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Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman

Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman

Titel: Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman
Autoren: Verlag Klaus Wagenbach
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fordern die Ausweisung von straffällig gewordenen Immigranten, weil immerhin die Hälfte unserer Gefängnisinsassen ausländischer Herkunft ist. Wir sitzen da wirklich zwischen allen Stühlen: Die rechtsgerichtete Presse kritisiert uns, weil wir uns gegenüber den Einwanderern nicht unflexibel zeigen; gleichzeitig beschuldigt uns die linke Presse, brutal zu sein. Es ist nicht so leicht, eingewanderte Kriminelle auszuweisen, weil wir oftmals weder ihre wahren Herkunftsländer noch ihre echten Namen kennen. Ein eingewanderter Verbrecher wechselt immer mal wieder seinen Namen und fälscht seine Identität.
    Ich finde, dass man Kinothriller und Krimiserien im Fernsehen verbieten sollte, weil sie zum Anschauungsunterricht für Kriminelle geworden sind. Da werden unzählige Rezepte dafür geliefert, wie man seinen Ehemann oder Geliebten oder den Chef umbringt und die Leiche dann loswird, wie man die Ermittler hinters Licht führt und den Fallen in einer polizeilichen Vernehmung geschickt entgeht. Ich muss leider zugeben, dass unsere Arbeit hart und ermüdend geworden ist, weil die Geheimnisse unseres Handwerks mittlerweile für alle offen zutage liegen. Da ist der Misserfolg doch vorprogrammiert. Verflucht sei das Fernsehen! Vor ein paar Tagen kam dieser blonde Holländer zu mir ins Kommissariat. Ich empfing ihn, weil ich dachte, er habe irgendwelche wichtigen Informationen bezüglich des Fahrstuhlmordes. Stattdessen machte er mich fassungslos, als er sagte: »Commissario, es ist mir eine Freude, Ihnen anzutragen, in meinem neuen Film mitzuspielen.« Ich schoss hoch und musste alle meine Kräfte aufbieten, um meine Nerven halbwegs im Zaum zu halten. Ich schrie: »Verschwinde! Verschwinde! Verschwinde!« Wenn ich ihn in dem Moment zu fassen gekriegt hätte, dann hätte ich ihn erwürgt.
    Es gibt eine Verbindung zwischen dem Mord, dem plötzlichen Verschwinden von Amedeo und dem Auffinden der Leiche des jungen Kerls im Aufzug. Wir haben unsere Ermittlungen in dem Moment aufgenommen, als wir feststellten, dass der Angeklagte verschwunden, oder besser gesagt: geflüchtet ist. Die Frage, die wir uns stellten, war diese: Wenn Amedeo so unschuldig ist, wie es alle seine Nachbarn glauben, warum meldet er sich dann nicht und überzeugt uns davon? Die von uns zusammengetragenen Indizien und Zeugenaussagen nährten unsere Zweifel zusätzlich und legten es nahe, uns auf ihn als Täter zu konzentrieren. Kurz darauf fanden wir heraus, dass er ein Einwanderer ist und in Wirklichkeit Ahmed Salmi heißt. Wie schon gesagt, Gauner und Kriminelle fälschen nun mal gern ihre persönlichen Daten. So sahen wir uns als Ermittler vor dieser zweifachen Aufgabe: Beweise dafür zu sammeln, dass Amedeo ein Einwanderer ist und dass er in den Mordfall verwickelt ist.
    Sein Name hat uns lange beschäftigt; den Namen Amedeo fanden wir nämlich in keinem der offiziellen Dokumente wie Pass, Heiratsurkunde, Aufenthaltsgenehmigung etc. Den Bürgern ist es aber von Gesetzes wegen nicht verboten, ihren Namen zu ändern, solange sie ihre offiziellen Dokumente unangetastet lassen. Ahmed Salmi, genannt Amedeo, hat keinerlei Urkundenfälschung begangen. Warum aber ist er verschwunden? Handelt es sich hier ganz simpel um einen Zufall oder entzieht sich da jemand seiner Strafe? Es gibt Augenzeugen, die ihn am Tag vor dem Mord mit dem Opfer streiten sahen. Aber niemand weiß, worum es ging. Man hörte, wie er das Opfer anschrie: »Wenn du das nochmal machst, dann dreh ich dir den Hals um!« Für mich ist der Fall abgeschlossen. Amedeo ist der Mörder und das macht ihn zu einem Gesuchten, WANTED. Ich hoffe in seinem Interesse, dass er sich baldmöglichst stellt.
    Die Wahrheit: deren zweite Seite
    Nein, der Fall ist noch nicht abgeschlossen und Ahmed Salmi, genannt Amedeo, ist nicht der Mörder von Lorenzo Manfredini, dem Gladiatore. Nachdem das Interview, das ich gegeben hatte, samt Fotos von mir und Amedeo in einer Zeitung gedruckt worden war, setzte sich Frau Dr. Simonetti vom San-Camillo-Krankenhaus mit mir in Verbindung und bat mich, sofort ins Krankenhaus zu kommen. Ich fuhr umgehend dorthin, und sie brachte mich auf die Intensivstation, wo ich Amedeo in einem Bett liegen sah. Die Ärztin berichtete, dass der Patient am Morgen des 21. März, dem Tag der Ermordung von Lorenzo Manfredini, einen Unfall hatte, als er eine Straße in der Nähe des Kolosseums überquerte. Er wurde als Notfall ins Krankenhaus gebracht. Ahmed Salmi ist noch immer bewusstlos. Er leidet an
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