Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Last Lecture - die Lehren meines Lebens

Last Lecture - die Lehren meines Lebens

Titel: Last Lecture - die Lehren meines Lebens
Autoren: Randy Pausch
Vom Netzwerk:
Es war ein closed set .
    Und was malten wir?
    Nun ja, ich wollte unbedingt eine Quadratformel an der Wand haben. Bei einer quadratischen Gleichung gibt es das Quadrat der Unbekannten, aber keine höheren Potenzen, und ich, der ich von jeher ein Sonderling war, fand, dass so etwas gebührend gefeiert werden müsse. Direkt neben die Tür zeichnete ich:
    Dann malten Jack und ich mit silberner Farbe eine große Fahrstuhltür, zu ihrer Linken zwei Knöpfe, einen für »Up« und einen für »Down«, und darüber eine Tafel mit Etagennummern von 1 bis 6. Die Nummer 3 leuchtete. Da wir
in einem einstöckigen Farmhaus wohnten, bedurfte es einiger Fantasie, sich sechs Etagen vorzustellen. Im Rückblick betrachtet, frage ich mich allerdings, wieso ich nicht die Nummern von achtzig oder neunzig Stockwerken malte. Und warum, wenn ich wirklich so ein grandioser Träumer war, ließ ich meinen Aufzug schon im dritten Stock anhalten? Ich weiß es nicht. Vielleicht sagt es etwas über das Gleichgewicht zwischen Sehnsucht und Pragmatismus in meinem Leben aus.
    Angesichts meiner begrenzten künstlerischen Begabung hielt ich es für das Beste, den Dingen in geometrischen Grundformen Ausdruck zu verleihen. Also malte ich eine simple Rakete mit Lenksystem. Ich malte auch Schneewittchens Spiegel und darin den Text:«Weißt du noch, als ich sagte, du seist die Schönste? Das war gelogen!«
    An die Decke schrieben Jack und ich die Worte: »Ich bin im Speicher gefangen!« Und weil wir die Buchstaben spiegelverkehrt schrieben, sah es so aus, als hätten wir auf dem Dachboden jemanden eingesperrt, der einen verzweifelten Hilferuf in die Dielen gekratzt hatte.
    Weil ich Schach liebte, malte Tammy Schachfiguren (sie war die Einzige von uns, die Talent zum Zeichnen hatte). Während sie damit beschäftigt war, malte ich ein U-Boot, das in einem Gewässer hinter dem Stockbett auf der Lauer lag. Das Periskop stieg gerade so hoch über die Bettdecke, um feindliche Schiffe entdecken zu können.
    Die Geschichte über die Büchse der Pandora hatte mir schon immer gefallen, deshalb malte ich mit Tammy auch noch davon unsere eigene Version. In der griechischen Mythologie erhält Pandora eine Büchse, die mit allem Unheilbringenden angefühlt ist, missachtet aber den Rat, sie niemals zu öffnen. Kaum hebt sie den Deckel, kommt das
Böse heraus und verbreitet sich in aller Welt. Mich faszinierte immer das optimistische Ende dieser Geschichte: Ganz unten in den Tiefen der Büchse wartet die »Hoffnung«. Also schrieb ich ins Innere meiner Pandorabüchse das Wort Hope . Jack sah das und konnte einfach nicht widerstehen: Über »Hope« schrieb er das Wort »Bob«. Wenn mich Freunde in meinem Zimmer besuchten, dauerte es immer eine Weile, bis sie herausgefunden hatten, warum dort Bob stand. Dann kam das unvermeidliche Augenverdrehen.
    Es waren die späten Siebzigerjahre, also schrieb ich auch Disco sucks! über meine Tür. Meine Mutter fand das vulgär. Als ich einmal nicht aufpasste, übertünchte sie stillschweigend sucks! Es war die einzige Zensur, die sie jemals vornahm.
    Hatte ich Freunde zu Besuch, waren sie immer schwer beeindruckt: »Ich kann nicht glauben, dass deine Eltern das erlaubt haben.«
    Obwohl meine Mutter damals alles andere als begeistert war, hat sie das Zimmer niemals neu gestrichen, nicht einmal Jahrzehnte nach meinem Auszug. Im Gegenteil. Mein Kinderzimmer wurde zur Attraktion ihrer Besichtigungstouren für Besucher. Denn inzwischen hatte sie festgestellt, dass die Leute nicht nur das Zimmer, sondern vor allem sie cool fanden, weil sie mir diese Malaktion erlaubt hatte.
    An alle Eltern da draußen: Wenn eure Kids ihre Zimmer ausmalen wollen, dann bitte, tut mir den Gefallen und lasst sie. Es ist okay. Und macht euch keine Sorgen um den Wiederverkaufswert des Hauses.
    Ich weiß nicht, wie oft ich das Heim meiner Kindheit noch besuchen kann. Aber jedesmal, wenn ich dort bin, empfinde ich es wie ein Geschenk. Dann schlafe ich noch
immer in dem Stockbett, das mir mein Vater gebaut hat, blicke auf diese irren Wände, denke daran, wie meine Eltern mir erlaubten, sie zu bemalen, und schlafe mit einem glücklichen und wohligen Gefühl ein.

6
    Wie man null G erreicht
    Es ist wichtig, konkrete Träume zu haben.
    Als ich in der Grundschule war, wollten viele Kinder Astronauten werden. Mir war schon früh klar, dass mich die NASA nicht nehmen würde. Ich hatte gehört, dass Astronauten keine Brillenträger sein dürfen. Damit hatte ich mich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher