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Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition)
Autoren: Jack Kerley
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in einen Hut, und meine Tochter zieht den Gewinner, der dann umsonst in einer unserer Blockhütten wohnen darf. Diesmal hat sie Ihr Kärtchen gezogen. Hoffentlich haben Sie Zeit, Ihren Gewinn einzulösen.«
    Die Pathologin Clair Peltier, mit der ich eine Weile zusammen gewesen war, glaubte an Synchronizität. Sie vertrat die These, die reale Welt basiere auf einem logischen Fundament, das man sich als eine im Fluss befindliche, spirituelle Form der Mathematik mit humoristischem Anstrich vorstellen musste. Dieser Theorie zufolge handelte es sich nicht um eine glückliche Fügung, dass ich diesen Anruf erhielt, während ich über ein potentielles Urlaubsziel nachdachte, sondern um Synchronizität oder – salopper ausgedrückt – um einen Punkt auf der To-do-Liste des Universums.
    Ich hingegen fand das einfach nur schräg, doch das Angebot war mir in den Schoß gefallen und zudem noch gratis.
    »Ist nächste Woche zufällig eine Blockhütte frei?«, erkundigte ich mich.
    Ich hörte ein leises Rascheln, während Dottie Fugate die Kalenderblätter umschlug.
    »Viel Auswahl haben wir nicht mehr, immerhin herrscht momentan Hochsaison, aber kommenden Samstag wird tatsächlich etwas frei. Um ehrlich zu sein, liegt die Hütte allerdings ziemlich abgeschieden in einer Talsenke am Ende von unserem Gelände.«
    »Ich nehme sie.«
    Ich schaltete den Motor ein, fuhr aus dem Tal, kam an Kiefern, Hemlocktannen, Ahornbäumen und nackten Felswänden vorbei, auf denen keine Pflanze eine Chance hatte, Wurzeln zu schlagen. In dieser Gegend gab es schwarzbraune Felsen, so groß wie Einfamilienhäuser, die vor Äonen von den Bergkämmen gekullert waren und nun wie zu Stein erstarrte Wächter zwischen den Bäumen aufragten. Bei ihrem Anblick erinnerte ich mich daran, wie ich mir damals, als wir hier gewohnt hatten, eingebildet hatte, die Felsen würden nachts leise miteinander sprechen.
    Mit knurrendem Magen fuhr ich zur Blockhütte zurück. Die mit dem Frühstück eingenommen Kalorien waren beim Klettern schnell verbrannt. Schlaglöcher übersäten die asphaltierte, unbefestigte Straße, dennoch war sie die wichtigste Verkehrsachse im County. Links und rechts der Fahrbahn blühten Wald- und Wiesenblumen. Ich fuhr um einen Felsen herum und bog auf einen schmalen Weg, der nur aus Kies und festgefahrener Erde bestand. Die Stoßfänger meines Pick-ups ächzten lautstark.
    Ein Stück weiter vorn schien sich der Weg einfach im Nichts zu verlieren. In Wahrheit schlängelte er sich zwischen zwei Bergen hinab in eine enge Schlucht, von den Einheimischen Drunten genannt. Vorsichtig rollte ich in die Senke, wo die Fahrbahn wieder plan war. Hundert Meter weiter teilte sich der Weg. Linker Hand befand sich die einzige andere Unterkunft weit und breit, ein stattliches, von Bäumen umstandenes Blockhaus.
    Die rechte Abzweigung führte mich tiefer in die Schlucht, wo nach einer halben Meile meine mit Holzbrettern verkleidete Hütte mit dunkelgrünem Metalldach auftauchte.
    Ich trat auf die Veranda, und als ich den Schlüssel aus meiner Tasche fischte, fiel mir zum ersten Mal auf, dass an der Schlüsselkette ein Namensschild hing. Dass Ferienhütten Namen wie Rocky Ridge, Timbertop oder Braeside hatten, war nicht ungewöhnlich. Und meine hieß entsprechend ihrer Abgeschiedenheit Road’s End.
    Höllischer Lärm drang nach draußen, und hinter dem Fenster nahm ich eine hektische Bewegung wahr. Mit einem Stoßseufzer öffnete ich die Tür.
    Wie ein Tornado kam mein Hund auf mich zu gestürmt.
    »Jesus, autsch, verdammt … krieg dich wieder ein, Mix-up.«
    Da ich meinen Hund in allerletzter Minute vor der Todesspritze gerettet hatte, hätte man meinen können, mit seinem triefäugigen Blick und seinem Sabbern verleihe er der Freude über die Rückkehr seines Retters Ausdruck, doch weit gefehlt. Dieser Bursche war von Natur aus ungestüm. Andauernd drehte er sich im Kreis, stieß mit mir zusammen und rollte auf dem Rücken herum. Dieser Hund freute sich einfach über alles.
    Mix-up zwängte sich zwischen meine Beine, und ich beugte mich zu ihm herab. Kaum war ich mit dem Kopf auf seiner Höhe, begann er mein Gesicht abzulecken, als falle er über ein Stück Rindfleisch her.
    »Lass das, verdammt noch mal. Mix-up. Platz! PLATZ !«
    Und dann passierte etwas, womit ich in hundert Jahren nicht gerechnet hätte.
    Er gehorchte.
    Obwohl es ihn große Überwindung kostete und er am ganzen Leib vor Ungeduld bebte, tat er, was ich von ihm verlangte. Wie gebannt
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