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Kurbjuweit, Dirk

Kurbjuweit, Dirk

Titel: Kurbjuweit, Dirk
Autoren: Kriegsbraut
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wahrscheinlich. Sein Freund da
unten, sagte er, ziehe sich auf der Bühne immer zurück. «Eigentlich bin ich ja
nicht schlecht bestückt, aber auf der Bühne ist es geradezu lachhaft.» Er
nutze die Zeit unter dem Laken, um sein Gemächt zu reiben und langzuziehen,
aber das helfe nicht viel. Er demonstrierte das, was er unter dem Laken tat,
anhand eines Hühnerbeins. «Wenn das Laken weg ist und ich dann dastehe, ist er
wieder so klein.» Der Schauspieler maß mit Daumen und Zeigefinger die Hälfte
des Hühnerbeins ab.
    Der
Finanzberater warf ein, dass er am meisten Angst gehabt habe, als er für seine
Bank Kundengeld im Kofferraum in die Schweiz bringen musste. Aber da sei er ja
nicht nackt gewesen. Er lachte, blieb aber allein mit seinem Lachen. Kurz vor
der Grenze habe er sich immer ein Auto mit türkischen oder afrikanischen
Männern ausgesucht und sei hinter denen hergefahren. Die würden garantiert
rausgewunken, und dann sei der Weg für ihn frei gewesen. Zwei Autos
hintereinander würden die nie kontrollieren, sagte er.
    «Wie ist
es in Afghanistan?», fragte die Schauspielerin Esther.
    «Was
wollen wir eigentlich da?», sagte der Finanzberater.
    «Ich
hab's», rief Thilo, «wir machen einen Film über die Hermannsschlacht. Arminius
lockt Varus in den Teutoburger Wald und macht ihn dort fertig. Jetzt haben wir
endlich einen Ansatz, wie wir die Geschichte heute erzählen können.»
    Die
anderen sahen ihn fragend an.
    «Ich
wollte es schon lange machen, aber mir war nicht klar, was es uns heute sagt.»
    «Und was
sagt es uns heute?», fragte der Anästhesist.
    «Varus ist
natürlich George W. Bush. Seine Hybris verleitet ihn dazu, den Germanen
Schrägstrich den Afghanen in den Teutoburger Wald Schrägstrich nach Afghanistan
zu folgen.»
    «Gute
Idee», sagte der Finanzberater.
    In der
folgenden Stunde entwickelten sie einen Plan für die Story. Der Schauspieler
schwankte lange, ob er lieber den Varus oder den Arminius geben solle, und entschied
sich am Ende für Arminius, weil ihm Bush dann doch zu widerwärtig sei.
    Die
Schauspielerin entwickelte für sich die Rolle einer germanischen Amazone, die
zur Geliebten des Arminius wird. Nein, des Varus, sagte sie, nachdem sie kurz
nachgedacht hatte. Es sei schauspielerisch eine größere Herausforderung, sich
mit einem Ungeheuer wie George W. Bush einzulassen. «Aus der Spannung entsteht
das bessere Spiel», sagte sie maliziös in Richtung des Schauspielers.
    «Ich
finde, die germanische Amazone sollte nicht von einer Schauspielerin gespielt
werden», sagte der Schauspieler. «Für solche Nebenrollen nimmt man heutzutage
Laien. Keine Schauspielerin, mit Verlaub, wirklich gar keine, kann eine Amazone
so gut verkörpern wie eine echte Soldatin. Die gibt es ja inzwischen reichlich.
Wie ist es mit Ihnen?», fragte er Esther.
    Alle sahen
sie an.
    «Das
müssen Leute sein», sagte der Schauspieler, «die selbst schon Mündungsfeuer
gesehen, die selbst schon getötet haben. Da brauchen wir Killer, keine
Schauspielerinnen. Es muss ja ein extrem brutaler Film sein, sonst hat es
keinen Sinn, großes Abschlachten, Meere von Blut, Eingeweide, berstende
Knochen.» Dazu fiel ihm ein, dass er in Zürich gerade den «Amphitryon» probte.
Er lehnte sich zurück, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schaute
gewichtig nach innen. Alle sahen ihn an und warteten. Sein Blick kehrte zurück
in die Welt, und er sagte, er spiele den Hermes, und der Regisseur wolle, dass
Hermes dem Sosias richtig feste auf den Kopf schlage, nicht so wie sonst im
Theater, mit Abbremsen und Tricks, sondern richtiges Schlagen. Sie hätten lange
gegrübelt, wie sie das machen können, bis sie auf PET-Flaschen gekommen seien.
Mit Evian und Volvic sei es aber nicht gegangen. «Die Flaschen sind ziemlich
hart», sagte der Schauspieler, bei dem schon ein Lallen zu hören war. «Dann
sind wir auf diese hier gekommen», fuhr er fort und nahm eine der grünen
Wasserflaschen vom Tisch, Pellegrino. Die PET-Flaschen von Pellegrino seien
richtig weich. Er kippte den Rest aus der Flasche versonnen in Esthers Glas
und haute sie dann dem Anästhesisten, der neben ihm saß, unvermittelt auf den
Kopf.
    «Die sind
echt weich», sagte der Anästhesist.
    Der
Schauspieler stand auf und schlug noch ein paarmal zu, immer fester. Der
Anästhesist grinste. Die Schauspielerin lachte hysterisch und kreischte: «Ich
bepiss mich, ich bepiss mich!»
    Thilo
schlug vor, schwimmen zu gehen. Es war drei Uhr morgens. Das Wasser war
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