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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition)
Autoren: D. H. Lawrence
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Mitleid, und er zitterte, und ein tiefer Schauer durchrann ihn.
    Dann sah er sie an, mit diesem furchtbaren Verlangen in den großen, glühenden Augen. Sie war vollkommen unfähig, sich ihm zu widersetzen. Aus ihrer Brust flutete die Antwort ungeheurer Sehnsucht zu ihm hin. Sie mußte ihm alles geben, alles.
    Er war ein seltsamer und sehr sanfter Liebhaber, war sehr sanft mit der Frau, zitterte unbeherrscht und war doch ganz unbeteiligt, nahm alles wahr, nahm jeden Laut draußen wahr.
    Für sie bedeutete es nichts, außer, daß sie sich ihm hingab. Und schließlich hörte er auf zu zittern und lag ganz still, ganz still. Mit tauben, mitleidigen Fingern strich sie über seinen Kopf, der auf ihrer Brust lag.
    Als er sich erhob, küßte er ihr beide Hände, dann beide Füße in den wildledernen Slippern und ging schweigend zur anderen Ecke des Zimmers hinüber; den Rücken ihr zugekehrt, blieb er dort stehen. Minutenlanges Schweigen. Dann drehte er sich um und kam wieder zu ihr; sie saß jetzt an ihrem alten Platz am Feuer.
    «Vermutlich werden Sie mich jetzt hassen», sagte er ruhig, entschieden. Sie warf ihm einen schnellen Blick zu.
    «Warum sollte ich?» fragte sie.
    «Die meisten tun es», erwiderte er; aber faßte sich schnell: «Ich meine … man denkt, daß es so ist bei Frauen.»
    «Dies ist doch wohl nicht so recht der Augenblick, Sie zu hassen», sagte sie verstimmt.
    «Ich weiß, ich weiß! So sollte es sein! Sie sind wahnsinnig gut zu mir …» Er jammerte erbarmungswürdig.
    Sie fragte sich, warum er in so jämmerlicher Verfassung war. «Wollen Sie sich nicht wieder setzen?» fragte sie. Er sah zur Tür.
    «Sir Clifford», fing er an, «wird er … wird er nicht …»
    Sie schwieg einen Augenblick und dachte nach. «Vielleicht», sagte sie dann und sah zu ihm auf. «Ich will, daß Clifford nichts erfährt – auch nicht einen Verdacht bekommt. Es würde ihn so sehr verletzen. Aber ich glaube nicht, daß es unrecht war, oder doch?»
    «Unrecht! Guter Gott, nein! Sie sind nur so unendlich gut zu mir … ich kann es kaum ertragen.»
    Er wandte sich ab, und sie sah, daß er im nächsten Augenblick anfangen würde zu schluchzen.
    «Aber wir brauchen es Clifford nicht wissen zu lassen, nicht?» flehte sie. «Es würde ihn so verletzen! Und wenn er es niemals erfährt, niemals Verdacht schöpft, verletzt es niemanden.»
    «Von mir», sagte er grimmig, «von mir wird er nichts erfahren. Sie können ganz ruhig sein. Mich selbst verraten! Hahaha!» Er lachte hohl und zynisch bei dieser Vorstellung. Verwundert sah sie ihn an. «Darf ich Ihre Hand küssen und gehen? Ich denke, ich werde nach Sheffield fahren und dort den Lunch nehmen, wenn ich darf, und zum Tee zurück sein. Kann ich irgend etwas für Sie tun? Und kann ich sicher sein, daß Sie mich nicht hassen – und nicht hassen werden?» Mit einem verzweifelten Ton brach er ab.
    «Nein, ich hasse Sie nicht», sagte sie. «Ich glaube, Sie sind nett.»
    «Ah!» rief er ungestüm. «Wie gut, daß Sie mir das sagen und nicht, daß Sie mich lieben! Es bedeutet so viel mehr … Bis zum Nachmittag also. Ich habe bis dahin eine Menge zu bedenken.» Er küßte ihr demütig die Hand und ging.
    «Ich glaube nicht, daß ich diesen jungen Mann ertragen kann», sagte Clifford beim Lunch.
    «Warum nicht?» fragte Connie.
    «Er ist so ein Ehrgeizling unter seinem schönen Anstrich … wartet nur darauf, uns auszustechen.»
    «Ich glaube, man hat ihn ziemlich schlecht behandelt», entgegnete Connie.
    «Wundert dich das? Und glaubst du etwa, er setzt seine goldenen Stunden daran, Werke der Güte zu vollbringen?»
    «Ich finde, er hat einen gewissen Großmut.»
    «Gegen wen?»
    «Ich weiß nicht genau.»
    «Natürlich nicht. Ich fürchte, du hältst Skrupellosigkeit für Großmut!»
    Connie schwieg. Hatte er recht? Es war gut möglich. Doch die Skrupellosigkeit von Michaelis hatte einen gewissen Reiz für sie. Er legte weite Strecken zurück, wo Clifford nur ein paar schüchterne Schritte machte. Auf seine Weise hatte er die Welt bezwungen – und das war es, was Clifford wollte. Mittel und Wege …? Waren die von Michaelis verächtlicher als die Cliffords? War die Art, wie der arme Außenseiter sich seinen Pfad getrampelt und gehauen hatte – nur auf sich selbst gestellt und auf Hintertüren angewiesen –, nichtswürdiger als Cliffords Methode, der sich durch Selbstpropaganda zum Ruhm aufschwingen wollte? Die Hundsgöttin Erfolg wurde von Tausenden hechelnder Hunde mit
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