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Kuessen gut, alles gut

Kuessen gut, alles gut

Titel: Kuessen gut, alles gut
Autoren: Rachel Gibson
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gebrochen hatte. Niemanden, außer Sadie.
    Zwei weitere Tränen tropften auf den Beton, während sie sich aufs Atmen und ihre Optionen konzentrierte. Sie durfte jetzt nicht zusammenbrechen. Auf der Treppe der Casa-Bella-Apartmentanlage in Lovett, Texas. Sie setzte sich wieder auf und wischte sich die Tränen weg. Sie musste nachdenken. Für Tränen war keine Zeit. Sie hatte schon öfter in der Klemme gesteckt. Mit Carlos in Las Vegas. Als Sängerin auf der Bühne, wenn es zu einer Schlägerei kam. Als sie von Ricky befingert und von den Gallo-Brüdern bedroht wurde. Ihr liefen noch ein paar Tränen über die Wangen, die sie wegwischte. Sie hatte weder ihr Handy noch ihren Pass, Bargeld oder ihre Kreditkarten. Ihr Rucksack war noch auf der Ranch. Bei Sadie.
    Sadie. Selbst wenn sie ihr Handy gehabt hätte, hatte sie die Nummer ihrer Schwester nicht. Die hatte Beau. Sie stand auf und rieb sich mit der Schulter das Gesicht. Er war der letzte Mensch, den sie momentan sehen wollte, und sie hätte sich lieber den Arm abgekaut, als an seine Tür geklopft. Sie lief zurück zum Eingang der Wohnanlage und sah sich um. Beaus Cadillac Escalade war weg, was eine ziemliche Erleichterung war, obwohl seine unübersehbare Abwesenheit sie schmerzte.
    Die Schwangere schloss gerade die Heckklappe ihres Vans und watschelte zur Fahrertür.
    »Entschuldigung«, rief Stella ihr zu und wischte sich mit dem Arm übers Gesicht. »Haben Sie ein Handy, das ich für einen Anruf benutzen dürfte?«
    Die Frau sah sie kommen und öffnete die Fahrertür, um ihre riesige Kuhfellhandtasche in den Wagen zu werfen. Sie sah über den Parkplatz und dann wieder zu Stella. »Ihr Mann ist gerade weggerast.«
    Er war nicht ihr Mann.
    Die Frau lächelte und zog ein Handy aus ihrer Handtasche. »Aber er hat jetzt seine Hose an.«
    Stella brachte ein halbes Lächeln zustande. »Vielen herzlichen Dank«, sagte sie und rief die Auskunft an. Sadie hatte zwar ein Handy, aber auf der Ranch gab es ein Festnetztelefon. Sie hatte es in der Küche gesehen.
    »Verizon 411. Welche Stadt in welchem Staat?«, fragte die Telefonistin.
    »Lovett, Texas.«
    »Welcher Gesprächsteilnehmer?«
    »JH-Ranch.«
    »Einen Moment.«
    Die Schwangere rieb sich ihren dicken Bauch. »Sie wollen zur JH-Ranch?«
    Stella wusste nicht so recht, ob sie das einer Fremden auf die Nase binden sollte. Nicht einmal einer, die aussah, als würde sie gleich auf dem Gehsteig ein Kind gebären.
    »Ich kann Sie mitnehmen. Ich bin auf dem Weg zu meinen Schwiegereltern etwa sechzehn Kilometer weiter.«
    »Ich möchte Ihnen keine Umstände machen.«
    »Es liegt auf dem Weg.« Sie tat Stellas Besorgnis mit einer Handbewegung ab. »Ich kenne Sadie schon ewig. Wir haben alle zusammen die Schulbank gedrückt. Himmel, wir waren in der Tanzgruppe an der Lovett High. Die Beaverettes. Wir hatten einen Riesenspaß.«
    Die Telefonistin meldete sich wieder. »Ich verbinde Sie. Danke, dass Sie Verizon genutzt haben.«
    »Ihr Daddy ist erst vor zwei Monaten gestorben. Das arme Ding.« Die Frau schüttelte den Kopf. »Ich hab sie letzte Woche erst im Gas and Go gesehen. Sie sah gut aus.«
    Nach nur einem Klingeln schaltete das Telefon auf den Anrufbeantworter um. Toll. Irgendwer telefonierte gerade. Sie legte auf und gab das Handy zurück.
    »Ich bin RayNetta Colbert.«
    Stella sah in RayNetta Colberts braune Augen. Die Frau hatte drei kleine Kinder in ihren Minivan geschnallt und war so hochschwanger, dass sie kaum noch laufen konnte. »Macht es auch wirklich keine Umstände?« Normalerweise hätte Stella nicht im Traum daran gedacht, sich von einer Wildfremden mitnehmen zu lassen. Doch der heutige Tag war alles andere als normal, und was sollte die Frau Stella schon Böses tun? Sie zum Babysitten zwingen?
    »Überhaupt nicht.«
    »Danke«, sagte sie und lief zur Beifahrerseite. Sie öffnete die Tür und setzte sich prompt auf ein blaues M&M auf dem beigefarbenen Kunstledersitz. »Ich bin Stella Leon.« Es klang immer noch sehr merkwürdig, es laut auszusprechen. »Sadies Schwester.«
    RayNetta grinste, als hätte sie einen Sechser im Lotto, und startete den Van. »Heiliger Strohsack! Willkommen in Lovett.«

FÜNFZEHN
    »Vielleicht ist es das Stockholm-Syndrom.«
    Stella sah ihre Schwester an, die auf dem Pedikürestuhl neben ihr thronte. »Vielleicht, außer dass ich nicht entführt und gefangen gehalten wurde.« Es war jetzt zwei Tage her, seit sie vor Beau weggerannt war. Zwei Tage mit Gefühlsverwirrungen und
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