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Königsfreunde (German Edition)

Königsfreunde (German Edition)

Titel: Königsfreunde (German Edition)
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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Er klopfte ihm leicht auf die Wange. Eine Geste, die er noch vor Stunden niemals ungestraft hätte ausführen können. Niemand durfte den Prinzen berühren. Aber jetzt war alles anders.
    »Was ...«, flüsterte der Junge. »Was macht Ihr ...« Ihm fielen die Augen wieder zu und Marquard träufelte kühles Wasser auf seine Stirn. Sein Gefangener machte eine unwirsche Geste und versuchte, das Wasser abzuwischen. Die Fessel stoppte ihn mitten in der Bewegung und langsam drang die Erkenntnis zu ihm durch, dass etwas nicht stimmte.
    »Wo habt Ihr mich hingebracht?«, flüsterte er und blinzelte. Anscheinend kam die Erinnerung zurück. Er drehte den Kopf, um etwas von seiner Umgebung zu erkennen.
    »Fort«, sagte Marquard.
    »Ich weiß, was Ihr vorhabt«, sagte der Junge leise. »Ihr liefert mich unseren Feinden aus. Was zahlen sie dafür?«
    »Ihr irrt Euch«, sagte Marquard. »Ich rette gerade Euer Leben. Kommt, trinkt etwas Wasser.« Er schob seine Hand unter den Nacken des Königs und hob ihn leicht an. Er flößte ihm Wasser ein und sah die Schluckbewegungen an seinem Hals. Marquard war froh, dass er diese Kehle vor Stunden nicht durchgeschnitten hatte.
    »Ihr habt gesagt, Ihr wollt mich töten.« Seine Stimme klang noch rau vom langen Schlaf, aber seine Gedanken hatte der König halbwegs wieder im Griff.
    »Das ist richtig. Aber ich habe mich entschieden, Euch noch eine andere Möglichkeit anzubieten. Es ist Eure Entscheidung. Andernfalls muss ich Euch leider töten.«
    »Ich bin der König. Wenn Ihr mich tötet, dann sterbt Ihr auch.«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich handele im Auftrag. Sie planen Euer Ableben schon länger.«
    »Wer?«
    »Personen, die Interesse an Eurem Thron haben. Wer sonst?«
    »Und Ihr seid daran beteiligt?« Braune Augen sahen zu ihm auf, und Marquard fühlte sich auf einmal unwohl.
    »Sie haben mich überzeugt.«
    »Wie viel zahlen sie Euch?«
    »Sehr viel, mein König. Und mir blieb keine Wahl.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil sie es sowieso getan hätten. Ihr seid noch jung und leicht zu beseitigen. Es wäre früher oder später geschehen. Auf irgendeine Weise.«
    »Und so habt Ihr wenigstens noch Vorteile für Euch herausgeschlagen. Das ist unehrenhaft«, sagte der Junge.
    »Da mögt Ihr recht haben«, sagte Marquard.
    »Natürlich habe ich recht. Ich bin Euer König. Auch dann noch, wenn Ihr mich tötet. Und Ihr seid ein Verräter.« Er versuchte sich aufzurichten und zog an seinen Fesseln. »Bindet mich los, Marquard. Ich befehle es Euch!«
    »Nein, mein König. Es müsste Euch klar sein, dass ich das nicht tue. Ihr solltet Euch niederlegen und ausruhen. Wir brechen früh auf.«
    »Wohin? Was habt Ihr vor? Ich verlange eine Antwort!« Wieder riss der Junge an den Lederriemen und Marquard stellte zufrieden fest, dass seine Fesseln ihren Zweck erfüllten.
    »Schont Eure Kräfte. Das ist mein Rat«, sagte Marquard und ging zu dem Wagen. Er würde die Taube jetzt freilassen. Sein Plan stand fest. Nur heute Nacht war der König nicht zugänglich für Argumente. Er musste sich erst mit seiner Lage anfreunden, bevor Marquard ihm seine Idee vermitteln konnte.
     
     

 
     
    Marquard war in aller Frühe aufgebrochen. Er hatte nur kurze Zeit geruht und dabei stets den Jungen im Auge behalten, der erst Stunden später wieder der Erschöpfung erlegen und in Schlaf gefallen war. Es war ein schweres Stück Arbeit gewesen, den Jungen auf den Wagen zu schaffen und dort festzubinden. Natürlich hatte er sich gewehrt und Marquard hatte ihm schließlich gedroht, dass er ihn neben der Kutsche herlaufen lassen würde. Diese Drohung schien erstaunlicherweise Eindruck auf den König zu machen, denn er gab nach. Marquard vermutete, dass sein Stolz ihn davon abhielt, weiter Ärger zu machen. Es wäre auch zu demütigend, wie ein Sklave dem Wagen zu Fuß folgen zu müssen.
    Jetzt saß er mit verbundenen Augen hinter Marquard auf einem Deckenstapel. Da er nichts sehen konnte, wusste er nicht, ob Marquard ihn gerade im Blick hatte. Heimliche Befreiungsversuche waren somit ausgeschlossen. Anfangs hatte er noch an den Riemen gezerrt, die seine Handgelenke an den Wagen fesselten, aber als Marquard die Möglichkeit erwähnte, ihn doch zu Fuß laufen zu lassen, hörte der Junge damit auf.
    Der Weg wurde besser und das Pferd trabte munter voran. Marquard dachte daran, dass sie auf dem Schloss jetzt bald das Fehlen ihres Monarchen bemerken würden. Spätestens wenn der Kammerdiener das Schlafgemach betrat. Die
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