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Kolumbus kam als Letzter

Kolumbus kam als Letzter

Titel: Kolumbus kam als Letzter
Autoren: Hans-Joachim Zillmer
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stammende typisch steinzeitliche oder bronze-
    zeitliche Artefakte wurden in der Neuen Welt entdeckt, oft sogar
    durch offizielle Stellen wie die Smithsonian Institution. Früher glaubte man, dass es eine alte, unbekannte Kultur gegeben haben
    müsse, die für jene Hinterlassenschaften verantwortlich wäre. Diese
    Kultur hätte aber von anderen Kontinenten stammen müssen. Da
    Kolumbus Amerika auf jeden Fall als Erster entdeckt haben soll
    (muss), wandte man sich zwangsläufig der nur noch als Lösung
    infrage kommenden Theorie zu, dass alle megalithisch und keltisch
    anmutenden Hinterlassenschaften unisono urindianischen Ur-
    sprungs seien.
    Bei meinen Recherchen in Amerika bekam ich das Buch »Fantastic
    Archaeology« in die Hand, geschrieben von dem bekannten Pro-
    fessor für Archäologie und Ethnologie am Peabody Museum der Harvard University, Stephen Williams. Auf 407 Seiten versucht er mit unzulänglichen Argumenten, seinen Kollegen von der Harvard
    University, Barry Fell, und andere Autoren zu diskreditieren.
    Das angeblich schlagende Argument von Stephen Williams ist,
    dass sich vergleichbare Kulturstufen der Alten und Neuen Welt zu
    zwei ganz verschiedenen Zeithorizonten entwickelt haben und sich deshalb – für ihn und andere – selbstverständlich und ohne Zweifel
    keine transatlantischen oder auch transpazifischen Kontakte ereig-
    net haben können. Punktum! Tatsächlich klafft beispielsweise die
    Zeit der (Grab-)Hügel bauenden Kelten in Europa und der wesent-
    lich jüngeren Hügel (Mounds) bauenden Adena- und Hopewell-
    Kulturen im Ohio-Gebiet weit auseinander (obwohl auch die Wi-
    kinger Grabhügel bauten).
    Da alle Beweise, Funde und Vergleichsstudien für immer, auch für
    zukünftige Funde, von den Archäologen ausgehebelt werden, mit
    dem einfachen und bequemen Argument der in verschiedenen Zeit-
    epochen lebenden vergleichbaren Kulturen der Alten und Neuen
    Welt, möchte ich einen neuen Weg gehen. Anstatt weitere unzäh-
    lige in Amerika gefundene alteuropäische Artefakte und Texte vor-
    zustellen, wird in diesem Buch zuerst die kulturelle Entwicklung in

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    Europa hinsichtlich Fehlinterpretationen kritisch untersucht, um das Ergebnis dann mit dem Zeitstrang der amerikanischen Kulturen und
    den kontroversen Funden zu vergleichen. Ist die Kulturgeschichte
    wirklich stetig so harmonisch verlaufen, wie uns die Historiker
    erzählen? Gab es eventuell seit der Sintflut (= Ende der Eiszeit
    nach offizieller Ansicht) große Naturkatastrophen, die das
    anscheinend gleichförmig abgespulte Zeitband durchtrennten, das
    dann aus den bloßen Erinnerungen der nachfolgenden Kulturen
    heraus falsch zusammengefügt wurde, eventuell auch mutwillig zur
    Erreichung bestimmter Ziele? Mit anderen Worten: Ist die
    schulwissenschaftlich vertretene Kulturgeschichte der Alten Welt
    in Europa zu lang?
    Der Wille, in unsere Vergangenheit vorzudringen, setzt die Bereit-
    schaft voraus, Geschehnisse und Erkenntnisse, ja auch Wertvorstel-
    lungen zu abstrahieren und auf diese Weise griffig zu machen. Je
    verhärteter und monumentaler diese Wertvorstellungen sind, desto
    schwerer erscheint es, über den geistigen Rand unserer wie durch
    einen gleißenden Lichtspot scharf abgegrenzten Wissensebene zu
    springen. Deshalb fällt es nicht nur ethnologischen und archäo-
    logischen Forschern leicht, aus diesem als höherem Gut oder
    Mehrwert empfundenen geistigen, kulturellen und zivilisatorischen
    (scheinbaren) Übergewicht heraus frühere Kulturen möglichst als
    fremde Zivilisationen zu behandeln. Denn der Abstand verleiht abstrakte Dimensionen, in deren Grenzen man isoliert betrachtete und
    künstlich entfaltete Konstrukte aufbauen kann. Dass auch – oder
    gerade – durch bloße Berührung dieser Kulturen mit unserer
    Zivilisation ganze Völker ausgerottet wurden, durch Völkermord,
    durch Versklavung oder auch im Namen der Religion oder einer
    Ideologie, wird noch zu diskutieren sein. Wir sollten über unseren
    eigenen Schatten springen, bis wir im gleißenden Licht von mehre-
    ren, die Geschichte von allen Seiten ausleuchtenden Scheinwerfern
    keine Schatten mehr sehen.
    Die folgenden Ausführungen sollen nicht dazu dienen, neue Dog-
    men oder Wahrheiten fest zu installieren. Ganz im Gegenteil, der Leser ist aufgefordert, selbst eigene Schlüsse zu ziehen und über
    Querverbindungen nachzudenken. Der in diesem Buch vorgetra-

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    gene, breit fundamentierte Ansatz zur Revision unserer Geschichte
    kann nur ein erster
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