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Lebenslügen / Roman

Lebenslügen / Roman

Titel: Lebenslügen / Roman
Autoren: Kate Atkinson
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Konferenz in Washington, von der jemand wusste.
    Ein Typ namens Nick, der bis vor kurzem für Bernie gearbeitet hatte, ein ehemaliger Informatiker bei der Londoner Polizei, schuldete ihm noch einen Gefallen. Bernie selbst war verreist.
    Nick berichtete, dass nie eine Tessa Webb auf die Mädchenschule St. Paul’s oder aufs Keble College, Oxford, gegangen war, es gab keine Sozialversicherungsunterlagen auf diesen Namen, keinen Führerschein. Jackson fragte sich, wie die Polizei reagieren würde, wenn er seine verlorene Frau vermisst melden würde. Und wie meldete man jemand als vermisst, der überhaupt nie existiert zu haben schien?
     
    Der verantwortliche Beamte sagte: »Die Autopsie ist beendet, der Pathologe ist sich zu hundert Prozent sicher, dass Decker sich selbst umgebracht hat.«
    »In meiner Wohnung?«
    »Irgendwo musste er es tun. Er hatte Ihre Schlüssel und Ihre Adresse. Vielleicht hat er sich auf irgendeine Weise mit Ihnen identifiziert. Wir haben keine Ahnung, woher er die Pistole hatte, aber er hatte während der letzten dreißig Jahre Umgang mit Verbrechern, es wird nicht sonderlich schwierig gewesen sein.«
     
    Am Dienstag durfte er wieder in die Wohnung in Covent Garden. Er holte seinen Pass und ging zur Bank, um Geld abzuheben, nur um festzustellen, dass er keins hatte. Dito seine Wertpapiere.
    »Mann, das ist eine clevere Puppe, deine sogenannte Frau«, sagte Nick bewundernd. »Sie hat deine Konten leer geräumt und alles auf andere unauffindbare Konten einbezahlt. Raffiniert, wirklich raffiniert.«
    Tessa weg, Geld weg, Bernie weg. Es war alles ein großes abgekartetes Spiel gewesen, von der ersten »zufälligen« Begegnung in der Regent Street an. Gemeinsam hatten sie eine Person entworfen, zu der er sich hingezogen fühlte – wie sie aussah, wie sie sich verhielt, was sie sagte –, und er war darauf hereingefallen wie der größte Idiot. Es war ein perfekter Schwindel gewesen und er das perfekte Opfer.
    Er war zu müde, um sich darüber aufzuregen. Und schließlich hatte er das Geld nie verdient, und jetzt besaß es jemand anders, der es nicht verdiente.

[home]
VI
Weihnachten

Ein Hündchen zu Weihnachten
    kursiv>E
    kursiv>in treuer Freund.« Was sollte das heißen? Bezog es sich auf den Inhalt des Korbes – ein Weidenkorb mit einem Deckel wie ein Wäschekorb, zugebunden mit einer breiten Schleife aus rotem Satin –, oder bezog es sich auf die Person, die den Korb auf ihre Schwelle gestellt hatte? Die Worte standen auf einem Weihnachtskärtchen, einer teuren glitzernden Reproduktion einer viktorianischen Weihnachtskarte. Das ganze Ding wirkte altmodisch, man erwartete, ein Festmahl darin zu finden, wenn man den Deckel hob – Plumpudding oder eine riesige glasierte Schweinefleischpastete, eine Flasche Port oder Madeira.
    Louise hatte nicht mit einem Hund gerechnet. Ein Welpe, ein winziges Ding. Schwarz und weiß. »Ein Border Collie«, sagte Patrick fachmännisch. »Als Kind hatte ich einen. Ein Hirtenhund.«
    Patrick fand den Korb vor der Tür. Es war Heiliger Abend, und sie hatten still dagesessen und Radio gehört, eine friedliche, zeitlose Szene der Häuslichkeit, die über ihre wahren Gefühle hinwegtäuschte. Louise war nicht anwesend, obwohl sie da war. Patrick machte das Kreuzworträtsel im Scotsman, während Louise die Weihnachtskarten, die zu schreiben sie keine Zeit gehabt hatte, zu Neujahrskarten umfunktionierte, Entschuldige die Verspätung, aber ich hatte Grippe. Es stimmte nicht, aber na und. Oben saß Archie in seinem Zimmer, am Computer, kommunizierte mit seinen Freunden, nicht dem Fest entsprechende Musik drang durch die Tür. Jemand klingelte, Patrick stand auf und ging zur Tür.
     
    »Hast du gesehen, wer es war?«, fragte sie.
    »Nein«, sagte Patrick.
    »Nichts? Keinen Wagen? Motorengeräusch? Du musst doch was bemerkt haben. Er ist doch nicht aus dem Nirgendwo gefallen, jemand hat geklingelt.«
    »Nur die Ruhe, Louise. Ich bin kein Verdächtiger. Vielleicht ist der Hund für Archie?«
    »Ein Hund? Für Archie?« Wie unwahrscheinlich war das?
    Er war es gewesen, sie wusste es. »Ein treuer Freund«, er hatte einen klebrigen sentimentalen Zug, eine Meile breit. Alles, der Korb, die Botschaft, das Band. Er war es.
    Sie lief auf die Straße, den Welpen im Arm. Sie spürte seinen schnellen Herzschlag an ihrem. Sein pummliger Körper fühlte sich fest an, und zugleich war er leicht wie eine Feder. Sie stand mitten auf der Straße und versuchte mit ihrem Willen
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