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lebt gefaehrlich

lebt gefaehrlich

Titel: lebt gefaehrlich
Autoren: Dorothy Gilman
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miteinander gearbeitet. Sie hat mir zweimal das Leben gerettet.« Er hob den Blick und sah Mrs. Pollifax aufrichtig an. »Sie stehen im Begriff, in einen kleinen, aber sehr exklusiven Klub aufgenommen zu werden, Mrs. Pollifax. Nur mehr vier Leute wissen heute noch, was ich Ihnen jetzt sage.« Er klopfte mit dem Finger auf das gelbe Telegramm.
»Diese Frau ist eine unserer Spitzenagentinnen, aber Alice Dexter White ist nur ihr Deckname. In Wirklichkeit he ißt sie Magda FerenciSabo.«
Mrs. Pollifax zog scharf die Luft ein. »Allmächtiger!« stotterte sie. »Aber das stellt ja alles auf den Kopf!«
    Während der ersten Stunde ihres Transatlantikflugs hatte Mrs. Pollifax Zeit, über die Ereignisse des Nachmittags nachzudenken.
    Sie war allerdings gar nicht davon überzeugt, daß ihr das guttat. Der Kopf schwirrte ihr noch immer von Carstairs Instruktionen.
    Außerdem war es schwierig, irgendeinen Anhaltspunkt zu finden, um in die Neuigkeiten ein wenig Ordnung zu bringen.
    »Grundsätzlich sind Sie nur ein Kurier«, hatte er ihr gesagt, »da ich von der Voraussetzung ausgehe, daß die FerenciSabo selbst wissen wird, wie sie sich weiterhilft, sobald sie einen Paß und Geld hat. Vielleicht wird sie Sie bitten, ihr bei der Beschaffung einer Verkleidung behilflich zu sein. Den Rest aber besorgt sie bestimmt selbst. Sollte es aber zu riskant erscheinen, daß sie offiziell ausreist, dann wenden Sie sich an Dr. Belleaux.«
    »Warum hat sie diesen uralten Code benützt?« hatte Mrs. Pollifax gefragt. Jetzt begriff sie langsam, warum ›Vom Winde verweht‹ als Erkennungszeichen gewählt worden war.
    »Vermutlich war er der einzige Code, den sie auswendig kannte«, hatte Carstairs gesagt. »Damals waren die Codes einfacher, primitiver. In jenen Tagen nannte sie sich Frau Wetzelmann«, erinnerte er sich.
    »Und Sie waren der Schwarze Jack«, erriet Mrs. Pollifax. »Ja«, gab er zu. »Mrs. Pollifax, uns ist nicht bekannt, weshalb und wie die FerenciSabo nach Istanbul kam, aber sie ist jedenfalls eine ›berüchtigte kommunistische Agentin‹ , die Gelegenheit haben muß abzuspringen. Nicht nur um ihrer selbst willen, sondern auch unseretwegen. Sollte sie nämlich jemals zum Sprechen gezwungen werden...« Er vollendete den Satz nicht.
Mrs. Pollifax begann zu frösteln. Entschlossen schlug sie die Zeitschrift auf, die auf ihrem Schoß lag. Um sie herum lasen sämtliche Passagiere den Artikel über die Frau, zu der Mrs. Pollifax flog. Dabei wußte sie jetzt bedeutend mehr über die FerenciSabo als die New York Times, und das schüchterte sie etwas ein. Da ihr aber auch das angestrengteste Grübeln nicht weiterhalf, beschloß Mrs. Pollifax höchst vernünftig, sich nicht länger den Kopf zu zerbrechen. Nach europäischer Zeitrechnung würde sie erst am späten Nachmittag des morgigen Tages in Istanbul landen. Deshalb schloß sie die Augen und war kurz darauf eingeschlafen.
Im Morgengrauen erreichten sie London. Als Mrs. Pollifax die Maschine verließ, stellte sie ihre Uhr vor. Daheim würde sie jetzt die Elf-Uhr-Nachrichten hören und anschließend zu Bett gehen.
Nachdem sie sich einen kleinen Reiseführer für die Türkei gekauft hatte, begab sie sich in den Wartesaal, um auf den Abflug der Maschine nach Istanbul zu warten. Sie bemerkte, daß Henry Miles unschlüssig durch den Warteraum schlenderte. Schließlich fand er in ihrer Nähe einen freien Stuhl, setzte sich und zündete sich eine Zigarette an. Gleichgültig kreuzten sich ihre Blicke. Und dann eroberte Miles das Herz der Mrs. Pollifax. Langsam kniff er ein Auge zu und blinzelte sie keck an. Bis zu diesem Augenblick war er absolut unauffällig geblieben. Jetzt aber erkannte Mrs. Pollifax, daß in dem ersten Henry Miles ein zweiter ging, saß, stand und atmete.
Kurz darauf wanderte ihr Blick zu ihm zurück, und es fiel ihr schwer, an diesen zweiten Henry Miles zu glauben, denn er sah schon wieder völlig zugeknöpft aus.
Der Flug nach Istanbul wurde durchgesagt. Mrs. Pollifax bestieg die Maschine und nahm auf einem Sitz unweit der Tragflächen Platz. Miles setzte sich einige Reihen vor sie. Diesmal bekam sie eine Nachbarin. Sie stürmte atemlos ins Flugzeug, und jeder Mann, Henry nicht ausgenommen, drehte sofort den Kopf nach ihr um und blickte sie an. Auch Mrs. Pollifax bekam runde Augen. Ein ähnliches Geschöpf war ihr noch nie begegnet. Es war ein sehr junges Mädchen. Sie trug ein verrücktes, giftgrünes Kleid mit violetten Akzenten, dazu einen grellgrünen Zylinder, den
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