über einen schmalen Feldweg holperten, ging mir auf, dass es immer übler für mich aussah. Ich ertappte mich dabei, wie ich einen Blick auf den Türgriff warf. Bei diesem Tempo konnte ich aus dem Wagen springen, ohne mir das Genick zu brechen. Doch wenn Twinkletoes und sein wortkarger Kumpan mich erwischten, würde es mich trotzdem den Hals kosten. Willie Sneddon gehörte zu der Sorte Gastgeber, die es einem schwer übel nahmen, wenn man ihre Einladung ausschlug. Wenn ich erst einmal rannte, durfte ich nicht mehr stehen bleiben, ehe ich in Kanada war, wenn ich an meinen Zähnen und Zehen hing, von meinem Leben ganz zu schweigen.
    Doch je länger wir über die Schlaglöcher holperten, desto mehr beruhigte ich mich wieder. Eigentlich war es eher unwahrscheinlich, dass Sneddon Unerfreuliches mit mir im Sinn hatte. Wahrscheinlich musste ich bloß seine Gesellschaft ertragen, die für sich genommen aber schon meine Quote an Unerfreulichkeiten für diesen Monat vollmachte. Aber ich hatte nichts getan, was Sneddon oder einen der beiden anderen Könige verärgert haben konnte. Ehrlich gesagt hatte ich im vergangenen Jahr versucht, so wenig für die Drei Könige zu arbeiten wie möglich.
    Ich beschloss, auf der Hut zu sein und die Dinge auf mich zukommen zu lassen.
    Der Feldweg endete, ganz wie man es erwarten würde, an einem Bauernhof, einem größeren Anwesen. Das Gutshaus war aus Granit erbaut und im viktorianischen Stil gehalten, was darauf hindeutet, dass hier ein Schollenbrecher der gehobenen Klasse wohnte. Neben dem Haus stand ein großer Stall aus Stein, der schwerlich für seinen ursprünglichen Zweck genutzt wurde, es sei denn, er beherbergte eine andere Art von Pferdchen: Hinter den beiden kleinen Fenstern an der ausgedehnten Seitenmauer hingen schwere Samtvorhänge, die in der Nacht feuerrot leuchteten, und unter dem schweren hölzernen Tor drang gelbes elektrisches Licht hervor.
    Twinkletoes und Happy Harry, der Fahrer, führten mich vom Auto zum Stall. Aus dessen Innerem hörte ich Stimmen. Viele Stimmen. Gelächter, Gebrüll, Jubel. Twinkletoes drückte auf einen Klingelknopf, und ein Guckfenster öffnete sich, durch das uns derjenige musterte, der auf der anderen Seite stand, wer immer es sein mochte.
    »Ich habe noch nie eine illegale Milchbar gesehen«, sagte ich fröhlich zu meinem weniger fröhlichen Fahrer. »Hat Sneddon da drin eine Buttermilch-Schwarzbrennerei?«
    Happy Harry antwortete, indem er mich lauernd anstarrte. Twinkletoes drückte noch einmal den Klingelknopf.
    »Nehmen wir uns doch jeder schon mal ’nen Melkschemel, bis die so weit sind«, sagte ich mit meiner besten New-Yorker-Gangster-Stimme und grinste. Damit verwirrte ich Twinkletoes aber nur, und sein Gefährte starrte noch lauernder.
    Fast hatte ich erwartet, dass uns eine Färse im Abendanzug die Tür öffnete. Wie sie herausstellte, lag ich gar nicht so falsch: Die Tür wurde von einem Schlägertypen mit Stiernacken aufgerissen. Über die Schwelle zu treten war, als tauchte man in ein Schwimmbecken. Ein feuchter Nebel aus Zigarettenqualm, Whiskydunst und Schweiß umschloss uns, durchsetzt mit dem leicht kupfrigen Geruch von Blut. Gleichzeitig brach eine Lärmflut und eine geruchsintensive Wärme über uns herein: Männer brüllten in einer solchen Erregung, dass es an Raserei grenzte,
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