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Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten

Titel: Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten
Autoren: Jutta Profijt
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auch das bemerkt.
    »Du weißt genau, was ich meine«, sagte Martin.
    In diesem Moment slipperte das Sparschwein in den Raum. »Was habe ich da gehört? Es gibt einen Bestatter, der unsere Prosektur
     als Lager benutzt?«, fragte er unbestimmt in den Raum hinein.
    Prosektur ist der korrekte Begriff für den Bereich der Leichenannahme, der Kühlfächer und des Sektionssaals. Immerhin das
     hat das Sparschwein inzwischen gelernt. Allerdings etwas spät, denn die Kollegen sind ihm einen ganzen Schritt voraus. Unter
     den echten Schlitzern heißt der Bereich inzwischen nur noch »der Keller«.
    »Nun, es gab da diesen Unfall mit dem Leichenwagen   …«, begann Martin, weil Katrin und Jochen in Lichtgeschwindigkeit die Lippen zusammengepresst und denBlick auf ihre Tastaturen gesenkt hatten. In so lebenswichtigen Vermeidungsstrategien ist Martin einfach nicht schnell genug.
    »Ich habe mich inzwischen über die Marktlage informiert«, trällerte das Sparschwein. Seine Zähne in Mittelklasselimousinenweiß
     blitzten in seinem Gesicht. »Es gibt allein in Köln über hundert Bestatter. Davon hat etwa die Hälfte keine eigene Kühlung.
     Die Hitzewelle führt zu einem akuten Engpass, die Kapazitäten reichen nicht aus. Wir sehen also eine stärkere Nachfrage, die
     einem stagnierenden Angebot gegenübersteht.«
    Katrin und Jochen blickten sich mit gesenkten Köpfen verstohlen an.
    »Äh, ja, also, die Polizei wusste offenbar nicht   …«
    »Stellen Sie fest, wie das Bestattungsinstitut heißt, von dem der Sarg stammt. Pro Tag berechnen wir einhundert Euro Kühlfachmiete,
     zuzüglich Mehrwertsteuer. Abgerechnet wird in 2 4-Stunden -Einheiten. Geben Sie die notwendigen Informationen an Frau Blaustein.«
    Das Sparschwein drehte sich bereits wieder um. Katrin war die Erste, die einen klaren Gedanken fassen und schnell artikulieren
     konnte.
    »Miete?«, fragte Katrin fassungslos.
    »Natürlich«, gab Forch zurück. »Sie glauben doch nicht, dass wir unser Betriebskapital, also die Kühlfächer, einem privatwirtschaftlichen,
     gewinnorientierten Unternehmen zur kostenlosen Nutzung überlassen können? Das wäre eine Subvention und somit eine unverzeihliche
     Verschwendung der öffentlichen Gelder, von denen wir leben.«
    »Aber das war doch ein Notfall   …«
    »Ausnahmen machen ein Geschäftsmodell unnötig kompliziert. Wer eins unserer Kühlfächer nutzen will, muss zahlen, Notfall oder
     nicht. Immerhin haben wir jaauch gar nicht die Zeit, alle Fälle einzeln zu begutachten und zu bewerten.«
    »Alle Fälle?«, murmelte Martin irritiert. »Hat die Polizei etwa noch einen   …«
    »Wenn das Mailing, das ich an die Bestattungsunternehmer vorbereitet habe, erst mal raus ist, werden wir sicher eine steigende
     Nachfrage haben. Zumindest solange die Hitzewelle anhält, befinden wir uns in einer komfortablen Marktsituation, in der der
     Anbieter eines knappen Gutes den Preis und die Bedingungen diktiert.«
    Mit diesen Worten federte das Sparschwein hinaus.
    »Geschäftsmodell?«, fragte Jochen.
    »Will der etwa   …«
    »Offenbar will er genau das«, flüsterte Katrin erschüttert. »Der vermietet unsere Kühlfächer.«
     
    »Das ist eine interessante Option«, sagte Birgit, als Martin abends von der neuesten Idee des Sparschweins erzählte. Die beiden
     saßen mit Katrin und Gregor beim Italiener. »Mieteinnahmen sind eine vernünftige Verzinsung der Investitionskosten für die
     Kühlfächer.« Ich finde Birgit echt klasse, aber wenn sie ihr Bankerdeutsch labert, wird sie mir ganz fremd. Und mit Mieteinnahmen
     und Investitionskosten textete sie denselben Schwachsinn wie das Sparschwein. Auch Katrin verzog das Gesicht.
    »Wenn du die Nummer vier vermietest, will ich ein Mitspracherecht«, verlangte ich von Martin.
    Er zuckte zusammen. Offenbar hatte er mich bisher nicht bemerkt.
    »Verzinsung, Investitionskosten, das mag alles für ein Wirtschaftsunternehmen interessant sein, aber wir sind ein Institut
     der Universitätsklinik«, sagte er zu Birgit.
    Aha, noch einer, dem die Sprache der Erbsenzähler auf den Sack ging.
    »Aber auch öffentliche Institute tun gut daran, jede Finanzierungsmöglichkeit zu realisieren, die sich bietet. Die Kühlfächer
     sind sowieso da, und wenn sie ungenutzt leer stehen, bringen sie dem Institut keinen Ertrag«, erwiderte Birgit.
    »Noch besser: Ich miete mein Kühlfach dauerhaft«, schlug ich vor. »Dann bleibt es frei und ich bin nicht länger obdachlos.«
    »Und wie willst du die
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