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Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition)
Autoren: Otfried Preußler
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schaffen, wenn zwei sich zusammentun. Wollen wir beiden es miteinander versuchen, das nächste Mal?«
     
    Krabat erwachte vom Lärm der Mühlknappen, als sie die Treppe heraufkamen und zu Bett gingen. Deutlich spürte er noch den Wurstgeschmack auf den Lippen: er konnte nicht lange geschlafen haben, auch wenn es zwei Tage und Nächte waren, die er im Traum durchlebt hatte.
    Anderntags in der Frühe ergab es sich, dass er für einige Augenblicke mit Juro allein war.
    »Ich habe von dir geträumt«, sagte Krabat. »Du hast mir im Traum etwas vorgeschlagen.«
    »Ich?«, meinte Juro. »Dann wird es ein schöner Blödsinn gewesen sein, Krabat. Am besten, du spuckst darauf!«

 
    Die Mühle im Koselbruch hatte sieben Mahlgänge. Sechs wurden ständig benützt, der siebente nie; deshalb nannten sie ihn den Toten Gang. Er befand sich im hinteren Teil der Mahlstube.
    Anfangs war Krabat der Meinung gewesen, es müsse da wohl ein Zapfen im Kammrad gebrochen, die Antriebswelle verkeilt oder sonst was am Laufwerk schadhaft sein – da entdeckte er eines Morgens beim Ausfegen, dass auf den Bodenbrettern unter dem Auslauf des Toten Ganges ein wenig Mehl lag. Bei näherem Hinsehen fanden sich auch im Mahlkasten Spuren von frischem Mehl, als habe man ihn nach der Arbeit nicht gründlich genug von außen abgeklopft.
    War vergangene Nacht auf dem Toten Mahlgang gemahlen worden? Dann musste es heimlich geschehen sein, während alles schlief. Oder hatten nicht alle geschlafen in dieser Nacht, tief und fest wie der Junge selbst?
    Ihm fiel ein, dass die Mühlknappen heute mit grauen Gesichtern zum Frühstück erschienen waren, hohl um die Augen und mancher verstohlen gähnend; jetzt kam ihm das reichlich verdächtig vor.
    Neugierig stieg er die hölzernen Staffeln zur Bühne hinauf, von der aus das Mahlgut sackweise in die trichterförmige Schütte gekippt wird, aus der es dann über den Rüttelschuh zwischen die Steine läuft. Beim Einkippen lässt es sich nie vermeiden, dass Körner danebenfallen – nur lag kein Getreide unter der Schütte, wie Krabat erwartet hatte. Was da verstreut auf der Bühne umherlag und auf den ersten Blick aussah wie Kieselsteine: Beim zweiten zeigte sich’s, dass es Zähne waren – Zähne und Knochensplitter.
    Entsetzen packte den Jungen, er wollte schreien und brachte doch keinen Laut aus der Kehle.
    Plötzlich stand Tonda hinter ihm. Krabat musste ihn überhört haben. Nun ergriff er die Hand des Jungen. »Was suchst du da oben, Krabat? Komm runter, bevor dich der Meister erwischt – und vergiss, was du hier gesehen hast. Hörst du mich, Krabat – vergiss es!«
    Dann führte er ihn die Staffeln hinab; und kaum dass der Junge die Dielen der Mahlstube unter den Füßen spürte, war alles, was er an diesem Morgen erlebt hatte, in ihm ausgelöscht.
     
    In der zweiten Hälfte des Monats Februar setzte starker Frost ein.
    Sie mussten nun jeden Morgen das Eis vor der Schleuse aufhacken. Über Nacht, wenn das Mühlrad stillstand, gefror in den Schaufelkehlen das Wasser zu dicken Krusten: auch sie galt es loszuschlagen, bevor sie das Mahlwerk anließen.
    Am gefährlichsten war das Grundeis, das im Gerinne emporwuchs. Um zu verhindern, dass es das Mühlrad lahmlegte, mussten von Zeit zu Zeit zwei Gesellen hinabsteigen und es lospickeln – eine Arbeit, um die sich keiner besonders riss. Tonda achtete streng darauf, dass sich niemand drückte. Als aber die Reihe an Krabat kam, stieg er selbst ins Gerinne hinab – weil das nichts für den Jungen sei, wie er sagte, der könnte dabei zu Schaden kommen.
    Die anderen waren einverstanden, bloß Kito maulte wie immer und Lyschko erklärte: »Zu Schaden kommen kann jeder, wenn er nicht aufpasst.«
    Ob es nun Zufall war oder nicht: Eben jetzt kam der dumme Juro vorbei, einen Eimer voll Schweinefutter in jeder Hand; als er auf Lyschkos Höhe war, strauchelte er und beschwappte ihn über und über mit Schweinefraß, Lyschko fluchte und Juro beteuerte händeringend, er könnte sich ohrfeigen für sein Missgeschick.
    »Wenn ich mir vorstelle«, sagte er, »wie du stinken wirst in den nächsten Tagen – und ich bin schuld daran  … Oj-jojojoj, Lyschko, oj-jojojoj! Sei mir nicht böse, ich bitte dich vielmals, es tut mir ja auch für die armen Schweinchen leid!«
    Krabat fuhr jetzt mit Tonda und anderen Burschen häufig zum Holzfällen in den Wald hinaus. Wenn sie dick eingemummt auf dem Schlitten saßen, die Morgengrütze im Bauch und die Pelzmütze tief
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