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Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike
Autoren: Karlheinz Deschner
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gemeinsame Verfolgung von Priscillianisten, Donatisten, Arianer, von Heiden, Juden schon im 4. Jahrhundert erinnert werden muß, wenn sich auch bisher nie ein Papst derart inquisitorisch selber engagierte. 56
    Wenige Jahre nach der Verjagung der Manichäer aus Rom bekämpfte Leo den Priscillianismus in Spanien. Der dortige Bischof Turibius von Astorga (Asturia Augusta) hatte um 445 auf einer Visitationsreise ihr Fortleben festgestellt und in sechzehn Kapiteln ihre wichtigsten »Ketzereien« gemeldet. 57
    Allerdings hatte der spanische Bischof relativ korrekt berichtet, jedenfalls erheblich objektiver den Papst informiert, als dessen Replik ahnen läßt. Denn Leo »preßte die sachlichen Mitteilungen in sein Schema und machte daraus ein Zerrbild des Priszillianismus: Die Priszillianisten werden den Manichäern an die Seite gestellt« (Haendler). 58
    In der Tat pauschalisiert der Römer hier in der gleichen Weise. Was eben nicht päpstlich ist, ist teuflisch. Wieder wettert er gegen »diese verruchte Häresie«, »die abscheuliche Sekte«, die »gottlose Raserei«, durch die abermals »jede Sittlichkeit zerrüttet, jedes Band der Ehe aufgehoben, alles göttliche und menschliche Recht vernichtet werde«. Einst zwar, im Jahr 385, hatte die erste Hinrichtung von Christen durch Christen in Trier (I 435 ff) die Christenheit noch empört, war das Echo auf das Todesurteil angeblich sogar »bei den bedeutendsten Bischöfen ... eindeutig negativ« (Katholik Baus). Der ach so humane, moderate Leo aber, der scheinheilige Rufer nach Barmherzigkeit, Beseitigung jeder Rache, Drohung, jedes Hasses, der so beredte Prediger der Verzeihung, der »
alle
« Menschen umfassenden Frohen Botschaft, der Nächsten-, der Feindesliebe, der Mann, der lehrt, Jesus wolle sich nicht durch bewaffnete Hand verteidigt sehen, der ist jetzt glücklich über die Trierer Schandtat, der rechtfertigt leidenschaftlich die Liquidierung Priscillians, seiner Gefährten. »Mit Recht (Merito) haben unsere Väter, zu deren Zeiten diese gottlose Häresie ausbrach, auf dem ganzen Erdenkreis alles aufgeboten, diesen gottlosen Wahnsinn aus der ganzen Kirche zu beseitigen; auch die weltlichen Fürsten verabscheuten diesen frevlerischen Unsinn so sehr, daß sie den Urheber derselben und sehr viele [!] (plerisque) Schüler mit dem Schwerte der öffentlichen Gesetze niederwarfen«. Leo »der Große« vermag dabei die Opportunität solcher »Ketzer«ermordung auch noch fast zynisch zu betonen: »Diese Strenge war lange Zeit der kirchlichen Milde von Nutzen, die, wenngleich mit dem bischöflichen Gericht zufrieden, blutige Strafen meidet, trotzdem durch die strengen Gesetze der christlichen Fürsten unterstützt wird, da diejenigen häufig zum geistlichen Heilmittel ihre Zuflucht nehmen, welche die körperlichen Strafen fürchten«. Leo berief eine Kirchenversammlung in Galicien gegen die Priscillianisten, ohne sie freilich völlig ausrotten zu können. – Noch ein Jahrhundert später, 565, schleudert die Synode von Braga (Hauptstadt der Sueven im 5./6. Jahrhundert) infolge des leonischen Vorstoßes nicht weniger als siebzehn Anathematismen wider die in Spanien offenbar immer noch zahlreichen Priscillianisten und treibt die Bischöfe zu intensiverer Bestreitung der »Ketzerei«. 59

6. Kapitel

Der Krieg in den Kirchen und um die Kirchen bis zu Kaiser Justin
(518)
    »Der Monophysitismus wurde zur Nationalreligion des christlichen Ägyptens und Abessiniens und herrschte im 6. Jahrhundert auch in Westsyrien und Armenien vor; der Nestorianismus mit seinem Zweifel an der Gottesmutter eroberte sich Mesopotamien und Ostsyrien. Dies hatte aber eine wichtige politische Folge: halb Ägypten und der Nahe Osten begrüßten die Araber im 7. Jahrhundert als Befreier vom religiösen, politischen und finanziellen Joch der byzantinischen Hauptstadt«.
    K. Bosl 1

    »... die schärfste Verurteilung des Bekenntnisses von Chalzedon als eines den orientalischen Kirchen aufgezwungenen Dekrets liegt in der Geschichte der nächsten zweihundert Jahre, in dem Zeitraum von 451 bis etwa 650, von Chalzedon bis zum Einbruch des Islams: furchtbarste Aufstände des Volkes und der Mönche, namentlich in Ägypten, in Palästina und Teilen Syriens gegen das Chalzedonense eröffnen diese Periode, und am Ende dieser zweihundert Jahre stehen die festorganisierten monophysitischen Nationalkirchen in Armenien, Syrien, Ägypten und Abessinien, die von bitterstem Haß gegen die griechische Reichskirche in Byzanz
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